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Die Ochsentour - Mit BUK auf Deutschland Tour

Titel: Die Ochsentour - Mit BUK auf Deutschland Tour
Autoren: Charles Bukowski
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gesehen.«
    »Er wird es finden, Mutter«, sagte Linda.
    Weitere sieben oder acht Minuten. Dann erneut der elfenbeinfarbene Wagen, er parkte.
    »Das ist er!« sagte Serena, »er ist’s!«
    »Das ist Onkel Bernard«, sagte Linda Lee.
    Sie sprangen hoch. Linda drehte sich zu mir.
    »Los, komm und sag >Guten Tag<.«
    »Nein.«
    »Nur >Guten Tag<, los komm...«
    »Nein.«
    Sie liefen nach draußen, um Onkel Bernard zu begrüßen. Geld in der Tasche zu haben ist eins, Blut in den Adern das andere... Ich saß im Sessel in der Halle. Ich wartete eine Viertelstunde, dann fuhr ich mit dem Fahrstuhl hoch. Ich ging in unser Zimmer, zog die Schuhe aus und legte mich im Dunkeln aufs Bett. Blut und Geld, und Rotkäppchen und Tarzan und Annie, die kleine Waise, und Peter und der Wolf und der Einsturz aller Brücken in London und Robin Hood und die Drei Kleinen Schweinchen, die auf den Markt gingen, und die Alte Frau, die in einem Schuh lebte, und so viele Kinder, die sie nicht kannte, und Schneeweißchen und meine Mutter und mein Vater und Stanley Greenburg, der Schulschreck, und mein erster Job und die Platzangst und die tötenden Stunden und Männer in der Fabrik neben mir mit zerkratzten Murmeln statt Augen, ihr einziger Wunsch, den Job zu halten, der sie schon umgebracht hatte, und dann all die Nutten in meinem Bett und in meinen armseligen Autos, Herzen wie Beile, ich, wieder in der katholischen Kirche, wie ich den ganzen Prunk in mich hineinsauge, ihn wieder ausspucke, innehalte, Krazy Kat, die Katzenjammer Jungen, und sie dort unten, wie sie einem reichen Narren den Arsch lecken, mehr des Geldes wegen als des Blutes; das hat der Kommunismus nicht lösen können, die Literatur hat wie immer versagt, und Mord kommt nicht in Frage...
    Ich fing an zu schlafen.
    Linda weckte mich auf, als sie die Tür aufmachte.
    »Dieser Onkel Bernard ist ein ganz schöner Scheißkerl«, sagte sie.

10
    Am nächsten Tag gingen wir zum Bahnhof, um einen Zug nach Mannheim in Deutschland zu finden, wo ich meinen Freund und deutschen Übersetzer, Carl Weissner, besuchen wollte. Wir hatten Eurail-Karten. Wir wollten Platzkarten haben, wußten aber nicht, wann der Zug nach Mannheim abfuhr, also gingen wir zur Information. Da wartete eine lange Schlange. Die von der Information sagten uns, daß sie uns nicht weiterhelfen könnten, wir sollten beim Platzkartenschalter fragen. Wieder eine lange Schlange. Die am Platzkartenschalter sagten uns, wir müßten zur Information gehen, die gäben Auskünfte über Abfahrtszeiten. Dann sahen wir das Eurail-Büro. Dort warteten nur zwei, drei Leute. Wir fragten nach einem Zug nach Mannheim in Deutschland, und wie wir Platzkarten bekommen könnten. Wir sollten zum Informationsschalter gehen. Sämtliche Leute behandelten uns unglaublich von oben herab und wie den letzten Dreck, als seien wir aussätzig oder als würden wir stinken, geistig wie körperlich. Wir schwitzten und waren verkatert, kann sein, daß wir stanken. Ich hätte mich am liebsten lang auf die Straße hingelegt und alles sausen lassen.
    »Paß auf«, sagte ich zu Linda Lee, »wir gehen einfach ins Hotel zurück und trinken Tag und Nacht, trinken einfach, bis alles Geld weg ist und bleiben so lange da, bis sie uns rausschmeißen. Mir hängt alles zum Hals raus.«
    »Nein«, sagte sie, »wir versuchen es noch mal.«
    Dann gingen wir in einen Laden, der mit dem Bahnhof direkt nichts zu tun hatte, und dort erklärte uns eine sehr nette Frau, daß die Fahrpläne auf den Bahnsteigen aushingen, von denen man abfuhr. Warum hatte man uns das nicht bei Eurail, bei der Information oder am Platzkartenschalter sagen können? Wir gingen auf den Bahnsteig und studierten den Fahrplan. Am Nachmittag ging ein Zug nach Mannheim. Wir gingen zum Hotel zurück und packten.

11
    Wir fanden ein Erste-Klasse-Abteil und gingen rein. Die Fahrt dauerte 14 geschlagene Stunden, Onkel Bernard ließ schön grüßen. Im Zug stellten wir fest, daß es weder einen Ausschank gab noch einen Speisewagen, ja selbst nicht einmal den Mann mit dem Getränkewagen. Wir hatten also 14 Stunden vor uns ohne Essen, ohne
    Wasser und ohne einen Tropfen Alkohol; es sollten auch nirgendwo Wagen angehängt werden. Immerhin hatte der Zug Toiletten. Nizza war ein ziemlicher Reinfall gewesen...
    Wir kamen in Mannheim an und riefen Carl vom Bahnhof aus an. »Bin gleich da«, sagte er.
    Er war es auch. Wir fuhren zum Park Hotel und bekamen Suite 218 mit Blick auf den Park, den Wasserturm und die
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