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Die Rache des Chamäleons: Thriller

Die Rache des Chamäleons: Thriller

Titel: Die Rache des Chamäleons: Thriller
Autoren: Åke Edwardson
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einen anderen und sagt, schönes Wetter heute, und der andere antwortet, heute, ja.«
    »Ich bin noch nie in Västerås gewesen.«
    »Zwei Drittel der Västeråser wohnen in Stockholm«, sagt sie.
    »Dann gibt es ja nur noch ein Drittel Bewohner in Västerås.«
    »So ist es.«
    »Wie traurig, für Västerås, meine ich.«
    Er hört Schritte auf der Treppe. Trippelschritte.
    Ein kleines Mädchen taucht in der Tür auf, gefolgt von einem zweiten kleinen Mädchen.
    »Gu’n Morrrgen!«, ruft das ältere Mädchen. Sie ist sechs Jahre alt. Ihre Schwester ist zwei. Sie ruft: »Guumooagen!«
    »Guten Morgen, Mädchen«, sagt Peter. »Guten Morgen, Magdalena, guten Morgen, Isabella.«
    »Es regnet nicht!«, sagt Magdalena.
    »Das wird ein schöner Tag«, sagt Rita.
    »Können wir nicht baden fahren?«, fragt Magdalena, die Ältere der beiden. »Baden!«, sagt Isabella.
    »Vielleicht zum letzten Mal«, sagt Rita. »Kannst du dir heute nicht freinehmen, Peter?«
    »Heute nicht. Keine Chance.«
    Sie schaut ihn an.
    »Was für ein Glück, dass ich freihabe«, sagt sie.
    »Ja, wirklich.«
    »Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen, als einen Tag mit den Mädchen baden zu fahren«, sagt sie.
    »Ich auch nicht«, sagt er. »Einen Tag mit den Mädchen baden fahren.«
    Peter fädelt sich durch den dichten Verkehr der Stadt. Ein Regentropfen schlägt gegen die Windschutzscheibe, dann noch einer, zwei, drei, vier, fünf. Das war’s also mit dem schönen Wetter. Zehn Minuten Sonnenschein, mehr kann der Norden von seinem grünen Winter nicht erwarten.
    Er wechselt mit der Fernbedienung am Lenkrad den Radiosender, findet aber nichts, was ihm gefällt. Im Radio gibt es nichts Hörenswertes mehr, denkt er. Keine alten, vertrauten Wohlfühlsongs, bei denen man sich auf dem Weg zur Arbeit für einen Moment entspannen kann.
    Er schiebt eine CD in den Player und lauscht, wird etwas ruhiger. Das Handy vibriert in seiner Halterung, es leuchtet und blinkt.
    »Ja?«, sagt er, ohne die Hände vom Steuer zu nehmen.
    Keine Antwort.
    »Ja?«
    Es knistert, dann nichts mehr, nur ein Tuten im Ohr. Das Display zeigt »unbekannte Nummer« an. Es ist nicht das erste Mal. Unbekannte Nummern sind okay. Da braucht er nicht zurückzurufen. Er hat sich auch angewöhnt, bekannte Nummern nicht zurückzurufen.
    Die Ampel springt auf Rot. Er hält an und sieht sich um. Niemand scheint ihn zu beachten, alle haben den Blick auf die rote Ampel gerichtet, als hinge ihr Leben davon ab. Und gewissermaßen ist es wohl so, denkt er. Das Leben hängt vom Licht ab. Und es ward Licht.
    Er lauscht Nick Caves ruhigem Gemurmel, aber es beruhigt ihn nicht. Er biegt nach links ab und noch einmal nach links. Eine Sekunde lang erwägt er, ein weiteres Mal links abzubiegen und nach Hause zurückzukehren, die Familie ins Auto zu laden und zum Baden zu fahren, zu einem weit entfernten Badeplatz. Weit weg in die entgegengesetzte Richtung.
    Ihm folgt ein Auto in seine Richtung. Es ist blau wie spätes Sommerabendblau. Es biegt ab, nach links, links, links.
    Das Auto rollt in die Unterwelt, wird von dem Gebäude mit der Glasfassade verschluckt. Der blaue Wagen ist weitergefahren. Er hat es sich nur eingebildet, niemand hat ihn verfolgt.
    Im Fahrstuhlspiegel studiert er sein Gesicht. Er kann nichts entdecken, was er nicht kennt. Jedenfalls hofft er, dass es so ist. Äußerlich ist ihm nicht anzusehen, was er im Innern mit sich herumträgt. Noch nicht, nicht ganz. Es wird nie zu sehen sein. Besonders alt sehe ich nicht aus, denkt er. Manche Leute behaupten, man habe das Gesicht, das man verdient. Was das in meinem Fall bedeutet, weiß ich nicht. Ich verdiene es, verdiene es mehr als andere.
    Er trägt einen grauen Anzug. Oscar Jacobson, nicht übermäßig teuer, aber auch kein billiges Zeug. Seit er ein Mann geworden ist, hat er sich in dieser gehobenen Mittelschicht halten können, der oberen Mittelklasse, die vielleicht nicht die breiteste, aber die sicherste ist, nach oben und unten kaum durchlässig. Er weiß nicht, wie es von der Seite ist, in die Richtung hat er nie geschaut, wollte er nie schauen.
    Sein Haar schimmert blau im Fahrstuhllicht. Seine Augen wirken kalt, das ist ihm noch nie aufgefallen. Seltsam, er hat das Gefühl, zum ersten Mal in seine neuen Augen zu blicken, als würde auf der anderen Seite des Spiegelglases ein anderer stehen. Du bist kein anderer, denkt er, du bist Peter Mattéus. Du bist jetzt nur noch Peter Mattéus. Während er seinen Namen denkt, bewegt er
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