Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Pest Zu London

Die Pest Zu London

Titel: Die Pest Zu London
Autoren: Daniel Defoe
Vom Netzwerk:
mieten. Einmal wollte ich mich schon zu Fuß auf den Weg machen, mit einem einzigen Diener; wir hatten vor, nicht in den Herbergen zu übernachten, sondern, wie das viele taten, ein Militärzelt mitzuführen und im Freien zu schlafen, das Wetter war ja so warm, wir hätten uns vor Erkältung nicht zu fürchten brauchen.
Wenn ich sage: wie es viele taten, so meine ich: einige kamen endlich darauf, besonders wer im letzten Kriege, der noch nicht sehr lange zurücklag, im Heer gedient hatte; und ich muß, um auch von Nebenumständen zu sprechen, hinzufügen: hätten mehr Leute, die unterwegs waren, dies getan, dann wäre die Pest nicht in so viele Häuser und Städte auf dem Lande gebracht worden, wie es, zum großen Schaden, ja zum Untergang einer großen Anzahl von Menschen, geschah.
Aber dann hatte mich der Diener, den ich mitnehmen wollte, hintergangen; entsetzt über das Anwachsen der Seuche und im Ungewissen, wann ich abreisen würde, hatte er sich eines anderen besonnen und mich im Stich gelassen, und so saß ich für diesmal fest; und auf diese oder jene Art mußte ich erleben, daß immer irgend etwas dazwischen kam, wenn ich mir einen Reisetermin gesetzt hatte, und ich mußte ihn immer wieder verschieben; und das bringt mich auf einen Gedanken, der mir sonst vielleicht wie eine nutzlose Abschweifung erschienen wäre, ich meine den Gedanken, diese Durchkreuzungen meines Vorhabens könnten vom Himmel stammen.
Ich erwähne dieses auch, weil ich niemandem eine bessere Art des Vorgehens in einem solchen Falle anraten kann – besonders wenn einer sich aus seiner Pflicht ein Gewissen macht und für einen guten Rat empfänglich ist –, als nämlich ein Augenmerk darauf zu haben, welche besonderen Vorsehungen ihm zu der Zeit zustoßen, und diese als ein Ganzes zu betrachten, da sie miteinander in Zusammenhang stehen und alle gemeinsam auf die Frage hinzielen, die zu lösen ist; so verstanden mag er sie dann mit Sicherheit als Eingebungen des Himmels nehmen, die ihm sagen, was zu tun in seinem Falle seine fraglose Pflicht sei; ich meine das für solche Fragen, wie und ob man fortgehen solle oder bleiben, wenn der Ort, an dem man wohnt, von einer ansteckenden Seuche heimgesucht wird.
Es ging mir eines Morgens, als ich darüber nachsann, mit großer Heftigkeit auf, daß, so wie uns nichts ohne die Fügung oder Zulassung der Göttlichen Macht widerfährt, auch diese Durchkreuzungen meiner Pläne etwas Außergewöhnliches an sich haben müßten; und daß ich erwägen sollte, ob sie nicht deutlich darauf hinwiesen oder mir eingäben, es sei der Wille des Himmels, daß ich nicht fortgehen solle. Dem folgte unmittelbar der Gedanke, daß, wenn es wirklich von Gott kam, daß ich bleiben solle, Er auch imstande sei, mich inmitten von allem Tod und aller Gefahr, die mich umgeben würden, sicher zu bewahren; und daß, wenn ich versuchte, durch Flucht von meinem Wohnort mein Leben zu retten, und das entgegen diesen Eingebungen, die ich für göttlichen Ursprungs hielt, es gewissermaßen eine Flucht vor Gott sein würde, und daß mich Sein Gericht ereilen könnte, wann immer oder wo immer Ihm gutdünkte.
Diese Überlegungen kehrten meinen Entschluß wieder völlig um, und als ich meinen Bruder aufs neue traf, sagte ich ihm, daß ich geneigt sei zu bleiben und mein Schicksal auf dem Platz, auf den Gott mich gestellt habe, zu erwarten, und daß ich dies aus den Gründen, die ich eben dargelegt habe, für meine ganz persönliche Pflicht erachte.
Mein Bruder, obschon selbst ein tief religiöser Mann, lachte mich aus, als ich vorbrachte, dies könne eine himmlische Eingebung sein, und er erzählte mir einige Geschichten über solche seiner Ansicht nach dummdreisten Leute, wie ich einer sei; dann nur, meinte er, müßte ich mich dem als einer himmlischen Fügung unterwerfen, wenn ich durch Krankheit oder Leiden verkrüppelt worden wäre; wenn ich dann außerstande wäre zu gehen, wäre es angebracht, mich im Hinblick auf Ihn, der als mein Schöpfer ein unbestreitbares Hoheitsrecht über mich ausübe, mit meinem Geschick abzufinden, und nur in einem solchen Falle hätte man ohne Bedenken sagen können, was der Ruf Seiner Vorsehung sei und was nicht; aber daß ich nur aus dem Grunde, weil ich kein Pferd für die Reise bekommen konnte oder weil mein Begleiter weggelaufen war, von einer Eingebung des Himmels, die Stadt nicht zu verlassen, spreche, das sei einfach lächerlich; ich hätte ja doch gesunde Glieder und andere Diener und es werde
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher