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Die Seele der Elben

Titel: Die Seele der Elben
Autoren: Susanne Gerdom
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keine Erhörung. Weiche Schritte näherten sich ihr.
    Â»Groszbarrt, ich brauche heute Abend wieder eine Eskorte«, sagte der Prinz. Er streifte Vanandel, die sich gerade wünschte, im Boden verschwinden zu können, mit einem flüchtigen Blick.
    Â»Wie viele Männer und mit welcher Ausrüstung?«, fragte Groszbarrt heiser.
    Â»Eine kleine Eskorte, leichte Bewaffnung, genau wie beim letzten Mal … Vanandel !«
    Sie biss die Zähne zusammen. »Hallo, Wigand. Wir haben uns lange nicht gesehen, wie geht es dir?«, sagte sie tapfer.
    Der Kronprinz schnappte noch immer nach Luft. Sein braunes Haar ringelte sich wie gewöhnlich in wohlondulierten Locken auf dem dunkelblauen Samtkragen seines Rockes, er trug makellose cremefarbene Reithosen und eine bestickte Weste mit Spitzenjabot, und das Leder seiner Stiefel glänzte wie polierter Stein. Seine hechtlederbehandschuhte Linke ruhte auf dem geschnitzten Drachenbeinknauf eines silbernen Gehstocks, die Rechte mit dem auffälligen Saphirring spielte unruhig mit einem Monokel. Vanandel nahm die elegante Erscheinung mit einem unterdrückten Seufzer wahr. Ihr Bruder sah wieder aus wie der vollendete Lackaffe, während sie selbst einem heruntergekommenen Straßenjungen glich.
    Â»Vanandel, was treibst du hier? Noch dazu in dieser Aufmachung?« Der Ekel in seinem Blick war nicht gespielt. »Nein, Rudelführer, hiergeblieben!« Der Ausruf galt Groszbarrt, der sich diskret – oder feige? – zurückziehen wollte.
    Â»Ich habe mir ein wenig Bewegung verschafft«, sagte Vanandel. »Meine Gouvernante hat immer viel Wert darauf gelegt, dass ich mich regelmäßig an frischer Luft …«
    Der Griff, mit dem ihr Bruder ihren Arm packte, war alles andere als zärtlich. »Du kommst jetzt mit mir«, sagte er drohend. »Sei froh, dass der Markgraf dich nicht gesehen hat. Hör auf zu zappeln! Wo sind überhaupt deine Kleider?«
    Er warf Groszbarrt einen drohenden Blick zu. »Wir reden später, Rudelführer!«
    Vanandel ließ sich von ihm ins Haus zerren. Wenn sie ihn dazu bringen konnte, ihrem Vater nichts davon zu erzählen, hatte sie Glück im Unglück gehabt.
    Die Schritte des Kronprinzen hallten auf dem Steinboden des Flures, als er seine Schwester hinter sich herzerrend voranstürmte. Vanandel stemmte sich dagegen und sie wurden langsamer. »Wigand«, jammerte sie und biss sich fest auf die Zunge, damit ihr Tränen in die Augen stiegen. »Bitte, erzähle Vater nichts davon. Ich konnte doch nicht wissen, dass das falsch ist. Ich mache es auch nie wieder, ich verspreche es dir!«
    Er blieb abrupt stehen und starrte sie an. Seine akkurat gelegten Locken waren etwas in Unordnung geraten und seine Lippen waren weiß vor Zorn. »Du einfältiges Ding«, fauchte er. »Wenn das jemand gesehen hätte! Markgraf Wighers Tochter – meine Schwester – treibt sich in Lumpen auf dem Sandhof herum und prügelt sich mit einem Wächter!«
    Sie blinzelte, damit eine Träne dekorativ an ihrer Wange herunterrollte. Ihre Stimme klang wirklich jämmerlich, denn die Zunge tat von dem Biss teuflisch weh. »Bitte, Wigand, es ist doch nichts passiert. Niemand hat mich gesehen. Ich gehe ganz schnell in meine Gemächer und ziehe mich um, versprochen!«
    Â»Du bist wahrhaftig noch dümmer als deine Schwestern!« Ihr Bruder schob sie heftig vor sich her. »Es wird Zeit, dass der Markgraf dich verheiratet. Warum habt ihr Mädchen nur Stroh im Kopf, kann mir das jemand verraten?« Sein gequälter Aufschrei verriet Vanandel genug. Er würde ihre Eskapade für sich behalten. So wenig sie mit ihrem Bruder auch zu tun hatte, kannte sie ihn doch gut genug, um zu wissen, dass er es vorzog, seinen Vater nicht zu verärgern oder mit schlechten Nachrichten zu belästigen. Also jammerte und schniefte sie noch ein bisschen und ließ sich von Wigand zu ihren Gemächern eskortieren, wo er sie mit einer unwirschen Ermahnung in ihr Zimmer schob.

    Vanandel lehnte sich an die Tür und gestattete sich ein zittriges Lachen. Ihre Zofe kam herein, machte einen tiefen Knicks und riss Mund und Augen auf, als sie den Aufzug ihrer Herrin erblickte.
    Â»Hör auf zu glotzen, Wibke, und bring mir etwas zum Anziehen«, befahl Vanandel. »Das grüne Kleid. Ach ja, und sorg dafür, dass jemand meine Sachen aus der Zeugkammer im Sandhof holt.«
    Sie zurrte
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