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Die schonende Abwehr verliebter Frauen oder Die Kunst der Verstellung - Soboczynski, A: Die schonende Abwehr verliebter Frauen

Die schonende Abwehr verliebter Frauen oder Die Kunst der Verstellung - Soboczynski, A: Die schonende Abwehr verliebter Frauen

Titel: Die schonende Abwehr verliebter Frauen oder Die Kunst der Verstellung - Soboczynski, A: Die schonende Abwehr verliebter Frauen
Autoren: Adam Soboczynski
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Charakters angezogen fühlen, ihn gar heilen wollen, und deshalb eine zweite, ja, eine dritte nicht minder gut gelaunte SMS
     schreiben. Hier hilft nur beharrliches Schweigen.
    Nun sind die meisten Menschen natürlich längst nicht so umsichtig wie Sie auf jener Party. Die meisten versuchen nach dem
     vierten Glas Wein alles daran zu setzen, sich dem alten Spiel der Körper zu ergeben. Im Hintergrund eines Schlafzimmers läuft
     dann allerspätestens wenige Tage nach der ersten Begegnung leise Musik. Und am Morgen danach sitzt man dann am Küchentisch,
     blickt aus dem Fenster, rührt in der Tasse, täuscht prächtige Laune vor. Und ahnt, dass man nach einer glühenden Liebesnacht
     nunmehr auch in Zukunft gefälligst Objekt des Begehrens sein soll. Hilfreich ist in diesem Fall die häufig geäußerte Behauptung,
     man sei noch nicht soweit, die letzte Beziehung sei so quälend und traumatisch gewesen, man habe sie einfach noch nicht überwunden,
     sich noch nicht gefangen, die noch unvernarbten Wunden der Seele verhinderten die neue, an sich ganz wunderbare, knospende
     Liebe! Dann sollte man traurig blicken und mit den Schultern zucken. Auch eine Spur von Verwirrtheit darf angedeutet werden.
     Das schreckt zumindest einige Verliebte ab. Andere nicht.
    Es gibt die zäh Verliebten. Die zäh Verliebten fragen nach den wahren Gründen des Nicht-verliebt-Seins, die zäh Verliebten
     ahnen, dass man lügt, die Unglücklichen. Doch was, wenn es das Äußere wäre, das nicht ganz dem Geschmack entspräche? Undenkbar,
     man antwortet, es liege am zu hohen Alter, an zu vielen Pfunden, an der unreinen Haut der |15| Verliebten. Man sollte in solchen Fällen, mit allen Anzeichen der Ratlosigkeit, immer ausweichend antworten, sollte sagen,
     das so vieles, die Liebe betreffend, sich schlecht in Worte fassen lässt. Was, bei Lichte betrachtet, eigentlich gar nicht
     stimmt, aber eine Aussage ist, die allgemein anerkannte Plausibilität genießt.
    Nur Barbaren, Diktatoren und Scheichen kann die schonende Abwehr verliebter Frauen gleichgültig sein. Alle anderen mögen bitte
     sorgsam beachten, dass die Liebe, die nicht erwidert wird, nur dann milde abebbt, wenn die Verliebte sich vom ersten Eindruck,
     den sie sich vom Geliebten gemacht hat, fälschlicherweise getäuscht glaubt.

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    |16| 2 LEIDENSCHAFTEN VERBERGEN
    U nkontrollierte Gefühlsausbrüche, ob freudige oder zornige, sind fast immer zu vermeiden. Sie offenbaren den Gegnern unsere
     Absichten und Leidenschaften. Das überhitzte Gemüt neigt zu Fehlern, der kühle Gedanke macht die Klugheit aus.
    Verärgert ist häufig zu Recht, wer eine unverschämte E-Mail erhält. Der Reiz, sogleich noch unverschämter zurückzuschreiben,
     ist enorm. In diesem Fall sollte man sich erst einmal beruhigen, statt ungehalten in die Tasten zu hauen.
    Dreiste Mails sind häufig als berechtigte Forderungen getarnt: »Sehr geehrter Herr Walter, wie versprochen, hier nun die Spesenabrechnung
     für meine Rom-Reise. Über eine rasche Überweisung würde ich mich sehr freuen. Die Belege werde ich in Kürze nachreichen. Sehr
     herzlich, Ihr Hans Strass.«
    Herr Walter, ein Angestellter bei einer renommierten Immobilienmaklerei, hatte Herrn Strass, einen freien Mitarbeiter, nach
     Rom beordert, um dort zwei Wohnungen zu verkaufen. Herr Walter war eindringlich von seinem Chef gebeten worden, da sich die
     Firma in einer leicht angespannten |17| wirtschaftlichen Lage befand, für eine kostengünstige Reise zu sorgen. Deshalb hatte er mit Herrn Strass vereinbart, dieser
     solle einen dreitägigen Aufenthalt mit Übernachtungen in einem Zwei-Sterne-Hotel anvisieren.
    Aber wie erschrak Herr Walter, als er den Mail-Anhang öffnete, der eine Auflistung der Spesen enthielt. Statt drei war Herr
     Strass sieben Tage in Rom gewesen und hatte im Grand Hotel Parco dei Principi, gegenüber den Villa-Borghese-Gärten, logiert.
     Herr Walter, eine Rüge seines Chefs fürchtend, sah Herrn Strass vor seinem geistigen Auge: Wie er im Whirlpool saß und hässlich
     grinsend einen Cocktail schlürfte, wie er sich junge Frauen aufs Zimmer bestellte und eine dicke Zigarre im Foyer rauchte.
     Und so haute Herr Walter, von neidvollen Gedanken an die Ewige Stadt erfüllt, ungehalten in die Tasten: Er sprach von einer
     Frechheit, was Herr Strass sich anmaße? Erstens würden Rechnungen für gewöhnlich nicht per Mail, sondern in Briefform samt
     beiliegenden Belegen entgegengenommen. Dessen ungeachtet aber brauche er
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