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Die reinen Herzens sind

Die reinen Herzens sind

Titel: Die reinen Herzens sind
Autoren: Faye Kellerman
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Rina eine Injektion in die Schulter. Rina gab keinen Laut von sich.
    »Ich liebe dich, Rina«, flüsterte Decker.
    Die Antwort war ein Nicken.
    Eine zierliche Frau in OP-Kleidung kam ins Zimmer. Sie zog eine Liege hinter sich her. Hendricks schob die Liege neben Rinas Bett.
    »Wir bringen Sie jetzt in den Kreißsaal, Rina«, eröffnete Hendricks ihr. »Ich zähle bis drei, dann rutschen Sie mit dem Rücken auf die Liege. Glauben Sie, Sie schaffen das?«
    Rina stöhnte ein Ja.
    Bei drei stemmte Rina sich hoch, und Hendricks und Georgina hoben sie auf das kalte, glatte Metall. Die Seitengitter wurden hochgeklappt, und Georgina hakte sie fest. Rinas Krankenhaushemd klaffte über der Brust auseinander. Ihre Brüste waren nackt. Decker deckte das Hemd wieder darüber und wischte ihr mit dem Lappen über die Stirn.
    »Ich möchte Rina unter Beobachtung haben, bis die Nachgeburt draußen ist«, wandte Hendricks sich an Decker. »Das kann dauern. Im Augenblick besteht kein Anlaß zur Sorge. Aber ihre Blutungen waren mir eine Spur zu stark. Tut mir leid, aber ich muß Sie bitten, im Warteraum Platz zu nehmen. Keine Angst. Ruhen Sie sich einfach aus.«
    »Warum kann ich nicht bei ihr bleiben? Ich bin doch schon angezogen wie …«
    »Nein, ich muß darauf bestehen, daß Sie hierbleiben.« Hendricks’ Stimme klang energisch und angespannt.
    »Georgina, bitte bringen Sie Sergeant Decker in das Wartezimmer.«
    Bevor Decker noch ein Wort herausbrachte, wurde Rina weggeschoben. Ihm war plötzlich kalt. Er fröstelte. Ein Druck an seinem Ellbogen entpuppte sich als Georginas Hand.
    »Hier entlang, Sergeant.«
    »Warum … warum hat er …«
    »Wie er schon gesagt hat, Sergeant. Ist ihm lieber, wenn sie im Kreißsaal ist …«
    »Sie meinen im Operationssaal.«
    »Wo auch immer.«
    »Aber warum bringt er sie dorthin? Kann er die Plazenta nicht hier holen?«
    »Reine Vorsichtsmaßnahme.«
    »Vorsichtsmaßnahme? Wofür?«
    »Sergeant, würden Sie jetzt bitte mitkommen?«
    »Nein, ich werde jetzt bitte nicht mitkommen! Ich möchte wissen, was, zum Teufel, mit meiner Frau los ist!«
    »Sergeant, ich weiß auch nicht mehr als Sie«, seufzte Georgina.
    »Ach, tatsächlich! Sie arbeiten hier, Lady. Sie haben zumindest einen Schimmer.«
    Georgina blieb stumm. Decker ging auf und ab.
    »Entschuldigen Sie.«
    »Schon gut, Sergeant. Ich versteh’s ja.«
    Decker verspürte den Drang, hin und her zu gehen. »Er hat was über ihre Blutungen gesagt. Was hat er damit gemeint?«
    »Keine Ahnung, Sergeant.«
    Im Raum war es totenstill. Decker atmete hörbar. Seine Augen begannen zu brennen. Georgina lächelte zaghaft und legte eine feiste Hand auf seine Schulter.
    »Kommen Sie.«
    Decker rührte sich nicht. »Wann erfahre ich, was los ist?«
    »Sergeant, der Doktor redet so bald wie möglich mit Ihnen. Geburten nehmen häufig solche Wendungen. Gewöhnlich bedeuten sie nichts.«
    Decker kaute auf seinem Daumennagel. »Wissen Sie, in meinem Job füttern wir die Leute andauernd mit diesem beruhigenden Schrott. Nichts als Worthülsen. Wenn ich verzweifelte Eltern vor mir habe, deren Kind verschwunden ist, sage ich: ›Ich bitte Sie, das kommt andauernd vor. Normalerweise bedeutet es gar nichts.‹ Aber gelegentlich bedeutet es eben sehr viel.«
    Georgina sagte nichts.
    »Habe ich recht?« Decker wurde lauter. »Manchmal bedeutet es eben doch was, oder?«
    Georgina senkte den Blick. Dann sah sie auf. »Ja, manchmal schon, Sergeant.«
    »Also, wenn es was bedeutet, was ist es dann …« Decker schloß die Augen. »Was könnte es dann sein?«
    »Sergeant, es steht mir nicht zu, eine Diagnose zu stellen.«
    Decker blieb stumm.
    »Sergeant.« Georgina seufzte. »Ist Ihre Familie hier?«
    Die Familie. Rinas Eltern. Die Jungen. Decker wurden die Knie weich. Er sank in den Schaukelstuhl und fuhr sich mit den Händen übers Gesicht. Georgina reichte ihm wortlos ein Glas Wasser. Er schüttete die Flüssigkeit zu hastig hinunter. Ihm wurde schlecht. Seine Haut juckte. Er brauchte eine Weile, bis er seine Stimme wiederfand.
    »Sie warten unten in der Halle … meine Tochter, Rinas Eltern …« Decker schluckte. »Und Rinas Söhne. Was soll ich ihnen sagen?«
    »Ich bringe Sie runter und rede mit ihnen.«
    Decker schüttelte den Kopf. »Nein, das macht ihnen nur angst … den Jungen, meine ich. Ihr Vater ist vor vier Jahren gestorben.«
    »Mein Gott! Das tut mir leid.«
    »Sie verstehen, warum ich sie nicht erschrecken möchte.«
    »Vollkommen. Ich wußte nicht
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