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Die schonende Abwehr verliebter Frauen oder Die Kunst der Verstellung - Soboczynski, A: Die schonende Abwehr verliebter Frauen

Die schonende Abwehr verliebter Frauen oder Die Kunst der Verstellung - Soboczynski, A: Die schonende Abwehr verliebter Frauen

Titel: Die schonende Abwehr verliebter Frauen oder Die Kunst der Verstellung - Soboczynski, A: Die schonende Abwehr verliebter Frauen
Autoren: Adam Soboczynski
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dabei spiele ich gar nicht gerne!«) und
     sich dann über den Pfleger beschwert, der seine Eroberung wohl bereits herumerzählt habe. Jedenfalls gebe es frivole Sticheleien
     von Kollegen, man würde aufs Unappetitlichste über sie scherzen (»Na, lässt du dir gleich wieder die Spritze geben?«).
    Wenn sie recht überlege, sagt Maria, sei dieser Pfleger, der übrigens nicht schlecht aussehe, nur eine vorweggenommene Absprungbeziehung.
     Nicht mehr.
    Jetzt erst, da das Spiel fast gewonnen scheint, geht Andreas von seiner verständnisträchtigen Haltung zum Angriff |33| über, zeigt auf einen ungeheuer prächtig in der Nachmittagssonne erstrahlenden Pavillon aus rotem Backstein, der auf einer
     leichten Anhöhe liegt und in dem kürzlich eine Bar eingerichtet worden ist.
    Bereits beim zweiten Bier sprechen die guten alten Freunde über die guten alten Zeiten (»War schon eine verrückte Zeit damals!«).
     Beim dritten wird es vorübergehend ernst, da sich Maria nach dem Stand der Doktorarbeit erkundigt, die Andreas in einer sehr
     wohlwollenden Interpretation des Sachverhalts als nunmehr kurz vor dem Abschluss stehend bezeichnet. Beim vierten Bier fällt
     Maria auf, dass Andreas in den vergangenen Wochen ziemlich abgenommen hat (»Das steht dir aber gut!«).
    Andreas schlägt zum Ausklang des Tages vor, einen Film auszuleihen. Nach einem kurzen Zögern (aus dramaturgischen Gründen,
     nicht aufgrund eines Zweifels), sagt Maria: »Ach, warum eigentlich nicht.«
    Und Stunden später wundert sich Andreas, eine letzte Zigarette am Fenster rauchend, dass bereits der Morgen dämmert. Das mag
     er, noch wach sein, während Maria schläft. Sein Blick fällt auf ihre im Schlaf leicht unruhigen Augenlider.
    So siegt der aufmerksame Blick, das geduldige Zuhören über die unbedachte Rede. Und neidisch sind alle anderen, verspotten
     denjenigen, der nachdenkliches Interesse zu zeigen vermag, als »Frauenversteher«. Doch handelt natürlich derjenige richtig,
     der nie die Eitelkeit desjenigen unterschätzt, der erzählt. Unangenehm ist einem Erzähler |34| nämlich immer zumute, wenn er feststellt, dass der Gesprächspartner bereits darüber nachdenkt, was er erwidern soll, statt
     an seinen Lippen zu hängen. Nur wenn dieser unbedingte Aufmerksamkeit zeigt, tappt derjenige, der erzählt, in die Falle, sich
     gänzlich zu offenbaren.

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    |35| 5 AUTHENTISCH WIRKEN
    W ir meiden den Taktierer, der sein Taktieren nicht zu verbergen vermag, den Lügner, der das Lügen nicht beherrscht. Einen Zauberer,
     dessen doppelte Böden wir erspähen, belächeln wir mitleidig. Immer und überall kommt es darauf an, die Kunst der Verstellung
     zu beherrschen.
    Ein junger Mann regte sich kürzlich darüber auf, dass eine südeuropäische Fluglinie in ihrem Prospekt von einer »pri vaten , gemütlichen Atmosphäre« sprach, die man in ihren Flugzeugen genießen dürfe. Er las den Prospekt während des Fluges von Zagreb
     Richtung Heimat. Der Flug war ausgebucht. Vor ihm vibrierte heftig der Sitz eines Mitreisenden, zu seiner Linken schmiegte
     sich eine schwitzende Dame von beträchtlicher Korpulenz an seine Schulter, zu seiner Rechten, zumindest das, nur ein schmächtiger
     Asiate, der aber, wie dem jungen Mann schien, ebenfalls von Platznot bedrängt, auf unangenehme Weise schwer atmete. Nur da
     jeder der derart Eingeklemmten peinlichst Sorge trug, sich nicht zu bewegen, ließ der Flug sich ertragen. Ein kurzes Vorbeugen,
     um sich am Unterschenkel zu kratzen, hätte das sorgsam komponierte Gefüge der Körper heillos durcheinander gebracht.
    |36| Man saß also in einer winzigen Boeing, in die man, wohl um die Preise zu drücken, möglichst viele Sitze hatte montieren lassen.
     Das Handgepäck wurde einem vor dem Flug vom lächelnden Bordpersonal weggenommen und im Laderaum verstaut, da, wie sich rasch
     herausstellen sollte, es im Passagierbereich keine Staufläche gab. Es wurde also nicht etwa aus Gründen eines besonderen Services
     entwendet, wie im Prospekt angedeutet wurde. Darin stand, man tue dies, um »die Gäste zu entlasten«.
    Der junge Mann erzählte all dies mit bebender Stimme. Und sagte, dass er sich über so etwas nur aufrege, da die Botschaft
     der Reklame besonders eklatant dem Produkt widersprach. Da kenne er sich aus, schließlich arbeite er als Pressesprecher bei
     einem großen deutschen Automobilunternehmen. Die Werbung, die sein Konzern schalte, sei da weitaus subtiler. Vor allem sei
     sie sehr amüsant. Nur
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