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Die Schwingen des Todes

Die Schwingen des Todes

Titel: Die Schwingen des Todes
Autoren: Faye Kellerman
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Fischgrätmuster. Nach ein paar herzlichen Umarmungen und Küsschen für Hannah, die quengelig war, machte Decker eine Bemerkung über die elegante Erscheinung seines Halbbruders.
    »Ach, das ist nur deshalb, weil wir in einer Dreiviertelstunde eine Verabredung haben«, erwiderte Jonathan. »Du hast gesagt, ich soll mir einen guten Strafverteidiger besorgen, und das hab ich getan. Er ist übrigens auch ein frum Jude. Dieser frühe Termin war die einzige Möglichkeit, uns noch in seinen Terminkalender zu quetschen. Er ist zwar bekannt dafür, dass er für in Schwierigkeiten geratene Juden immer ein wenig Zeit hat, aber als ich mit ihm sprach, wurde mir klar, dass ihn auch der Fall selbst interessiert. Ich glaube, er ist gespannt darauf, dich kennen zu lernen.«
    Decker griff sich eine große schwarze Reisetasche vom Förderband und dankte dem Himmel für Gepäckstücke mit Rädern. »Ein Koffer fehlt noch. Warum ist er so interessiert daran, mich kennen zu lernen?«
    »Weil du ein Cop bist... auf der anderen Seite stehst, sozusagen.«
    »Da ist unser Koffer, Peter«, verkündete Rina.
    Decker nahm das zweite Gepäckstück und lud es wenige Minuten später zusammen mit den anderen Sachen in Jonathans verbeulten silberfarbenen 93 er Chrysler-Minivan. Rina bestand darauf, dass Peter vorn Platz nahm, dann machten sie sich auf den Weg zum Anwalt.
    Die Luft war bitterkalt - typisches Märzwetter, wie Jonathan erklärte. Dunkle Regenwolken hingen über der Stadt, schwer und grau wie schmutzige Wäsche. Die kahlen Äste der nackten Bäume zitterten wie Spinnweben im eisigen Wind. Noch floss der Verkehr auf dem Highway ohne Probleme. In Deckers Augen sah die Umgebung erbärmlich und heruntergekommen a us - eine Mischung aus alten Fabrikgebäuden, kleinen Geschäften und schmucklosen Backstein-Mietskasernen. Die seitlichen Betonwände der Fahrbahn waren übersät mit Graffiti.
    »Wo sind wir hier?«, fragte er.
    »In Queens«, erwiderte Rina. »Ist das schon Astoria?«
    »Nein, noch nicht.«
    »Macht nichts«, meinte Decker. »Sieht sowieso alles gleich aus. Erzähl mir was über deinen orthodoxen Anwalt.«
    »Er hat sich extra Zeit für uns genommen, Akiva. Zeit, die er gut anderweitig gebrauchen könnte, wenn man bedenkt, dass er Anna Broughder verteidigt.«
    Anna Broughder. Die Frau, der die Zeitungen den Spitznamen Lizzie Borden II. verpasst hatten. Sie stand im Verdacht, ihre Eltern mit einem Beil ermordet zu haben, aber sie behauptete, dass es das Werk einer Bande wahnsinniger Junkies gewesen sei. Ihr selbst war es irgendwie gelungen, durch das Badezimmerfenster zu entkommen, wobei sie nur ein paar Kratzer an den Unterarmen und eine klaffende Wunde an der Hand davongetragen hatte. Insgesamt stand ein ZweihundertMillionen-Dollar-Erbe auf dem Spiel.
    »Leon Hershfield«, sagte Decker.
    »Genau der. War der Fall auch in L.A. in den Zeitungen?«
    »Riesige Schlagzeilen.« Decker versuchte, die Müdigkeit aus seinem Hirn zu vertreiben. »Ich wusste gar nicht, dass Hershfield religiös ist.«
    »Er trägt zwar bei Gericht keine kippah, aber er bezeichnet sich selbst als modernen Orthodoxen.« Jonathan schlug leicht auf das Lenkrad. »Er hat sämtliche großen Tiere verteidigt und verfügt über einflussreiche Beziehungen.«
    Decker warf Rina einen Blick zu. »Einflussreiche Beziehungen, wie etwa zu Joseph Donatti.«
    »Unter anderem«, erwiderte Jonathan.
    »Aber Donatti war sein größter Triumph.« Der Mafioso war wegen dreifachen Mordes sowie etlichen Betrugsfällen und anderen kriminellen Handlungen angeklagt gewesen. Nachdem die dritte Jury zu keinem einheitlichen Urteil gelangt war, sah der Staat davon ab, den Fall weiter zu verfolgen: Ständig waren irgendwelche Beweisstücke abhanden gekommen. Der Name Donatti weckte immer Deckers Neugier, obwohl sich sein Interesse nicht ausschließlich auf den Senior beschränkte. »Wie lange liegt dieses Gerichtsverfahren schon zurück? Sechs Jahre?«
    »Ja, ungefähr.« Jonathan umklammerte das Lenkrad. »Hershfield hat ihn rausgehauen.«
    »Tatsächlich?«
    »Du hast gesagt, ich soll mir den besten Anwalt besorgen, Akiva.«
    »Richtig.« Decker hob eine Augenbraue. Beide schwiegen eine Weile.
    »Hat Hershfield dir irgendeinen Rat gegeben?«, fragte Decker schließlich.
    »Er möchte uns sprechen, bevor wir mit der Polizei reden. Mit uns meint er wahrscheinlich meinen Schwager.« »Werden wir ihn dort treffen?«
    »Chaim ist nicht in der Lage, auch nur mit irgendjemandem zu
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