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Die Schattenfrau

Die Schattenfrau

Titel: Die Schattenfrau
Autoren: Ake Edwardson
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nahm den Finger von seiner Brust.
    »Was für eine Frage! Wir machen doch ziemlich viel.«
    »Na, dann erzähl mal.«
    »Jetzt gerade führen wir zum Beispiel ein Gespräch. Ein Gespräch über unsere Beziehung.«
    »Na ja, vielleicht zum ersten Mal«, antwortete sie und setzte sich im Bett auf. »Ein Gespräch auf zehnmal Sex.«
    »Jetzt übertreibst du aber.«
    »Mag sein. Aber nur ein bisschen. Ich will mehr... « »Was denn?«
    »Du weißt, wovon ich spreche, Erik. Wir haben auch schon früher darüber gesprochen.«
    »Ich soll endlich erwachsen werden.«
    »Ja.«
    »Ich soll endlich zum Manne reifen und Verantwortung für eine Familie übernehmen, die ich noch nicht habe.« »Du hast doch mich«, sagte sie und sah ihn wieder an. »Entschuldige. Aber du weißt, was... «
    »Nein, ich weiß eben nicht, was du meinst. Das hier reicht mir nicht mehr.«
    »Auch wenn du mich hin und wieder ausnutzen darfst?« »Nicht einmal dann.«
    »Auch wenn es vor allem um deine Bedürfnisse geht?«
    »Das hätte ich nicht sagen sollen. Jetzt hast du noch mehr, womit du mich aufziehen kannst.«
    »Komm schon, Angela. Ich bin auch wieder ernst.«
    »Denk daran, dass du nicht ewig jung bleibst, Erik. Du bist schon jetzt nicht mehr jung. Denk mal darüber nach.«
    »Ich denke an nichts anderes.«
    »Und denk mal über uns nach. Ich geh duschen.«
    Er war siebenunddreißig und Kriminalkommissar beim Fahndungsdezernat der Bezirkspolizei. Mit nur fünfunddreißig Jahren war er Kommissar geworden, ein Rekord in Göteborg und sogar in Schweden, aber für ihn bedeutete es nur, dass er nicht mehr so oft Befehlen gehorchen musste wie früher.
    Zunächst hatte er sich bei der Arbeit stark und jung gefühlt, aber jetzt war er sich nicht mehr ganz so sicher. Es schien, als wäre er in kurzer Zeit fünf oder zehn Jahre älter geworden. Ein Fall, an dem er im Frühjahr gearbeitet hatte, war so hart für ihn gewesen, dass er sich anschließend, den Frühsommer über, gefragt hatte, ob er es überhaupt schaffen würde, weiterhin Polizist zu sein - Sand im Getriebe des Bösen.
    Er hatte eine Woche Urlaub genommen und war im Licht des hohen Nordens über die lappländische Tundra gewandert. Dann war er zurückgekehrt und hatte seine Arbeit fortgesetzt, aber er war nicht mehr der Alte. Nun versuchte er, sich vom Sommer und der Muße einlullen zu lassen. Er ließ sich Bartstoppeln stehen. Sein Haar bedeckte schon halb die Ohren und war auf dem Weg zu den Schultern. Allmählich veränderte sich sein ganzes Äußeres. Vielleicht passt es dann besser zu meinem komplizierten Innenleben, hatte er einmal vor dem Spiegel gedacht, eine hässliche Grimasse geschnitten und den Mund zu einem Lächeln verzogen. Vielleicht macht das aus mir einen guten Polizisten.
    Winter saß allein am Küchentisch vor zwei getoasteten Brotscheiben und einer Tasse Tee. Angela hatte »tschüss« gesagt und war nach Hause gegangen. Am Haaransatz brach ihm schon wieder der Schweiß aus, als die Wärme von draußen durch die Jalousien drang. Das Thermometer auf der Schattenseite des Balkons zeigte neunundzwanzig Grad. Es war elf Uhr, und ihm blieben von seinem zweiten Urlaub noch vier Tage. Er würde weiter die Ruhe genießen.
    Auf dem Tisch im Flur läutete das Telefon. Er stand auf und ging aus der Küche, griff zum Hörer und nannte seinen Namen.
    »Hier ist Steve, erinnerst du dich?«, erwiderte eine Stimme mit schottischem Akzent.
    »Wie könnte man einen Ritter aus Croydon vergessen?«
    Steve Macdonald war Kriminalkommissar im Süden von London, und sie beide hatten zusammen an dem schwierigen Fall zu Beginn des Jahres gearbeitet. Sie waren Freunde geworden, zumindest hatte Winter es so aufgefasst. Sie hatten in London und in Göteborg miteinander zu tun gehabt. Allerdings hatten sie seit einem Frühlingsabend in Winters Wohnung, als der Fall endlich gelöst war und sie gemeinsam Trost suchten, nichts mehr voneinander gehört.
    »Der Ritter bist wohl eher du«, sagte Macdonald. »Strahlende Rüstung und all das.«
    »Damit ist jetzt, glaube ich, Schluss«, gab Winter zu, der sehr wohl wusste, dass Steve Macdonald auf seine teuren Klamotten anspielte - etwas zu elegant für den Durchschnittspolizisten. Aber im Moment sah er doch ein wenig anders aus. Winter schmunzelte.
    »Was?«
    »Ich habe Bartstoppeln und war seit Monaten nicht mehr beim Haareschneiden.«
    »Habe ich dich so sehr beeindruckt? Ich dagegen bin mal oben in der Jermyn Street gewesen und habe mich nach
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