Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Pest Zu London

Die Pest Zu London

Titel: Die Pest Zu London
Autoren: Daniel Defoe
Vom Netzwerk:
ein besonderes Zeichen göttlicher Rache erblicken, dafür, daß sie das Volk in die Grube der Vernichtung geführt hätten, nur um des kleinen Geldgewinns willen, den sie dabei ergatterten; aber ich kann wieder nicht so weit gehen. Daß mehr als genug von ihnen starben, ist sicher; viele davon kamen zu meiner eigenen Kenntnis; aber daß sie alle hinweggefegt wurden, möchte ich sehr bezweifeln. Ich glaube eher, sie sind aufs Land geflüchtet und haben ihre Tricks an den Leuten dort versucht, die ja in banger Furcht lebten, bevor die Pest zu ihnen kam.
Das jedoch ist gewiß: Keiner von ihnen ließ sich eine ganze Weile lang in oder bei London sehen. Es gab zwar einige Ärzte, die auf gedruckten Handzetteln ihre verschiedenen medizinischen Präparate anpriesen, um den Körper, wie sie es nannten, zu entschlacken; das sei, so behaupteten sie, nach der Pest für solche Leute, die heimgesucht und gesund geworden waren, notwendig; hingegen war es, glaube ich, die Meinung der hervorragendsten Ärzte der damaligen Zeit, daß die Pest schon selbst eine ausreichende Entschlackungskur war und daß alle, die lebend durchgekommen waren, keine Medizin zur weiteren inneren Körperreinigung benötigten, da die eiternden Wunden und die Geschwüre, die auf Anordnung der Ärzte zum Aufgehen gebracht und offengehalten wurden, das zur Genüge besorgt hätten; und daß alle anderen Krankheiten und Krankheitsstoffe auf diese Art wirksam entfernt worden seien; und da die Ärzte dies überall, wo sie hinkamen, als ihre Meinung kundtaten, blieb den Quacksalbern wenig Geschäft zu machen.
Es ereigneten sich da allerdings einige kleine Aufregungen nach dem Abklingen der Pest; ob man es mit Absicht darauf angelegt hatte, die Bevölkerung in Schrecken und Aufruhr zu versetzen, wie einige es vermeinten, kann ich nicht sagen; aber man kündigte uns des öfteren an, die Pest werde um die und die Zeit zurückkehren. Der berühmte Solomon Eagle, der nackte Quäker, von dem ich schon sprach, prophezeite jeden Tag neue Übel; und verschiedene andere erklärten uns, London sei noch nicht genügend gezüchtigt worden und schlimmere und heftigere Schläge stünden noch bevor. Hätten sie es damit genug sein lassen oder hätten sie sich zu Einzelheiten herabgelassen und uns gesagt, die Stadt werde im nächsten Jahr durch Feuer vernichtet werden, dann hätte man es uns nicht verdenken können, wenn wir ihren prophetischen Geistern dann, als wir die Erfüllung der Voraussagungen erlebten, mehr als gewöhnliche Achtung erwiesen hätten; auf jeden Fall hätten wir mehr aufhorchen und ernsthafter nachforschen sollen, was sie wohl meinten und woher sie ihr Vorauswissen hatten.
Aber da sie uns nur immer wieder von einem Rückfall in die Pest sprachen, haben wir seither nicht viel mit ihnen im Sinn; dennoch hielten sie uns mit ihrem häufigen Geschrei in einem Zustand ständiger Besorgnis und wenn jemand plötzlich starb oder irgendwann einmal das Fleckfieber zunahm, gerieten wir sogleich in Schrecken; noch mehr freilich, wenn die Zahl der Pestfälle wieder anstieg, denn bis zum Ende des Jahres gab es noch in der Woche 200 bis 300 Pesttote. Bei jeder solchen Gelegenheit, sage ich, fielen wir von neuem in Angst.
Diejenigen, die sich noch an die Londoner City vor dem Brande erinnern, müssen auch noch wissen, daß es damals den Platz, der jetzt Newgate Market heißt, nicht gab, sondern daß in der Mitte der Straße, die jetzt Blowbladder Straße heißt (sie erhielt ihren Namen von den Metzgern, die dort immer ihre Hammel schlachteten und ausnahmen und dabei, so scheint es, die Gewohnheit hatten, ihr Fleisch mit Schläuchen aufzublasen, um es dicker und fetter aussehen zu lassen als es war, und dort dafür vom Lordbürgermeister bestraft wurden) – ich sage, von dem Ende dieser Straße bis zum Newgate hin standen zwei lange Reihen von Buden, in denen Fleisch verkauft wurde.
Es war in diesen Verkaufsbuden, daß zwei Personen beim Einkauf von Fleisch tot zu Boden fielen und damit Anlaß für das Gerücht gaben, daß alles Fleisch infiziert sei. Obwohl dies den Leuten einen Schrecken eingejagt haben mochte und das Marktgeschäft für zwei oder drei Tage verdarb, so stellte sich doch hinterher ganz klar heraus, daß an dem Gerede kein wahres Wort war. Aber wer kann etwas dafür, wenn ihn die Furcht so ergriffen hat, daß sein Geist ganz davon besessen ist!
Es gefiel jedoch Gott, das Winterwetter anhalten zu lassen und die Gesundheit der Stadt soweit wiederherzustellen,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher