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Die Reise ins Licht

Die Reise ins Licht

Titel: Die Reise ins Licht
Autoren: Andrej Djakow
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teilnahmslos, wie Gleb auf den Boden plumpste und seinen kostbaren Tand an die Brust drückte. Irgendetwas war seltsam an dem Jungen: Auf den ersten Blick war er ein Teenager, wie sie zu Dutzenden durch die Stationen liefen. Dreckige, zottige Haare, hohle
Wangen, dunkle Ringe unter den Augen. Ein schmutziger Junge mit Stupsnase. Also gab es eigentlich nichts, was ihn von der Gruppe seiner Altersgenossen unterschied. Außer diesem aufgeweckten, ungewöhnlich erwachsen wirkenden Blick. Und dann lag in seinen braunen Augen auch nicht jene erschöpfte Schicksalsergebenheit, die in dem Blick der meisten Untergrundbewohner durchschimmerte.
    Gleichsam widerstrebend drehte sich Taran um und ging zur Feuerstelle. Die unruhigen Flammen beleuchteten den Kreis der Personen, die um das Feuer herumsaßen. Es waren viele Bekannte darunter, doch Gleb entdeckte auch ein paar neue Gesichter. Die Neugier ließ ihn die Aufregung von eben vergessen. Er steckte das Feuerzeug in die Tasche seiner zerrissenen Hose und schlich sich näher an das Feuer heran.
    Die beiden Neuankömmlinge unterschieden sich von den Einheimischen durch ihre sauberen Sachen und die merkwürdigen, breiten Gürtel, an denen sie jedoch keine Waffen trugen, sondern verschiedenstes Werkzeug – Hämmer, Kneifzangen, Schraubenzieher. Das seltsame Pärchen war ganz offensichtlich von der »Technoloschka« gekommen.
    Gleb hatte von dieser Station schon viele wunderliche Geschichten gehört. Man erzählte sich, dass es dort überall helles Licht gab und eine Menge verschiedenster technischer Anlagen und Werkzeugmaschinen. Schweinefarmen und Pflanzenzucht gab es dort angeblich überhaupt nicht. Die Masuten kauften alle Lebensmittel von anderen Stationen im Austausch für Waffen und verschiedene Apparaturen, die in der Wirtschaft benötigt wurden.

    Den Vorsteher erkannte Gleb sofort. Es war der mit dem Bart und dem strengen Gesicht. Der Masut räusperte sich, tauschte einen flüchtigen Blick mit Nestor, der neben ihm saß, und wandte sich an den Stalker:
    »Du bist also Taran?«
    Der Stalker hielt die Hände an das gemütlich wärmende Feuer und überhörte die Frage.
    »Du hast unsere Einladung nicht angenommen. Deshalb sind wir hier. Wie man so sagt: Wenn der Berg nicht zum …«
    »Wofür braucht mich die Allianz?«, unterbrach ihn Taran barsch. Der Masut hielt mitten im Wort inne, besann sich jedoch rasch und fuhr fort:
    »Du bist schlau, Stalker. Ja, wir sind Repräsentanten der Primorski-Allianz, und wir haben eine Arbeit für dich.«
    »Ich brauche keine Arbeit.«
    »Gut.« Der Bärtige blickte finster. »Dann eben keine Arbeit … Wir brauchen deine Hilfe, Taran. Es ist sehr wichtig für die Allianz. Für uns alle.«
    »Was wollt ihr genau?« Der Stalker blickte den Masuten an wie eine lästige Fliege.
    »Wir können hier nicht über alles sprechen … Nur so viel: Es handelt sich um eine Expedition … Wir halten dich für den geeignetsten Kandidaten, den Trupp zu führen …«
    »Wohin?«
    »Nun ja …« Der Bärtige holte tief Luft. »Nach Kronstadt Ref. 7 . «
    Der Stalker erhob sich schweigend und ging auf den Ausgang der Station zu. Die Abgesandten zuckten unruhig.
    »Patronen, Stalker! So viel du tragen kannst!«

    Die Bewohner lauschten gespannt den vergeblichen Überredungsversuchen der Gäste.
    »Essen! Medikamente! Waffen!«
    »Reg dich ab, Masut«, entgegnete Taran, ohne sich umzublicken.
    »Ist das dein letztes Wort?«
    »Geh zum Teufel.« Taran wandte sich um und starrte den Masuten boshaft an.
    »Das ist jetzt sein letztes Wort«, kommentierte Palytsch grinsend.
    Der Bärtige sank in sich zusammen, doch im nächsten Augenblick schnellte er wieder hoch und rief krampfhaft: »Die Allianz wird sich dankbar zeigen. Du kannst alles verlangen, Taran! Alles, was du willst!«
    Der Stalker blieb stehen und dachte nach.
    »Alles?«
    »Alles, was in der Macht der Allianz steht.«
    Langsam, wie in einem schrecklichen Traum, hob der Stalker die Hand …
    »Da, den Burschen dort.«
    Der ausgestreckte Finger zeigte direkt auf Gleb.
    Der Junge erstarrte. Entsetzen durchfuhr seinen Körper wie Schüttelfrost. Sein Mund fühlte sich trocken an. Wie durch einen Watteschleier hörte Gleb die Masuten mit dem Stationsvorsteher tuscheln. Nikanor fuchtelte mit den Armen herum und seine Schreie wurden immer lauter, bis der Junge deutlich vernahm:
    »Wie könnt ihr nur so etwas vorschlagen! Zehn Kilo Schweinefleisch für einen Bengel! Wo hat man denn so was schon gehört?!«
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