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Die Pension Eva

Die Pension Eva

Titel: Die Pension Eva
Autoren: Andrea Camilleri
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sich aus ihrer Umarmung zu lösen, um ihr ins Gesicht zu sehen.
    Doch Angela ließ ihn nicht los.
    »Sie wollen mich verloben, aber ich will diesen Marco nicht heiraten«, flüsterte sie, und er spürte ihre Tränen an seinem Hals.
    »Aber du musst ihn doch nicht heiraten.«
    »Doch.«
    »Und wieso?«
    »Weil … weil er mich rumgekriegt hat, mit ihm zu schlafen. Das war an einem Tag, als …«
    Doch Nenè hörte schon nicht mehr, was sie sagte.
    Denn er hatte eine Veränderung an seinem Körper wahrgenommen, in dem Moment, als Angela ihm offenbart hatte, dass sie einem anderen gehört hatte. Er fühlte, wie ihm das Blut schwer und zugleich rasend schnell durch die Adern floss, sich dann an der einen Stelle da unten sammelte und verzweifelt danach drängte, aus seinem Körper herauszusprudeln. Bedeutete das, ein Mann zu werden? Dieser Drang des Blutes, der wehtat, so stark war er?
    Ohne zu begreifen, was er tat, schob er Angela von sich, fasste sie bei den Schultern und streifte ihr die Träger ihres Kleides von den Schultern, sodass es zu Boden glitt.
    Instinktiv bedeckte Angela, die nun nackt dastand, mit dem einen Arm ihre Brust und mit der anderen Hand ihre Scham.
    »Nein … nein«, sagte sie mit eigentümlich belegter Stimme. »Das können wir nicht mehr tun.«
    »Ich will dich nur ansehen«, sagte Nenè, und auch seine Stimme klang ganz anders als sonst. »Nimm den Arm weg.«
    Wie sehr hatte er sich nach dem Tag gesehnt, an dem er zwei echte Frauenbrüste betrachten würde! Ihm reichten die Zeichnungen von Doré nicht mehr und auch das nicht, was Ariosts Verse seiner Phantasie einflüsterten:
     
    Der Milch sind ihre Brüstchen zu vergleichen,
    Wann sie so eben dem Gefäß entquillt.
     
    Angela ließ ganz langsam den Arm sinken. Ach, wer sprach denn von Milch? Von weißem Ricotta? Angelas Brüste waren braun und rosa und fest wie Marmor.
    Erschöpft sank er auf einen Stuhl. Angela blieb regungslos vor ihm stehen. Nenè sah sie weiterhin an, auch wenn ihr Anblick bisweilen vor seinen Augen verschwamm. Ja, alles andere entsprach der Beschreibung:
     
    Die schlanken Seiten und die schönen Lenden,
    Der ebne Leib, die weiße Hüfte, schien
    Geformt von Phidias’ kunstreichen Händen,
    Wenn nicht von anderen, ihm noch vorzuziehn.
     
    Er schluckte zweimal, seine Kehle verlangte nach Luft und Wasser.
    »Nimm die andere Hand weg«, sagte er mit belegter Stimme.
    »Nein.«
    »Nimm sie weg!«
    Ohne es zu merken, hatte er geschrien, aber es war kein Befehl, sondern ein Hilferuf. Da nahm Angela auch die andere Hand weg und sah ihm fest in die Augen.
    »Komm näher.«
    Angela ging einen Schritt auf ihn zu, ihre Beine berührten Nenès. Er wollte nicht von seinem Stuhl aufstehen, denn er fürchtete, Angela könne die Wölbung sehen, diese plötzliche Veränderung da unten. Er hob die Arme, legte seine hohle Hand auf ihre Brüste und streichelte sie. Angela schloss die Augen.
    Dann fuhren Nenès Hände langsam über ihre Hüften, verweilten über dem V, das aussah, als wäre es schwarz angemalt worden. Er ließ den Zeigefinger vorsichtig darüber kreisen, bis seine rechte Hand zwischen die Beine des Mädchens drang. Er spürte eine feuchte Wärme. Irgendwann bewegte sich die Hand von allein, ohne dass Nenè es ihr befohlen hätte, ganz leicht vor und zurück.
    Angelas Atem ging schwer, Nenès dagegen glich dem Zischeln einer Schlange.
    Plötzlich machte Angela eine Bewegung, sodass Nenè die Hand nicht mehr gerade halten konnte. Dann warf das Mädchen den Kopf nach hinten und stöhnte mit geschlossenen Lippen.
    »Tue ich dir weh?«
    »Nein«, sagte Angela. »Aber jetzt ist es genug.«
    Und mit beiden Händen hielt sie sein Handgelenk fest und trat einen Schritt zurück. Nenè hatte sich vornübergebeugt, der Schmerz war unerträglich geworden. Er war von unten bis in seine Brust hinaufgewandert und hinderte ihn zu sprechen.
    Im Nu hatte Angela das Unterkleid wieder angezogen. Sie beugte sich über ihn, küsste ihn auf die Lippen, so wie es die Schauspieler im Kino taten, und stützte sich, wie zufällig, genau auf seine schmerzende Schwellung.
    »Addio«, sagte sie.
    Und ging weg.
    Nenè lief ins Bad, drehte den Wasserhahn auf und setzte sich in die Wanne, wobei er das Wasser nicht an seine rechte Hand kommen ließ, die er immer wieder an die Nase führte, um noch einmal Angelas Duft zu riechen. Während das Wasser eiskalt über ihn rann, fing er an zu singen. Der Stolz, dass er zum Mann geworden war, überwog bei weitem
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