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Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland
Autoren: Edward Rutherfurd
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sein Vater zusammenzuckte.
    »Ich habe dir bereits gesagt, dass ich mich um die Angelegenheit kümmern werde, Lawrence. Geh nach Spanien und kümmere dich um deine Studien.«
    Und Lawrence hatte im Ärger darauf etwas Unverzeihliches erwidert: »Ich werde meine eigenen Nachforschungen anstellen, Vater. So viel ist sicher.« Er sagte es halblaut, damit Orlando und Anne ihn nicht hörten. Aber die Botschaft war unmissverständlich: Er vertraute seinem Vater nicht mehr und erkannte dessen Autorität nicht länger an.
    ***
    Worüber sprachen die beiden? Anne lauschte, aber sie verstand nichts.
    Ihr Vater und Lawrence wirkten zornig. Wussten die beiden, dass sie hintergangen worden waren? Anne hatte nicht vorgehabt, ihre Familie zu hintergehen. Auf keinen Fall. Aber sie hatte sich verliebt. Auch das hatte sie nicht vorgehabt, aber als sie es gemerkt hatte, war es bereits zu spät gewesen.
    Ihre Mutter hatte noch gelebt, als sie ihn vor zwei Jahren das erste Mal gesehen hatte. Auf dem Jahrmarkt von Curragh, einer großen Veranstaltung, die von Engländern und Iren aus der ganzen Gegend gleichermaßen besucht wurde. Anne blieb stehen, um einigen Dudelsackspielern zu lauschen, während ihre Eltern vorausgingen, um sich ein Pferderennen anzusehen. Sie hörte der Musik eine Weile zu und machte sich dann auf den Weg über den großen, offenen Platz. Sie bemerkte, dass ganz in der Nähe einige junge Männer aus der Grafschaft Wicklow ein Hurling-Spiel begonnen hatten. Obwohl dies ein traditionell irischer Sport war, hatten ein paar junge Engländer aus Dublin sich der Herausforderung gestellt. Es war ein lebhaftes Spiel, das die Wicklow-Männer mit Leichtigkeit gewannen, aber kurz vor dem Ende brachen zwei Dubliner mutig durch die irischen Reihen und der jüngere erzielte ein spektakuläres Tor. Gleich darauf war das Spiel zu Ende. Anne wollte gerade weitergehen, als sie sah, dass die beiden jungen Dubliner in ihre Richtung liefen. Beinahe ohne es zu merken, verlangsamte sie ihren Schritt, bis die beiden bei ihr angelangt waren. Sie konnte sehen, dass die Männer sie auch bemerkt hatten. Beide grinsten nach ihrem Spiel wie kleine Jungen.
    »Hat Ihnen das Spiel gefallen?« Der ältere, ein dunkelhaariger junger Mann mit markantem, regelmäßigem Gesicht, lächelte freundlich.
    »Ich bin Walter Smith, und dies ist mein Bruder Patrick.« Er lachte. »Sie haben ja sicher gesehen, dass wir unseren Kampf verloren haben.« Er sah Anne verstohlen, aber eindringlich an, doch sie merkte es gar nicht. Sie blickte nur auf Patrick.
    Er war größer als sein Bruder, ein schlanker junger Mann von athletischem Körperbau. Und doch strahlte er Sanftheit aus. Er hatte sein ovales Gesicht einige Tage lang nicht rasiert – und offensichtlich hatte er starken Bartwuchs. Das braune Haar war kurz geschnitten, und ihr fiel auf, dass es sich am Ansatz bereits lichtete. Seine weichen, braunen Augen ruhten auf ihr.
    »Haben Sie mein Tor gesehen?«
    »Ja.« Sie lachte. Er ist richtig stolz darauf, dachte sie.
    »Am Schluss habe ich gut gespielt«, sagte er.
    »Sie haben uns einmal aus Mitleid durchgelassen«, spottete sein Bruder gutmütig.
    »Du irrst dich.« Er schaute enttäuscht drein. »Hören Sie bloß nicht auf diesen Kerl hier.« Die sanften braunen Augen blickten direkt in die ihren, und zu ihrer Überraschung spürte sie, dass sie errötete. »Würden Sie mir Ihren Namen verraten?«, fragte er.
    Anne hatte nicht erwartet, Patrick Smith oder seinem Bruder noch einmal zu begegnen. Deshalb versetzte es sie in große Aufregung, als sie ein paar Tage später mit ihrer Mutter nach Dublin fuhr und ihn neben der Christ-Church-Kathedrale stehen sah. Er war sofort zu ihnen geeilt, hatte sich höflich ihrer Mutter vorgestellt und zwanglos mit ihnen beiden geplaudert. So erfuhr er ganz nebenbei, dass Anne mit einer gewissen Regelmäßigkeit donnerstags nach Malahide ritt, um einen alten Priester zu besuchen, der dort lebte. Am folgenden Donnerstag hatte er am Weg nach Malahide auf sie gewartet und sie eine gute Meile des Weges zu Pferd begleitet.
    Bald darauf reiste Anne nach Frankreich zurück, und noch im selben Jahr starb ihre Mutter. Bereits wenige Tage, nachdem diese Nachricht sie erreicht hatte, erhielt sie einen Brief von Patrick, in dem er ihr sein Mitgefühl ausdrückte und gestand, dass er oft an sie denken musste. In den langen Monaten danach fühlte Anne sich sehr einsam, und auch sie dachte oft an Patrick. Obgleich sie ihren Bruder sehr gern
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