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Die neuen Weltwunder - In 20 Bauten durch die Weltgeschichte

Die neuen Weltwunder - In 20 Bauten durch die Weltgeschichte

Titel: Die neuen Weltwunder - In 20 Bauten durch die Weltgeschichte
Autoren: Bernd Ingmar Gutberlet
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Menschen wie bei jedem Grashalm. Seit vielen Zehntausend Jahren bestatten die Menschen ihre Toten – Zeichen für eine religiöse Weltsicht, die im physischen Ableben eines Menschen kein absolutes Ende erkennen will. Aus den Grabstätten geht klar hervor, welch wichtige Rolle der Tod im Denken der Menschen spielte, andernfalls hätten sie ihren Verstorbenen weniger Achtung entgegengebracht. Die Verbindung zu den Ahnen war sinnstiftendes Element für Gegenwart und Zukunft.

    Während die »Erfindung« der Religion kaum mehr als nur grob datierbar ist, lässt sich eine weitere bedeutende Wende zeitlich vergleichsweise gut verorten: Um 8000 v. Chr., also vor nunmehr zehn Jahrtausenden, setzte die Epoche der Jungsteinzeit ein, in deren später Phase der Bau von Stonehenge begonnen wurde. Sie dauert in Europa ungefähr bis 2500 v. Chr. und geht dann in die Bronzezeit über. Die Fachleute sprechen vomNeolithikum, und den Meilenstein, an dem die Menschheit damals vorbeizog, bezeichnen manche als die »neolithische Revolution«. Der Begriff ist zwar streng genommen fehl am Platz, weil sich, im Unterschied zum pfeilschnellen Umsturz einer Revolution, die Veränderungen über viele Jahrhunderte vollzogen; andererseits ging da, wenn auch gemächlich, durchaus Revolutionäres vonstatten: Der Mensch entwickelte sich vom Jäger und Sammler zum Bauern und Tierzüchter und wurde dadurch – und vor allem – sesshaft. Sich dauerhaft niederzulassen und an einem festen Ort gestalterisch aktiv zu werden, statt eher reaktiv der Nahrung hinterherzuziehen und wenig Ortsbindung zu entwickeln, war eine grundlegende Vorbedingung für den weiteren Weg des Menschen: Städtebau, Staatenbildung, Hochkultur, Industrialisierung, Moderne. Die Entwicklung zur produzierenden Wirtschaftsweise des Tiere züchtenden Ackerbauern vollzog sich, ausgehend vom Vorderen Orient, in unterschiedlichen Regionen zu unterschiedlichen Zeiten.

    Dieser Entwicklungsschub hatte auch mittelfristig weitreichende Folgen: Der Ackerbau, also der planmäßige Anbau von Pflanzen, die bisher als Wildwuchs gesammelt wurden, verlangte biologische Kenntnisse und neue Werkzeuge, die jetzt nicht mehr nur aus dem Fels geschlagen, sondern aufwendig und mit wachsendem Geschick geschliffen wurden. Für das Leben an einem Ort wurden feste Behausungen gebaut, für die Vorratshaltung geeignete Gefäße hergestellt. In den menschlichen Siedlungen bildete sich eine Arbeitsteilung heraus; die allmähliche Intensivierung der Lebensmittelproduktion schuf Spielraum, manche Menschen von der Sorge um die unmittelbare Existenz frei- und für gemeinschaftliche Arbeiten abzustellen. Die Zeichensymbolik machte Schritte in Richtung Schriftentwicklung. Ackerbau und Viehhaltung ermöglichten eine wachsende Bevölkerung,was zusammen mit der entstehenden Bindung ans eigene Land wiederum Konfliktpotenzial zwischen größeren Menschengruppen schuf – vom stammelnden Höhlenmenschen kann also längst nicht mehr die Rede sein.
    Anfangs waren die Gesellschaften noch von sozialer Gleichheit geprägt, wie an Wohnbauten und Grabbeigaben erkennbar ist. Wann sich Schichten herausbildeten, Autoritäten maßgeblich und Unterschiede wichtiger wurden, ist schwer zu bestimmen. Im Falle von Stonehenge liegt zwar auf der Hand, dass es sich um eine enorme Gemeinschaftsleistung über viele Generationen handelt. Ob die beteiligten Menschen die vielen Millionen Stunden harter Arbeit in das Monument freiwillig oder gezwungenermaßen investierten, lässt sich allerdings nicht mehr klären.

    Diese beiden revolutionären Errungenschaften der frühen Menschheitsgeschichte, Religion und Sesshaftigkeit, ermöglichen eine plausible Einordnung des Steinzeitmonuments Stonehenge, die ohne Zauberer und ähnlich Übermenschliches auskommt. Denn mit dem sesshaften Leben, das so ganz anders war als das beständige Umherziehen vom einen Jagdgebiet ins nächste, vom einen Sammelgebiet ins andere, erfuhr die Religiosität der Menschen eine Veränderung. Während ihre unmittelbaren Vorgänger als Nomaden naturgegebene Orte für religiöse Zwecke nutzten, weil sie ja immer weiterzogen, schufen sich die Bauern des Neolithikums für kultische Zwecke feste Plätze, die sie gestalteten. Und ein bis heute besonders imposanter sind die Steinkreise von Stonehenge in der jahrhundertelang heiligen Landschaft des Salisbury Plain mit ihren vielen weiteren sakralen Stätten.
    Mit dem Übergang zur sesshaften Lebensweise wuchs mit der Bedeutung des
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