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Die Prophetin

Die Prophetin

Titel: Die Prophetin
Autoren: wood
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Felsen. Der ständige Wind am Golf schien plötzlich stärker zu werden. Die beiden Amerikaner und die wartenden Araber glaubten, ein merkwürdiges Pfeifen zu hören. Es klang wie zischender Dampf. Über ihren Köpfen kreiste ein Falke und stieß einen schrillen Schrei aus. Catherine lief ein Schauer über den Rücken.
    Hungerford räusperte sich und blickte wieder auf das Fragment. »Ist es etwas wert?«
    Catherine hob die Schultern. »Das hängt von seinem Alter ab.« Sie sah ihn nicht an. »Und davon, was auf dem Papyrus steht.«
    »Können Sie es lesen?«
    »Dazu muß ich in mein Zelt, um es mir genauer anzusehen. Die Buchstaben sind verblaßt, und der Papyrus ist an einigen Stellen bereits brüchig. Außerdem wäre es hilfreich, wenn wir den Rest finden würden.« Sie deutete noch einmal auf den gezackten unteren Rand.
    »Also gut!« Hungerford setzte den Schutzhelm wieder auf. »Wir werden sehen, woher es kommt. Fünf ägyptische Pfund für den Mann, der mehr von dieser Art Papyrus findet. Yallah, Leute!« Die Männer durchsuchten die nähere Umgebung. Das Geröll bestand in erster Linie aus Kalkstein und Schiefer. Plötzlich fand einer der Arbeiter etwas unter einem Stein. Alle stürzten sich darauf. Aber es war nur die Titelseite der International Times von vor zwei Tagen. Vermutlich hatte sie der Wind aus einem Touristenhotel hergetragen. Catherine sah die Schlagzeile: ›JAHRTAUSEND-FIEBER!‹
    Darunter stand fett gedruckt: ›Das Ende? Weltuntergang in zwanzig Tagen!?‹
    Ein Photo zeigte den Petersdom in Rom, wo sich bereits viele Menschen zu Tag- und Nachtwachen versammelten und darauf warteten, daß die Glocken das neue Jahrtausend einläuteten. In weniger als drei Wochen würde das Jahr 1999 enden und das Jahr 2000 beginnen.
    Die Araber fanden zwischen den Steinen Stücke eines Hanfseils und Stoffreste. Als sich Catherine das brüchige Gewebe ansah, wußte sie, daß es ebenfalls sehr alt war.
    Sie betrachtete noch einmal das Fragment, und wieder fiel ihr Blick auf das Wort: ›Jesus‹. Was haben wir gefunden?
    »Wir müssen den Platz freiräumen«, sagte sie mit belegter Stimme, und wieder lief ihr ein Schauer über den Rücken. Die Augen der Araber waren auf sie gerichtet. Sie wissen es!
    Catherines Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Hungerford und sie durften die Männer nicht mehr aus den Augen lassen. Wenn sich die Nachricht von einem ›Jesus-Fragment‹, wie Hungerford leichtsinnig laut gesagt hatte, verbreitete, würde bald jeder Beduine im Umkreis von fünfzig Meilen am Ort der Sprengung erscheinen und sein Zelt aufschlagen. Dann wären alle Artefakte verschwunden, bevor die ägyptischen Behörden einschreiten konnten. Catherine hatte auch das schon erlebt.
    »Wir dürfen unter keinen Umständen etwas von dem Fund verlauten lassen.«
    Hungerford sah sie erstaunt an und nickte dann langsam. »Verstehe…«, brummte er. »Und nun?«
    Catherine wollte mit dem Fragment so schnell wie möglich zu ihrem Zelt. Sie mußte das brüchige Papyrus vor weiteren Schäden bewahren und es so schnell wie möglich übersetzen. Was wird dort stehen außer dem Namen Jesus? »Dr. Alexander!«
    Sie drehte sich um und sah, daß Samir, ihr Aufseher, gerufen hatte. Als er sie erreichte, meldete er in dem klaren Englisch, das er während des Studiums in London gelernt hatte: »Einige Wände sind beschädigt und sechs Gräben eingestürzt.«
    »Das bedeutet, wir haben einen Monat Arbeit verloren!« Catherine warf einen wütenden Blick auf Hungerford, der verlegen lächelte. »Tut mir leid, aber der Fortschritt läßt sich nicht aufhalten. Die Vergangenheit darf der Zukunft nicht im Wege stehen, Frau Doktor.«

    Catherine mochte Hungerford nicht. Sie hatte ihn von Anfang an abstoßend gefunden. Als er vor zwei Monaten mit seiner Mannschaft und dem gesamten Maschinenpark hier erschienen war, hatte er gefragt: ›Was macht eine so hübsche Frau wie Sie ganz allein in der Wüste?‹
    Catherine hatte ihm höflich erklärt, daß sie mit ihrem Ausgrabungsstab und fünfzehn Arbeitern wohl kaum
    ›allein‹ sei. Hungerford hatte anzüglich gelacht und ungerührt erwidert: ›Ach, Sie wissen ganz genau, was ich meine! Eine so hübsche Frau wie Sie braucht einen Mann.‹ Catherine erklärte, sie sei zum Arbeiten hier, aber er antwortete:
    ›Wir sind alle hier, um zu arbeiten. Das heißt doch nicht, daß man nicht hin und wieder Zeit hat, sich zu amüsieren…‹ Wie sich herausstellte, bestand das ›Amüsieren‹ in dem
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