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Die Päpstin

Titel: Die Päpstin
Autoren: Aufbau
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verbergen.
    Gudrun nickte; dann kehrte sie das Gesicht der Wand zu. Der Dorfpriester drehte sich um und wollte gehen, hielt dann aber
     kurz inne und warf einen Blick auf das Neugeborene, das bereits sicher und behaglich auf seiner strohgedeckten Pritsche lag.
    »Johanna. Sie soll den Namen Johanna tragen«, verkündete er und verließ abrupt das Zimmer.

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    |17| 1. 
    Ganz in der Nähe des Grubenhauses grollte Donner, und das kleine Mädchen erwachte. Es bewegte sich in seinem Bett und suchte
     die Wärme und Behaglichkeit, die von den Körpern seiner schlafenden älteren Brüder ausgingen. Dann fiel es dem Mädchen wieder
     ein: die Brüder waren fort.
    Regen prasselte; Donner krachte. Ein heftiges Frühlingsgewitter tobte und erfüllte die Nachtluft mit dem süßsauren Geruch
     feuchter, frisch gepflügter Erde. Der Regen trommelte laut auf das Dach der Hütte des Dorfpriesters, doch das dicht verwobene
     Stroh hielt das Innere trocken, sah man von den ein, zwei Stellen in den Zimmerecken ab, in denen das Wasser sich sammelte,
     um dann in dicken, schweren Tropfen träge auf den festgestampften, lehmigen Fußboden zu klatschen.
    Der Wind frischte auf, und eine Eiche, die neben der Hütte stand, begann unrhythmisch gegen die Wände zu klopfen. Der Schatten
     ihrer Äste fiel ins Zimmer. Das Mädchen betrachtete gebannt, wie die riesenhaften dunklen Finger an den Bettkanten zu zerren
     schienen. Dann griffen sie plötzlich gierig nach dem Kind, und es schrak zurück.
    Mama!
dachte das kleine Mädchen ängstlich und öffnete den Mund, um die Mutter zu rufen, hielt dann aber inne. Falls es ein Geräusch
     machte, würde die drohende schwarze Hand es packen und zerquetschen. Das Mädchen lag wie erstarrt da, beobachtete voller Entsetzen
     das Zucken der Blitze und brachte weder den Mut noch die Willenskraft auf, sich zu bewegen. Dann aber reckte es voller Entschlossenheit
     das kleine Kinn vor. Es
mußte
getan werden; also
würde
Johanna es tun. Sie bewegte sich mit größter Langsamkeit und nahm nicht für einen Moment den Blick vom Feind, als sie aus
     dem Bett kroch. Ihre Füße spürten die kalte Oberfläche des Fußbodens, und dieses vertraute Gefühl gab dem Mädchen Sicherheit. |18| Dennoch wagte es kaum zu atmen, als es sich in Richtung der Trennwand bewegte, hinter der seine Mutter lag und schlief. Ein
     Blitz zuckte auf; die Finger des Ungeheuers bewegten sich wieder, wurden länger, griffen nach Johanna. Mit Mühe unterdrückte
     sie einen Schrei, und vor Anstrengung schmerzte ihr die Kehle. Sie zwang sich, nicht wild loszurennen, sondern sich langsam
     und vorsichtig zu bewegen.
    Sie hatte ihr Ziel fast erreicht, als plötzlich eine Salve von Donnerschlägen über ihr krachte. Im selben Moment wurde sie
     von irgend etwas berührt, das hinter ihr stand. Sie kreischte; dann warf sie sich herum, flitzte hinter die Trennwand und
     kippte dabei den Stuhl um, auf den sie sich geflüchtet hatte.
    In diesem Teil des Hauses war es dunkel und still; das kleine Mädchen hörte nur das regelmäßige Atmen seiner Mutter. Am Geräusch
     konnte es erkennen, daß die Mutter tief und fest schlief, zumal das Poltern des Stuhles sie nicht geweckt hatte. Rasch ging
     das Mädchen zum Bett, hob die Wolldecke an und kroch schnell darunter.
    Gudrun lag auf dem Rücken; ihre Lippen waren leicht geöffnet. Das Mädchen kuschelte sich an den Körper der Mutter und spürte
     die wohltuende Wärme und Weichheit ihrer Haut durch das dünne Hemdkleid aus Leinen.
    Gudrun gähnte und drehte sich im Halbschlaf auf die Seite. Von der Berührung geweckt, schlug sie die Augen auf und blickte
     schläfrig auf das Kind. Dann erwachte sie vollends und umarmte ihre Tochter.
    »Johanna«, schimpfte sie leise, wobei ihre Lippen das weiche Haar des Mädchens berührten. »Du solltest längst schlafen, mein
     Kleines.«
    Hastig sprudelte Johanna ihre Geschichte hervor und erzählte der Mutter mit hoher, vor Anspannung atemloser Stimme von der
     Riesenhand.
    Gudrun hörte zu, tätschelte und streichelte ihre Tochter, drückte sie an sich und sprach mit leiser Stimme beruhigend auf
     sie ein, wobei sie ihr sanft mit den Fingerspitzen übers Gesicht strich, das in der Dunkelheit nur schemenhaft zu erkennen
     war. Hübsch ist sie nicht, dachte Gudrun reuevoll. Äußerlich kommt sie zu sehr nach
ihm,
mit seinem dicken Hals und den breiten Kiefern. Johannas kleiner Körper war jetzt schon untersetzt und stämmig; ganz anders
     als der der
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