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Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Sabine Weigand
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Wichtiger als Verliebtheit ist, dass man sich blind aufeinander verlassen kann, dass man einander Freund und Vertrauter ist, dass man zusammen durch dick und dünn geht. Und er ist schließlich ein anständiger Mann, fleißig und strebsam, klug und ehrgeizig, er wird immer für mich sorgen. Und nur, weil er so große Achtung vor mir hat, bringt er mich nicht in Schwierigkeiten.
    Ach Gott, wenn er’s doch nur täte!
    Sie schlang die Arme eng um ihren Oberkörper, zog die Knie an und lauschte auf die tiefen Atemzüge ihrer glücklichen kleinen Schwester. Endlich, als der Nachtwächter zum dritten Mal unter ihrem Fenster vorbeikam und heiser die Stunde ausrief, schlief auch Johanna ein.
    Tagebucheintrag des Hans Langhans, Bürgermeister von Zeil bei Bamberg, im Herbst 1626
»Anno 26 ist ein gar durrer Summer gewest, das dann ein großer Mangel am Futter bei den Viehe ist gewest, das man das Viehe sehr hinweg hat müssen thun. Unt das Getreit sehr erfroren wie es geblüet hat, der Wein aber erfroren, das der 10 Theil nicht blieben ist. Auch hat die rote und weisse Ruhr, und das 2 und 3 tegig Fieber gar sehr regiret. Hierauf ein großes Flehen und Bitten unter dem gemeinen Pöffel, warumb man so lang zusehe, das allbereit die Zauberer unt Unholden die Früchten sogar verderben. Item so hat die Obrigkeyt dies Ansinnen gehört und das ihrige gethan. Alßo hat man umb Michaeli angefangen Hexen oder Unholten einzufangen und ist Elisabetha Beütlin als des Hansen Bückel Hausfrau, die erst gewest … «

Bamberg, Mitte Oktober 1626
    Auf, ihr Leute, auf, es eilt!« Ein Bote, dem man an der edlen Kleidung ansah, dass er von der Domburg kam, hämmerte kurz vor Morgengrauen mit der Faust an die Tür des Doktorhauses. Cornelius streckte verschlafen den Kopf zum Fenster hinaus.
    »Was gibt’s in aller Herrgottsfrühe?«
    »Auf Geheiß des Fürstbischofs«, keuchte der Diener atemlos, »der Doktor Weinmann soll unverzüglich in den Geyerswörth kommen. Eine hochgestellte Persönlichkeit bedarf der ärztlichen Hilfe.«
    »Ich bin gleich da.«
    Cornelius zog sich hastig den dunklen Umhang samt Mütze an, die ihn als studierten Physikus auswiesen, und griff beim Hinausgehen nach seiner Instrumenten- und Arzneitasche. Dann hastete er neben dem Dienstmann durch die noch nachtfeuchten Gassen.
    »Wer ist denn krank?«, wollte er wissen.
    »Genaues hat man mir nicht gesagt«, antwortete der Mann, »aber es wird einer von denen ganz hoch droben sein. Vor Euch musste ich noch beim Doktor Eberlein am Unteren Kaulberg vorbeigehen.«
    Cornelius wunderte sich. Nachdem an der neuen Bischofsresidenz auf dem Domberg noch gearbeitet wurde, war die alte Adelsburg auf der Flussinsel Geyerswörth Sitz des Fürstbischofs. Und wenn dort jemand krank wurde, dann lag es eigentlich nahe, den bischöflichen Leibarzt zu konsultieren, der ebenfalls dort wohnte.
    Der Bote erriet seine Gedanken. »Der Leibarzt des Fürstbischofs ist nicht da, Eminenz hat ihn an seinen Vetter in Würzburg ausgeliehen. Eine Nachricht ist schon dorthin abgegangen, aber die Sache kann scheint’s nicht warten, bis der Doktor wieder zurück ist. Kommt hier herein.«
    Er führte den jungen Arzt durch das Portal zum Innenhof, über dem das reichverzierte fürstbischöfliche Wappen prangte. Drinnen waren die Arkaden der fünfflügeligen Anlage noch von den Nachtfackeln hell erleuchtet; ein Grüppchen Dienstmägde stand tuschelnd in einer Ecke beisammen. Cornelius betrat den Südflügel des Schlosses durch eine kleine Nebenpforte, folgte seinem Führer über Treppen und durch lange Gänge, durchquerte irgendwann den prächtigen Festsaal, bis sie endlich vor einer mächtigen Doppeltür innehielten. Bevor Cornelius anklopfen konnte, wurde einer der Flügel aufgerissen, und jemand zog ihn ins Zimmer.
    Sein Blick musste sich erst an das Halbdunkel gewöhnen, das im Raum herrschte. Man hatte die Fenster geschlossen und die dicken Vorhänge zugezogen, um nach alter Sitte die gefährliche Außenluft vom Krankenzimmer abzuhalten. Überall an den Wänden brannten Kerzen, eine Anzahl Kohlebecken verbreitete unangenehme Wärme, es roch nach Räucherwerk, Fieberschweiß und saurem Urin.

    Johann Georg Fuchs von Dornheim, Fürstbischof von Bamberg, lag halb aufrecht in seinem pompösen Himmelbett, mehrere dicke Federkissen im Rücken. Sein Atem ging stoßweise, er hatte eine Hand über die Augen gelegt und stöhnte leise. Cornelius sah, dass seine Füße nur bis knapp zur Hälfte der Bettstatt
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