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Die Schule der Spielleute

Die Schule der Spielleute

Titel: Die Schule der Spielleute
Autoren: bonn
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wird, kennt hierzulande noch kaum jemand. Selbst erfahrene Spielleute haben oft die wildesten Vorstellungen davon. Deshalb will ich euch lehren, was ich von Meister Vitry gelernt habe.Ť
    ťJa, den Spielmann, der nicht jedes Jahr eine neue Kunst darzubieten hat, will bald keiner mehr sehenŤ, lachte Gottfrid und holte blitzschnell ein Stück Zuckerwerk unter Lenes gelbem Schleier hervor. Lene warf ihm einen Blick zu, der wohl verführerisch sein sollte. Doch Gottfrid biss ungerührt selbst in das Küchlein.
    ťGrobian! Flegel!Ť, schimpfte Lene und schlug auf ihn ein.
    Elbelin schien gar nicht zu bemerken, was sich da neben ihm abspielte, und sprach weiter mit Meister Wolfram: ťWir waren bisher beim Erzbischof von Trier im Dienst. Er hält nicht allzu viel von dieser neuen Kunst.Ť
    ťDas geht wohl vielen Kirchenfürsten soŤ, unterbrach ihn Franz.
    ťDabei ist er gar kein großer Freund der KurieŤ, fuhr Elbelin fort. ťWar er nicht auch Bischof von Worms?Ť
    ťUnd von Speyer, und von Mainz sogar zweimalŤ, lachte Franz, ťnur hat er das alles wieder aufgegeben.Ť
    ťDas war vor unserer ZeitŤ, gab Elbelin zu. ťJetzt zieht es uns wieder nach Norden und Westen. Wir wollen beim Reichstag in Frankfurt dem Grafen Rainald von Geldern unsere Aufwartung machen.Ť
    ťJa, geht wieder zurück in die SümpfeŤ, spottete Lene. ťDa gehört ihr kalten Frösche hin.Ť
    Robert Piper dagegen schaute Elbelin sehr interessiert an. ťNimwegen, Utrecht – das dürfte ein guter Platz für die nächsten Jahre seinŤ, überlegte er laut. Im Gegensatz zu seiner Frau sprach er wie ein Kurpfälzer.
    ťGraf Rainald soll gute Spielleute in seinen Diensten habenŤ, ergänzte Marjorie.
    ťDann bekommt er jetzt noch bessereŤ, lachte Gottfrid und stimmte sehr schräg ein bekanntes Trinklied an. Elbelin fiel ebenso falsch ein.
    Meister Wolfram starrte die beiden finster an. Er hatte aufgehört zu essen, als die Rede auf den Grafen gekommen war. Der Löffel in seiner Hand zitterte. Offenbar hatte er in Geldern schon schlechte Erfahrungen gemacht.
     
    Kaum war das Essen abgetragen und der Saal zum Spielen hergerichtet, da trat Herr Heinrich von Alzey ein. Ein hochgewachsener, schlanker Mann mit dunklem Haar und einem Lächeln, das die trüben Lampen im Raum leicht überstrahlte. Ein Knappe trug ein Futteral aus festem Leder, das wohl eine Laute enthielt.
    ťGott segne euch, gute Leute!Ť, grüßte der Ritter.
    Meister Wolfram erwiderte seinen Gruß für alle.
    Herr Heinrich warf einen Blick in die Runde. ťWie ich sehe, haben sich fast alle vollzählig eingefunden. Sehr gut. Der Musicus aus Paris, der euch hier lehren sollte, hat sich nun doch anderen Zielen zugewandt. Aber Meister Wolfram ist in der neuen Kunst sicher ebenso beschlagen.Ť
    Der Meister neigte den Kopf.
    ťAlso brauchen wir nicht über die verschüttete Milch zu klagenŤ, fuhr der Ritter fort, ťsondern wollen fröhlich singen und spielen, bis der Morgen graut.Ť
    Alheit sah verwundert auf. Zumindest Robert und seine Familie waren an diesem Tag schon weit gewandert und wohl kaum zu einer längeren Feier aufgelegt.
    Herr Heinrich setzte sich jedoch frohgemut zwischen Lene und Gottfrid und ließ sich seine Laute reichen. Während er stimmte, brachte der Wirt einen zweiten, kleineren Krug Wein und ein Glas. Beides stellte er neben dem Ritter ab. Der schaute kurz auf. ťDanke, Burkhard.Ť
    Der Knappe schenkte ein und zog sich mit dem Krug zurück.
    Meister Wolfram hielt den Blick unverwandt auf die Hände des Ritters gerichtet – oder auf sein mit Elfenbein verziertes Instrument?
    Endlich begann dieser eine Melodie, einen Reigen, der im vergangenen Jahr und noch zur Fastnacht auf jedem Marktplatz entlang des Rheins erklungen war. Meister Wolfram spielte eine langsamere Begleitstimme dazu. Offenbar wagte sonst niemand sich anzuschließen, bis Tamas zu fideln begann. Danach fielen alle nacheinander ein, auch Alheit mit der Flöte. Lene tanzte zwischen Tisch und Bänken und versuchte, den Knappen zum Mitmachen zu bewegen.
    Als das Stück zu Ende war, schaute Herr Heinrich erwartungsvoll in die Runde. Wieder war es Tamas, der die angespannte Stille beendete. Er sang ein frivoles Lied von Pater und Nonne, auch wenn er den Text kaum verständlich hervorbrachte. Lene schwänzelte mit ihrem Schellentamburin durch den Kreis und zog schließlich Franz mit sich, ehe er sich wehren konnte. Alheit wollte aufspringen, ihn zurückzerren, doch sie hielt still. Wie lächerlich würde sie dabei
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