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Die netten Nachbarn

Die netten Nachbarn

Titel: Die netten Nachbarn
Autoren: Ephraim Kishon
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Zeitungen?«
    »Ich, ja …«, stotterte der Schuldige. »Irgendetwas habe ich schon gelesen. Aber ich dachte, das bezieht sich nur auf Büroräume.«
    »Dürfen wir eine Bestandsaufnahme durchführen?«, fragte Jossele höflich.
    Wir gingen durch die Wohnung und notierten vier Fauteuils im Wohnzimmer, je zwei Stühle in den beiden Schlafzimmern und einen unter dem Küchentisch versteckten Schemel. Das Ehepaar folgte uns zitternd.
    »Haben Sie vielleicht Eimer im Haus?«, fragte Jossele als nächstes.
    »Ja. Einen.«
    »Kann umgedreht werden und gilt als Notsitz.«
    Jossele notierte den Zuwachs.
    Jetzt wurde der Mann wütend. »Das geht zu weit. Als ob ich nicht schon genug Steuern bezahle.«
    »Was wollen Sie von mir?«, entgegnete Jossele beleidigt. »Ich bin nur ein kleiner Beamter, der seine Anweisungen befolgt. Das Ganze wird Sie ungefähr 270 Pfund kosten.«
    Die Hausfrau, offenbar der ängstlichere Teil des Ehepaars, wollte den Betrag sofort bar bezahlen. Jossele verweigerte jedoch die Annahme des Geldes, er wisse schließlich nicht, wie hoch die Zusatzsumme für das Zahlungsversäumnis wäre.
    Damit verabschiedeten wir uns.
    In der Nachbarwohnung registrierten wir die Schlüssellöcher und belegten sie mit einer jährlichen Steuer von 390 Pfund. Nächste Woche nehmen wir uns die Glühbirnen vor. Von 60 Watt an aufwärts.

Der Fisch stinkt vom Kopfe
    Hätten uns die Stocklers an jenem unglückseligen Donnerstag nicht eingeladen, so wäre ich heute noch ein freier Mensch. Die Stocklers jedoch haben uns eingeladen, und der Anblick, der sich uns gleich beim Betreten ihrer Wohnung bot, benahm uns den Atem. Überall standen traumhaft schöne Aquarien herum, die von innen farbenprächtig beleuchtet waren und deren kleine Bewohner sich offenkundig so wohl fühlten wie Fische im Wasser.
    »Das hat meinem Leben einen neuen Sinn gegeben«, sagte Stockler mit einer von Dankbarkeit vibrierenden Stimme. »Ihr ahnt ja nicht, was für eine himmlische Nervenberuhigung davon ausgeht, sich einfach hinzusetzen und diese kleinen Geschöpfe anzuschauen … nur anzuschauen … nichts weiter …«
    Wir setzten uns einfach hin und schauten die kleinen Geschöpfe an, nichts weiter. Im zweiten Aquarium von rechts entdeckten wir einen ungewöhnlich schönen Fisch, dessen Schuppen in allen Regenbogenfarben glitzerten.
    »Der da?«, Stockler machte eine verächtliche Handbewegung. »Das ist eine der billigsten Sorten. Jeder, der sie hat, will sie loswerden.«
    »Warum?«, fragte meine Frau.
    »Weil es so kindisch einfach ist, sie zu züchten! Hingegen« – und Stockler deutete mit unendlich liebevoller Gebärde auf ein paar ordinäre, reizlos gestreifte Fische in einem andern Behälter – »hingegen wissen nur die wenigsten Leute, wie man den berühmten Pyjama-Fisch züchtet.«
    Nach und nach erfuhren wir, dass Stockler jeden einzelnen Fisch in seiner Wohnung persönlich großgezogen hatte, worauf er mit Recht sehr stolz war. Überflüssig zu sagen, dass er schon seit geraumer Zeit ganze Bataillone von Fischen an Masalgowitsch liefert, die führende Tierhandlung der Stadt, und dass ihm das nicht selten bis zu zweihundert Pfund einbringt. Nach der letzten Laichperiode, die offenbar besonders lebhaft verlaufen war, steigerte sich sein wöchentlicher Durchschnittsverdienst sogar auf dreihundert Pfund.
    Die Fische begannen mir zu gefallen. Fische zu züchten ist ein außerordentlich liebenswertes Hobby. Und dabei so nervenberuhigend.
    »Vor einem Jahr hatte ich ein einziges kleines Aquarium«, erinnerte sich unser Gastgeber mit verträumtem Lächeln. »Heute habe ich achtundzwanzig in verschiedenen Größen. Demnächst installiere ich zwölf weitere im Nebenzimmer, das seit meiner Scheidung leersteht.«
    »Machen Ihnen die Fische nicht sehr viel Arbeit?«
    »Arbeit?« Die Borniertheit meiner Frage ging sichtlich über Stocklers Fassungsvermögen. Allerhöchstens fünf Minuten am Tag. Was brauchen diese süßen kleinen Kerle denn schon? Ein bisschen Verständnis, ein bisschen Aufmerksamkeit, das ist alles. Und ich kenne jeden einzelnen von ihnen, als wäre er ein alter Freund.«
    Bei diesen Worten steckte Stockler seinen Zeigefinger ins nächste Aquarium und gab einen gurrenden Laut von sich, worauf sämtliche Pyjama-Fische von Panik erfasst wurden und in die entfernteste Ecke des Behälters stoben. Einige versuchten sich in den Bodensand einzugraben, an allen Flossen zitternd. Zwei trafen Anstalten aus dem Wasser zu springen. »Sie sind
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