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Die Schreckensteiner auf der Flucht

Die Schreckensteiner auf der Flucht

Titel: Die Schreckensteiner auf der Flucht
Autoren: Oliver Hassencamp
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und begab sich auf den total zugefrorenen Kappellsee. Am wenigsten mussten sich die Segler einschränken. Pummel und Egon setzten einen Bootsmast auf ein Balkenkreuz, dessen Enden sie mit Kufen versahen, zogen das Segel auf und flitzten in unwahrscheinlichem Tempo über die Eisfläche.

    „Da friert man ja schon beim Zuschauen ein!“ kommentierte Andi.
    Die führenden Ritter hatten sich eine kleine Extrawurst gebraten, oder besser gesagt: auf Eis gelegt. Sie schliefen in der Folterkammer. Da es in dem düsteren Gemach einen offenen Kamin gab, hatte der Rex nichts dagegen. Und im Esssaal lagen die andern nicht mehr so eng.
    „Wer streckt mich mal?“ fragte Stephan und setzte sich gähnend auf die Streckbank. „Ich bin heute zu faul dazu.“
    „Du wirst dich bald zu Hause strecken lassen können. Von deinen Eltern!“ antwortete Ottokar.
    „Wieso das?“ fragte Hans-Jürgen.
    „Ich war heute mit dem Rex bei Mauersäge. Wir brauchen noch ein paar heizbare Räume. Sonst will er uns nach Hause schicken. Er kann es vor unseren Eltern nicht verantworten, sagt er.“
    „Und was sagt Mauersäge?“ fragte Andi. Ottokar berichtete. Dabei ahmte er zur allgemeinen Belustigung die gräfliche Sprechweise nach, indem er zwischen den Worten schniefte, so als sei die Nase verstopft. „Schalten“ nannten die Ritter diese Eigenart.
    „Mauersäge weiß... ks... auch keinen... ks. Er würde uns gerne den... ks... und den... ks... zur Verfügung stellen, aber beide haben... ks... leider keine... ks. Und das Stromnetz sei... ver... ks... altet und elektrischer Heiksung nicht ge ... gewaksen ...“ Zuletzt lachte niemand mehr.
    „Nach Hause geh’n wir jedenfalls nicht!“ brummte Dampfwalze.
    Ottokar löschte das Licht. Doch lange fanden die Ritter keinen Schlaf, überlegten, was sie tun könnten. Mücke, der auf seiner Luftmatratze vor dem steinernen Richtertisch lag, drehte sich ärgerlich von einer Seite auf die andere. Dabei stieß er mit dem Knie gegen die berüchtigte Leiste, die zwischen den Steinfliesen eingelassen war. Ein ächzendes Geräusch, ein Klappern, und im Schein von Dampfwalzes Taschenlampe fuchtelte der Knochenmann mit der Sense vor den Liegenden hin und her.
    „Mensch, Paule! Was willst du denn? Kein Mensch hat ,Herein’ gesagt.“ Gelassen stand Mücke auf und schob das Skelett, in seinen Kasten zurück. Die Schreckensteiner Ritter waren rauhe Gesellen.
    Als Friedrich morgens nach der Schneewäsche in den Esssaal kam und sich anziehen wollte, fand er sein Hemd nicht. Irgend jemand musste es in dem Durcheinander nach dem Wecken weggekickt oder mit anderen Klamotten zugedeckt haben.
    „Wer hat mein Hemd gesehen?“ rief Friedrich. „Rot-blau kariert!“
    „Ist es das?“ fragte der kleine Herbert, dessen Lager gut fünf Meter von dem Friedrichs entfernt war.
    „Ja, Mensch. Gib her!“
    Das Hemd mit zwei Fingern weit von sich weghaltend, so als habe es einen besonders unangenehmen Geruch, kam der kleine Herbert herüber. Friedrich drängte. Da blieb der kleine Herbert vor ihm stehen und ließ das Hemd bei ausgestrecktem Arm fallen. Lag es an dem dicken Stoff oder an der Wäschestärke — das Hemd sackte nur wenig in sich zusammen und bildete eine steile karierte Pyramide.
    „Mann, das bleibt ja stehen!“ wunderte sich Werner.
    „Klar. Vor Dreck!“ sagte der kleine Herbert. Die Umstehenden lachten und versuchten sogleich ihr Hemden neben das von Friedrich zu stellen. Es war eine Mordsviecherei. Zu guter Letzt brachte Pummel die Meßlatte für den Hochsprung, und der kleine Egon trug Sieger und Placierte in eine Liste ein. Darauf leisteten alle einen Ritterschwur, bis zum Ende des Trimesters nur ein einziges Hemd zu tragen und jeden Abend in fairem Wettkampf den Tagessieger zu ermitteln.
    Am Nachmittag erschien überraschend Sonja. Sie hatte Eugen mit dem Eissegler flitzen sehen und sich mitnehmen lassen, um ihren Vater zu besuchen. Obwohl Doktor Waldmann sie am Telefon bereits über die Zustände auf der Burg unterrichtet hatte, staunte sie doch. Besonders als sie im Esssaal die Meßlatte an der Wand entdeckte. Sie trat näher und las die Beschriftung daneben von oben nach unten.
    „Eugen — Friedrich — Kuno — Eberhard... Was soll denn das bedeuten?“ Pummel grinste; Stephan sah Doktor Waldmann an, der ihm aufmunternd zunickte.
    „Dir können wir’s ja sagen, Sonja. Die Sache ist nämlich so...“ Stephan musste lachen, worauf Eugen fortfuhr:
    „Seit wir uns nicht mehr waschen, brauchen
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