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Die Peperoni-Strategie

Die Peperoni-Strategie

Titel: Die Peperoni-Strategie
Autoren: Jens Weidner
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Nein?«) – in diesen Fällen würden sie sich den aufdringlichen Argumentationen ihres Gegenübers unterlegen fühlen. Widersprechen ist aber wichtig, gerade wenn Sie bedrängt werden oder Kollegen, Mitarbeiter, Vorgesetzte versuchen, Ihre Karriere zu torpedieren.
    Machtspieler (und übrigens auch Gewalttäter) lieben Opfer mit dem geringsten Widerstand. Nur wenn Sie sich wehren, können Sie der Opferrolle entgehen!

Der schmale Grat zwischen Selbstaufgabe und Egozentrik
    In Bertolt Brechts Parabelstück
Der gute Mensch von Sezuan
kann sich die Protagonistin Shen Te keinem um Hilfe flehenden |26| Menschen verschließen. Bis zur Selbstaufgabe opfert sie sich in ihrem Helfersyndrom auf. Um dem eigenen finanziellen Ruin zu entgehen, erfindet sie in letzter Not den hartherzigen und skrupellosen Cousin Shui Ta, in dessen Maske sie Bittstellern entgegentritt, um ihre Interessen zu wahren. Nur durch diese Persönlichkeitsspaltung gelingt ihr das Überleben. Eine extreme Strategie, die letztlich keine Lösung ist. Brechts Theaterstück endet mit den bekannten Worten:
     
    »Wir stehen enttäuscht und sehn betroffen
    den Vorhang zu und alle Fragen offen.«
     
    Shen Te symbolisiert die grenzenlose Güte, und Shui Ta steht für das egoistische Prinzip – und irgendwo dazwischen liegt das richtige Maß, das den Menschen davor schützt, als Opfer unterzugehen oder als Täter Schuld auf sich zu laden.
    Eine weitere prominente literarische Figur, die das Dilemma zwischen Selbstaufgabe und rücksichtsloser Egozentrik anspricht, ist der Mephistopheles aus Johann Wolfgang Goethes Drama
Faust
. Teuflisch-geistreich nimmt dieser die Begrenztheit menschlichen Handelns ins Visier, »wenn sich der Mensch, die kleine Narrenwelt, gewöhnlich für ein Ganzes hält«. Der Mensch ist eben nicht nur gerecht, und vieles gut Gemeinte hat schon zu großem Elend geführt. Diese Paradoxie ist Mephistos Leitidee. Er versteht sich als
     
    »ein Teil von jener Kraft,
    die stets das Böse will und stets das Gute schafft.«
     
    Das mephistophelische Prinzip greift der Philosoph und Medientheoretiker Norbert Bolz heute auf, wenn er den notwendigen gesellschaftlichen Strukturwandel mit dem Begriff des |27| »Machiavelli-Consultings« auf die Spitze treibt. Er spricht provokant von den Strategien des Bösen und von der schöpferischen Zerstörung als eigentlicher unternehmerischer Leistung, die auch Unberechenbares auslöst und damit erst Neues und Innovatives ermöglicht. Das mephistophelische Prinzip attackiert jene Besitzstandswahrer in Unternehmen, die Innovationen immer ausbremsen.
    Wer Biss hat, Nein sagen kann und nicht, wie im Helfersyndrom, ständig Unterstützung signalisiert, der schützt sich davor, ein Opfer der Übervorteilung und Ausbeutung zu werden. Der erlangt außerdem viel mehr Respekt.
    Nein sagen kann man lernen, ebenso die Stärke, sich durchzusetzen. Und warum sollten wir nicht sogar noch einen Schritt weitergehen und Spaß daran finden, unsere Interessen zu vertreten? Sind Sie dazu bereit oder unterliegen Sie dem Einfluss der Ethikfrage, die Ihnen – mit dem Kognitionspsychologen Kohlberg gesprochen – die postkonventionelle Moral abverlangt? Kohlberg betont, dass wir uns an den Menschenrechten und Kants kategorischem Imperativ orientieren sollen: »Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.« Oder etwas salopper: Was du nicht willst, dass man dir tu, das füge auch keinem anderen zu!
    Eine wunderbare Handlungsmaxime, wenn alle Menschen Engel wären und sich daran hielten. Aber: »Glaubt man ausschließlich an das Gute im Menschen, wird dieses irreführende rosige Licht zur bitteren Enttäuschung führen«, mahnt selbst der Sozialphilosoph Erich Fromm, der als Protagonist des Guten in die Geschichte eingegangen ist. Der naive Glaube an die unbedingte Nächstenliebe verführt zur Selbstaufgabe im Helfersyndrom. Und die kann, wie wir oben schon gesehen haben, in den eigenen Ruin führen.
    |28| Einen Ausweg aus dem Dilemma zwischen Selbstaufgabe und Egoismus bietet ein bestimmter Bereich der Ethik: die sogenannte Strebensethik. Während die Pflichtethik uns vorschreibt, wie wir zu handeln haben, uns feste Maximen und Werte an die Hand gibt, will die Strebensethik beraten, besonders in den Situationen, in denen wir selbstverantwortlich agieren müssen. Die Strebensethik will zur Selbstkompetenz, zum Lebenkönnen befähigen. Sie rät uns zum Beispiel, in
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