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Die Schwesternschaft

Die Schwesternschaft

Titel: Die Schwesternschaft
Autoren: Roger R. Talbot
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um sich zu verteidigen.
    Â»Du hast recht und unrecht zugleich«, entgegnete Gavril.
    Kirill, der das Gespräch bis dahin aufrecht stehend und steif wie eine Statue mitverfolgt hatte, trat nun an die Reling und sah prüfend zum Horizont.
    Â»Krylov war ein Arschloch«, fuhr Gavril fort. »Sie haben ihn mit einem Bündel Rubelscheinen im Rachen gefunden.«
    Dima schwitzte derart heftig, dass er die Krawatte lösen musste.
    Â»Zeig sie ihm, Kirill«, befahl Gavril dem Sibirier.
    Der Mann zog einen braunen Umschlag aus der Jackeninnentasche und warf ihn Dima zu, der ihn ungeschickt auffing.
    Er öffnete ihn und zog einige Fotografien heraus. Etwa ein Dutzend Bilder. Durch den Schweiß glitten sie ihm beinahe aus der Hand. Eilig begann er, sie durchzusehen. Sie zeigten seine Frau Sofija und seine drei Töchter, gefesselt und geknebelt an einem unbekannten Ort. Seine Augen füllten sich mit Tränen.
    Â»Mach dir keine Sorgen«, beruhigte ihn Gavril. »Die Fotos sind nur inszeniert. Momentan geht es ihnen gut, und sie befinden sich außerhalb von Moskau in Sicherheit.«
    Â»Ich … ich wollte nicht«, jammerte Dima. Ein Tropfen Spucke fiel auf das Gesicht der jüngsten Tochter. Sie weinte, die arme Kleine. Ein vermummter Mann hielt sie an den Haaren und hatte die Klinge eines langen Küchenmessers an ihren zarten weißen Hals gelegt. Dima hatte einen Fehler begangen. Er war zu gierig gewesen, und nun musste seine Familie dafür büßen. Dann kam das letzte Bild: der nackte Leichnam von Nicolas Dobycin, erhängt in einem Zimmer mit Meerblick. Die Zunge hing grauenhaft zu einer Seite hinaus.
    Â»Du hast zwei Möglichkeiten«, verkündete Gavril ernst. »Die nicht verhandelbar sind.«
    Dima warf ihm einen tränenverschleierten Blick zu und drückte die Fotos an sich. Er hatte keine Kraft zu sprechen. Er bemerkte kaum, dass sein Glas von der Armlehne fiel, zerbrach und der Inhalt sich über die Decksplanken ergoss.
    Â»Die erste«, fuhr Gavril fort, »besteht darin, dass ich deinen Vorschlag annehme. Du schließt das Geschäft ab und verschwindest von diesem Kontinent. Du kannst an allen möglichen Orten der Welt leben, außer an diesem, versteht sich. Ich empfehle dir Australien …«
    Â»Und meine …«
    Kaum hatte Dima zu seiner Frage angesetzt, fiel Gavril ihm ins Wort: »Unterbrich mich nicht!«, befahl er.
    Dima presste die Fotos an seine Brust.
    Â»Ich empfehle dir wie gesagt Australien. Aber deine Frau und deine Töchter werden sterben.«
    Dima riss die Augen auf.
    Â»Zweite Möglichkeit«, begann Gavril erneut. »Bei der die Dinge besser für sie laufen. Dafür musst du sterben, weshalb ich das Geschäft auch ohne deine professionelle Vermittlung zum Abschluss bringen werde.«
    In Dimas Kopf drehte sich alles, überschlug sich beinahe. Sein Blick war getrübt, er hörte nicht mehr richtig. Er hatte Gavrils letzte Worte kaum verstanden, sie gingen in dem dumpfen Brummen eines von Achtern sich nähernden Außenbordmotors unter.
    Â»Soll ich es hier tun?«, brachte er endlich mit belegter Stimme hervor.
    Gavril musterte ihn einen Augenblick, dann stand er auf und trat auf ihn zu.
    Â»Steh auf«, sagte er und reichte ihm die Hand. »Ich mag dich nicht so sehen.«
    Dima nahm die Hilfe an und erhob sich mit gesenktem Kopf von seinem Sessel. Er weinte noch immer.
    Gavril fasste ihn an den Schultern und zwang ihn, ihm ins Gesicht zu schauen. Auf die kurze Entfernung konnte Dima seinen Atem riechen. Er duftete nach Zitrusfrüchten und Gewürzen.
    Â»Du hast einen Fehler begangen, Dima. Das darf keinem von uns passieren. Aber ich versichere dir, dass ich mich um deine Familie kümmern werde. Ich werde es ihr an nichts fehlen lassen. Sieh mich an, Dima!«
    Dima sah auf. Die Tränen waren versiegt.
    Â»Du warst ein wertvoller und treuer Mitarbeiter. Aber am Ende bist du gierig geworden. Das akzeptiere ich, allerdings nur, wenn die Gier mit Stärke und Klugheit einhergeht. Ohne sie bist du nichts. Ich bin gezwungen, es zu tun, Dima.«
    Gavril gab Kirill ein Zeichen, und der Sibirier warf ihm eine Pistole zu. Gavril fing sie auf, zog das Magazin heraus und überprüfte die Ladung. Ein einziger Schuss. »Unten liegt ein Boot bereit, das dich aufs offene Meer bringt. Ich rate dir zum Kopfschuss. Das ist angenehmer als Ertrinken.«
    Kirill hatte ein paar Tauchgürtel
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