Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Ochsentour - Mit BUK auf Deutschland Tour

Titel: Die Ochsentour - Mit BUK auf Deutschland Tour
Autoren: Charles Bukowski
Vom Netzwerk:
war Serena.
    »Mutter«, sagte Linda, »ich hatte doch zwei Uhr gesagt.« »Aber ich laufe hier schon seit einer Stunde rum«, sagte sie.
    Wir gingen runter und trafen sie.
    »Ich habe die reizendsten Engländer getroffen«, sagte sie, »sie haben mir ein unheimlich nettes Lokal empfohlen.«
    »O. K.«, sagte ich, »laßt uns da hingehen.«
    Das Lokal war irgendwo in einer Seitenstraße, Nähe Victor Hugo, und wir gingen straßauf und straßab, bis wir Victor Hugo fanden, aber dort war das Lokal offensichtlich nicht, wir gingen also in die andere Richtung. Auch dort war das Lokal nicht.
    »Ich weiß nicht«, sagte Serena, »vielleicht haben sie auch ein anderes Lokal gemeint. Laßt uns noch etwas weitersuchen. Sie haben gesagt, das Essen sei köstlich. Macht dir das Laufen was aus?«
    »Laßt uns weitersuchen«, sagte ich.
    Serena hatte den Namen des Lokals auf einem Zettel notiert. Wir marschierten weiter, das Lokal aber tauchte nicht auf. Endlich fanden wir einen Franzosen neben seinem geparkten Auto, ein gutaussehender junger Mann, und Serena zeigte ihm den Namen auf dem Zettel und fragte ihn, ob er wüßte, wo das sei. Er wußte es. Er holte Bleistift und Papier aus dem Handschuhfach und zeichnete uns eine Skizze, nach der wir genau hinkommen mußten. Wir bedankten uns und machten uns auf den Weg. Wir folgten den sechs oder sieben Straßenzügen auf der Skizze, und als wir dort ankamen, war von dem Lokal immer noch keine Spur. In der Zwischenzeit hatten alle Esslokale zugemacht, das ist so bei denen mit warmer Küche.
    Sie machen am Nachmittag zu.
    Wir gingen runter zum Wasser, fanden eine Bank und setzten uns hin. Der Strand war klein, er bestand aus steilen, länglichen Felssteinen, aus vielen kleinen, kein Sand, und die Wellen plätscherten ziemlich müde vom Plätschern und so. Dort gab es eine Menge komischer Gestalten und alter Leute, die auf den Felsen saßen; es war anders als in Amerika, wo nur gutgebaute junge Leute die Strände bevölkern. Dann kam eine Frau auf uns zu und wollte Geld haben, weil wir ja auf den Bänken saßen.
    »Unglaublich«, sagte ich.
    Wir standen auf und gingen runter zu den kleinen, grauen Felsen. Linda sagte:
    »Ich möchte meine Füße mal ins Mittelmeer baumeln lassen!«
    Eine Romantikerin, die Kleine. Sie zog sich die Schuhe aus und ging ins Wasser. Ich setzte mich mit meinem Arsch auf die Felsen. Serena saß neben mir. Sie war ziemlich altmodisch, aber wir kamen miteinander aus. Sie wußte was über mich. Sie wußte, daß ich trotz aller meiner schmutzigen Geschichten hinter der Maske des Sittenstrolch nur meine Schamhaftigkeit verbarg.
    »Oh«, sagte Serena, »ich glaube, ich ziehe am besten meine Strumpfhose aus und stapfe ein bißchen durchs Wasser.«
    »Serena«, sagte ich, »ich glaube, das schickt sich nicht. Ich kann das nicht zulassen.«
    »Du hast wahrscheinlich recht.«
    »Serena, da gibt es kein >Wahrscheinliche «
    Linda Lee plätscherte mit ihren Füßen im verseuchten Mittelmeer herum. Die Frau genoß all das, was mich langweilte, und alles, was ich genoß, langweilte sie. Wir waren ein hundertprozentiges Gespann: was uns zusammenhielt, war die Distanz des Erträglichen und Unerträglichen zwischen uns. Wir trafen uns jeden Tag - und jede Nacht -, ohne daß irgend etwas gelöst worden war und ohne jede Chance für eine Lösung. Vollendet.
    Linda Lee kam aus dem Wasser heraus und nahm Serenas Fotoapparat.
    »Ich mache ein Bild von euch beiden«, sagte sie.
    »Hank«, sagte Serena, »ich glaube, man kann meine Beine sehen. Was meinst du?«
    »Ein bißchen kann man sie ruhig sehen, nur ein bißchen, aber nicht zuviel.«
    »Gut.«
    Dann stand ich auf und knipste Mutter und Tochter. Dann stand Mutter auf und knipste Tochter und alten Mann. Die Leute machten gerne Fotos. Ich verabscheute es nicht. Mir war dabei so, als würde der Prozeß des Sterbens eingeholt, als würde er für einen Augenblick angehalten, ja, und das konnte ganz lustig sein.
    Das Mittelmeer und die Knipserei hatten wir hinter uns. Wir saßen da und warteten. Dann stand ein junges Mädchen auf, sie war etwas pummelig und zog das Oberteil ihres Bikinis aus. Sie hatte gute Apparate. Ich schielte rüber. Linda Lee warf mir immer vor, daß ich nach Frauen schielte. Sie sagte, ich schaute Frauen nie direkt an; zunächst meine ich, Leute haben einen Anspruch auf Privatsphäre, ich beanspruche sie für mich ja auch, und außerdem weiß ich, daß ich ein häßlicher Kerl bin. Da war also immer diese
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher