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Die schoensten Weihnachtsgeschichten

Die schoensten Weihnachtsgeschichten

Titel: Die schoensten Weihnachtsgeschichten
Autoren: Hans Fallada
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erfüllen? Unwillkürlich faßte er nach seinem Geld, es wölbte seine linke Brusttasche erfreulich!
    Dann kam der Verkäufer zurück und trug auf einem Tablett, feierlich wie eine Reliquie, einen kleinen rötlichen Buddha! Martens sah zwar sofort, daß dieser kleine Gott längst nicht den Vergleich mit seinem verlorenen aushalten konnte: er war lange nicht so fein geschnitten, hatte derbe Züge, und auch sein Lächeln war etwas derb, außerdem war er über handlang – aber was machte das alles?
    Elisabeth kannte den andern nicht, und so würde ihr dieser schon gefallen!
    »Den nehme ich!« sagte er rasch. »Was kostet er?«
    Der Verkäufer hob den Buddha mit zwei spitzen Fingern und sah unter seinen Sockel. Dort war ein Zettel aufgeklebt, und auf dem Zettel standen einige Buchstaben. Diese Buchstabenschrift schien nicht ganz leicht zu entziffern, es dauerte eine ganze Weile, bis der bleiche Herr mit ernstem Blick »tausendsiebenhundertfünf zig Mark« sagte.
    »Wie?!!!« schrie Hein Martens und tat einen Satz, als sei ihm die Marsstange gegen den Kopf geschlagen.
    »Eintausendsiebenhundertundfünfzig Mark, bitte schön«, wiederholte der dunkle Herr vollkommen deutlich.
    »Aber das ist doch unmöglich!« rief Hein Martens, und Aufregung und Grog machten ihn recht unlogisch. »Ich hab einen viel hübscheren Buddha gehabt und habe ihn in die Nordsee fallen lassen!«
    Der Verkäufer sah ihn aufmerksam und ernst an.
    »In der Nordsee liegt er!« wiederholte Hein Martens mit Nachdruck. »Wie kann Ihrer da so viel Geld kosten?! Das kann ich nie bezahlen!«
    »Tja!« sagte der Verkäufer. Er setzte den Buddha auf das Tablett zurück und wandte sich zum Gehen. »Da hätten Sie eben besser aufpassen müssen. Wir hätten Ihnen viel Geld für einen guten Buddha aus rotem Speckstein bezahlt – so etwas ist eine Rarität.«
    Eine Weile später saß Hein Martens in einem Lokal an der Reeperbahn.
    Doch diesmal tat ihm der Alkohol nicht den Gefallen,sein Herz mit Hoffnungen zu erfüllen, er machte alles nur immer düsterer. Es war aussichtslos, einen Buddha zu kaufen; es war ausgeschlossen, mit leeren Händen vor seine liebe Frau zu treten, sein Leben war verpfuscht, durch seine Schuld, er hätte eben besser aufpassen müssen, das hatte der Verkäufer sehr richtig gesagt.
    Er weiß nicht, wie er aus dem Lokal gekommen ist, aber hier ist er nun vor dem Portal des Museums, grade wie ein Baum, seiner Sinne völlig mächtig – so ein bißchen Grog tut ihm doch nichts!
    Immerhin weiß er nicht, warum er hier hineingeht. Der Pförtner schaut auf und sagt: »Wir schließen in einer knappen halben Stunde, mein Herr!«
    »Macht nichts!« ruft er fast fröhlich. »Ich will bloß was nachsehen. In einer Viertelstunde bin ich wieder draußen.«
    Er geht schnurstracks auf die Ostasienabteilung, zu den Buddhas. Hier hat er mal Angst gehabt, seine Frau könnte eine Dummheit machen, und darum hat er ihr versprochen … jedenfalls ist hier jetzt kein Mensch. Ein Aufseher (nicht der, den er von früher kennt) geht vorüber und sagt mahnend: »In einer Viertelstunde schließen wir.«
    Drei Minuten später verläßt Hein Martens das Museum, einen daumenlangen Buddha aus rotem Speckstein in der Tasche.
    »Das ist ja wirklich schnell gegangen«, sagte der Mann am Tor und lächelt.
    Aber Hein Martens antwortet nicht. Er steht nun auf der Straße, sein Weg ist klar: so schnell wie möglich zuTante Paula, um die Koffer zu holen, und dann ebenso schnell zu Elisabeth, mit all den Geschenken, der Seide, dem Ingwer, den Teeschälchen, dem Lacktablett und dem kleinen Buddha. Er hat alles, was für ein fröhliches Weihnachtsfest notwendig ist.
    Aber in Wirklichkeit beeilt er sich gar nicht. Es dauert ziemlich lange, bis er bei Tante Paula eintrifft. Und auch dort verlangt er nicht sofort seine Koffer, sondern läßt sich einen starken Kaffee kochen. Mit dem setzt er sich an den Holztisch, stützt den Kopf in die Hand und denkt nach.
    Es ist eine ungeheure Veränderung in seinem Leben eingetreten, sein umduselter Schädel versteht es nur langsam, aber eines weiß er schon: er kann sich nicht mehr freuen. Er kann sich nicht mehr über seine Frau freuen, nicht über das Weihnachtsfest, auch nicht über das eigene Heim, die ›Fröhliche Neptun‹ – er wird nie wieder mit dem Käpt’n wie früher reden können.
    »Ich bin ein unehrlicher Mensch«, sagt er halblaut zu sich und sieht sich scheu in der Gaststube um, ob die ihm wohl was ansehen. Nein, sie sehen
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