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Die Poison Diaries

Die Poison Diaries

Titel: Die Poison Diaries
Autoren: Maryrose Wood
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sagen.«
    »Einer toten Person, meint er.« Sein Begleiter runzelt die Stirn. »Rede nicht um den heißen Brei herum, Ned, ich will rechtzeitig zum Essen zu Hause sein, und wir haben noch einen weiten Weg vor uns.«
    Eine tote Person.
Damit ist doch wohl nicht Weed gemeint, oder doch? Ich beiße mir auf die Lippe; der Schmerz hilft mir, Haltung zu bewahren.
    Derjenige, der Ned heißt, schluckt und nickt. »Miss Luxton, hier ist vor einiger Zeit ein fahrender Prediger durchgekommen, von der Sorte, die stets zur Reue aufrufen – Sie kennen das ja sicher. Na, wie auch immer, der Mann wurde seit einer ganzen Weile nicht mehr gesehen. Vor einer Woche taucht plötzlich seine Bibel in der Nähe der Kreuzung auf, gut verborgen in einem Dornendickicht. Ein Bauer aus Alnwick hat sie gefunden. Eins seiner Lämmer hatte sich in den Dornen verfangen, und er musste es herausschneiden. Das Ding war ein bisschen mitgenommen vom Regen und der Sonne – die Bibel, meine ich – aber man konnte noch immer den Namen innen auf dem Buchdeckel lesen.«
    Ned macht eine Pause und wischt sich das Gesicht mit einem karierten Tuch aus seiner Tasche ab. »Bitte vergeben Sie mir, Miss. Da ist noch mehr, aber es ist nicht einfach, solche Dinge einer jungen Dame wie Ihnen zu erzählen. Nicht weit von der Bibel entfernt lag … lag …«
    »Ein Haufen Knochen«, beendet Horace den Satz. »Menschliche Knochen. So sauber abgenagt, dass man glauben könnte, es wäre eine Suppe daraus gekocht worden.« Er bohrt sich mit dem schmutzigen Fingernagel zwischen den Zähnen herum, als ob er seine Worte unterstreichen will.
    Das Gesagte erschüttert mich zutiefst. In meinem Herzen fühle ich eine böse Vorahnung. »Die Raben von Hulne Park erledigen ihre Arbeit gut«, sage ich, um meine Angst zu verbergen. »Aber warum sind Sie hier?«
    »Die Wahrheit ist, Miss, dass es uns eigentlich nicht weiter kümmert, was mit diesem Kameraden passiert ist. Tot ist tot, würde ich sagen. Wer will schon den ganzen Unsinn vom Jüngsten Gericht und Höllenfeuer hören? Aber nun ist es so, dass der Prediger eine Frau hat, und beide waren Mitglieder unserer Vereinigung. Zahlende Mitglieder.« Horace schüttelt niedergeschlagen den Kopf. »Und das ist der Grund, warum wir nun diese Untersuchung am Hals haben.«
    »Und das zu dieser Unzeit«, fügt Ned kopfschüttelnd hinzu. »Ausgerechnet während der Ernte.«
    »War es ein Mord?« Ich spreche das Wort aus, als ob ich nichts Grässliches dabei finden würde –
Mord
 – ein Wort, wie jedes andere.
    Horace schnaubt verächtlich. »Na ja, die Knochen eines Menschen fallen ja nicht einfach so vom Himmel, oder?«
    »Gott allein weiß, was geschehen ist.« Ned hebt die Augen himmelwärts. »Und Gott allein übt die letzte Gerechtigkeit. Aber das bedeutet nicht, dass wir uns ganz aus der Sache heraushalten können. Die Vereinigung muss ihre Pflicht erfüllen, Miss Luxton. Und deshalb sind wir hier. Bitte gestatten Sie mir die Frage: Wissen Sie etwas über diesen Vorfall? Aus erster Hand, aus zweiter oder sonst wie?«
    »Nein.«
    »Zur Kenntnis genommen. Wie gesagt, wir stellen diese Fragen allen Leuten in der Gegend. Uns wurde gesagt, dass hier ein junger Mann lebt. Dürfen wir mit ihm sprechen?«
    Ich zögere. »Warum?«
    Sie wechseln einen Blick, ehe Horace antwortet. »Die Witwe des Predigers hat ihren Beitrag bezahlt. Das heißt, dass wir der Sache nachgehen und jemanden anklagen müssen. Wir könnten sie auszahlen, damit sie die Sache auf sich beruhen lässt, aber das würde uns ein Vermögen kosten.«
    Die beiden Männer stehen da und kneten ihre Hüte, während sie auf meine Antwort warten. Langsam nehme ich meinen Schal ab und setze mich. Ich kann nicht anders, denn mir zittern die Knie.
    »Sie suchen also einen armen Schlucker, dem Sie das Verbrechen anhängen können, ja? Egal, ob er schuldig ist oder nicht.« Meine Stimme ist kühl, mein Zorn unüberhörbar – wie sehr ich meinem Vater ähnele!
    »Schuldig, unschuldig – warum so kleinlich sein?« Horace grinst. »Es war doch gewiss ein Unfall, egal, was geschehen ist. Vielleicht hat ein Wort das andere gegeben, es gab eine kleine Rangelei und der Prediger landete mit einer blutigen Nase im Dreck. Ihr Freund geht seiner Wege, wie jeder von uns es getan hätte, und das war’s. Wie hätte er ahnen sollen, dass der Prediger an einem so leichten Stoß stirbt?«
    Wie um seine Worte zu demonstrieren, verpasst Ned Horace einen leichten Klaps auf den Kopf. Horace
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