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Die Prophezeiung des Adlers

Die Prophezeiung des Adlers

Titel: Die Prophezeiung des Adlers
Autoren: Simon Scarrow
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mein Gepäck an Land absetzen.«
    »So ohne Weiteres?« Der Kapitän lächelte. »Darüber muss ich nachdenken … «
    »Kapitän! Kapitän!«
    Achtern entstand Unruhe, als ein Pirat aus einer Luke gestürmt kam, die vom Passagierbereich heraufführte. Er trug etwas, das in ein schlichtes Baumwolltuch eingeschlagen war. Er hob es hoch.
    »Kapitän, schau nur! Schau dir das an!«
    AllewandtensichdemzumBugrennendenMannzu,dernunaufdieKniefiel,dasBündelvorsichtigniederlegteunddieStofffaltenzurSeiteschlug.DarunterkameinekleineTruhezumVorschein,dieauseinemglattendunklen,fastschwarzenHolzgefertigtwar.AnihremSchimmererkannteman,dasssieschonaltwarundvieleHändesieliebkosthatten.DasHolzwardurchGoldbänderverstärkt.WodieBändersichkreuzten,warenkleineKameenausOnyxindasGoldeingelassen,AbbilderdermächtigstengriechischenGottheiten.EinkleinesSilberschildaufdem Deckel trug die Aufschrift: »M. Antonius hic fecit.«
    »Marcus Antonius?« Einen Augenblick lang verlor sich der Piratenkapitän in Bewunderung für den schönen Gegenstand, dann aber meldete sich sein Geschäftsgeist, er schätzte den Wert und blickte den Römer an.
    »Deines?«
    Das Gesicht von Caius Caelius Secundus war ausdruckslos.
    »Nun gut, also nicht deines … aber in deinem Besitz. Ein kleines Meisterwerk. Es muss ein Vermögen wert sein.«
    »Das ist es«, räumte der Römer ein. »Und du kannst es haben.«
    »Oh … kann ich das?«, gab Telemachos mit feiner Ironie zurück. »Das ist aber sehr freundlich von dir. Ich werde die Gabe wohl annehmen.«
    Der Römer neigte huldvoll den Kopf. »Gestatte mir nur, den Inhalt zu behalten.«
    Der Kapitän sah ihn scharf an. »Den Inhalt?«
    »Ein paar Bücher. Etwas, das ich lesen kann, während für das Lösegeld gesorgt wird.«
    »Bücher? Was für Bücher würde man wohl in einem solchen Behältnis aufbewahren?«
    »Einfach nur Chroniken«, erklärte der Römer rasch. »Nichts, was dich interessieren könnte.«
    »Das lass mich mal selbst beurteilen«, gab der Kapitän zurück und beugte sich vor, um die Truhe genauer in Augenschein zu nehmen.
    Vorne befand sich ein kleines Schlüsselloch, und die Truhe war so raffiniert gearbeitet, dass nur eine ganz feine Linie erkennen ließ, wo der Deckel auf dem unteren Teil des Kastens auflag. Der Kapitän blickte auf.
    »Gib mir den Schlüssel.«
    »D-den habe ich nicht.«
    »Keine Spielchen, Römer. Ich will den Schlüssel, und zwar sofort. Oder wir verfüttern dich gleich scheibchenweise an die Fische.«
    EinenAugenblicklangerwidertederRömernichtsundregtesichnicht.Dannblitzteetwasglitzerndauf,undderArmdesKapitänsschwanghoch.DieSpitzeseinesSchwertsverharrteeinenFingerbreitvorderKehledesRömers,soruhigundfest,alshättesiesichniebewegt.DerRömerzucktezurück,undjetztließerendlichseineAngsterkennen.
    »Den Schlüssel … «, sagte Telemachos leise.
    Secundus ergriff den Ring mit den Fingern seiner anderen Hand und mühte sich, ihn abzuziehen. Er saß fest, und seine manikürten Fingernägel rissen die Haut auf, als er versuchte, ihn zu lösen. Schließlich riss er den Ring, den das Blut inzwischen gleitfähiger machte, mit einem angestrengten, schmerzerfüllten Stöhnen ab. Er zögerte einen Augenblick und hielt ihn dann dem Piratenkapitän hin. Seine geballte Faust öffnete sich langsam und gab das auf seiner Handfläche liegende Goldband frei. Nur, dass es sich nicht um einen einfachen Ring handelte. Auf der Unterseite ragte parallel zum Finger ein schmaler, fein gearbeiteter Schaft hervor. Dessen Spitze wies eine verzierte Vorrichtung auf.
    »Da.« Die Schultern des Römers sackten besiegt nach unten. Der Piratenkapitän ergriff den Ring und führte den Schaft zum Schloss. Der Schlüssel ließ sich nur auf eine einzige Art einführen, und er mühte sich eine Weile, bevor es ihm gelang, den richtigen Winkel zu finden. Unterdessen drängte sich der Rest der Besatzung um ihn, um zu sehen, was vor sich ging. Der Schlüssel fand ins Schloss, und der Kapitän drehte ihn herum. Es klickte leise, und der Deckel ging ein winziges Stück auf. Mit gierigen Fingern klappte Telemachos den Deckel ganz auf, sodass man den Inhalt sah.
    Er runzelte die Stirn. »Schriftrollen?«
    In der kleinen Truhe lagen drei große Schriftrollen mit Griffstäben aus Elfenbein, die in weichen Lederhüllen steckten. Die Schutzmäntel waren so verblasst und fleckig, dass der Kapitän die Bücher für antiquiert hielt. Er sah sie enttäuscht an. Eine Truhe wie diese hätte einen Schatz an Edelsteinen oder
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