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Die netten Nachbarn

Die netten Nachbarn

Titel: Die netten Nachbarn
Autoren: Ephraim Kishon
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Schreibmaschine, ein Grammophon, sozusagen ihre eigene Seele haben. Was ist mit Ihnen, mein Lieber?«
    »Nichts … danke …«
    »Mein Großvater schwor, dass sein Grammophon ihn hasste. Was sagen Sie zu diesem Unsinn?«
    »Es hasste ihn?«
    »So behauptete er. Und eines Nachts – aber das hat natürlich nichts damit zu tun – fanden wir ihn leblos neben dem Grammophon liegen. Die Platte lief noch.«
    »Entschuldigen Sie«, sagte mein Nachbar. »Mir ist ein wenig übel.«
    Ich stützte ihn die Treppe hinauf, sauste in meine Wohnung und stellte den Rasierapparat bereit. Neben an hörte ich Felix Selig mehrere Gläser Brandy hinabgurgeln, ehe er mit zitternder Hand sein Radio andrehte.
    »Du hasst mich!«, rief der Leidgeprüfte. (Seine Stimme kam, wie wir zu hören glaubten, von unten; wahrscheinlich kniete er.) »Ich weiß, dass du mich hasst. Ich weiß es.«
    Krkrkrk. Ich ließ den Rasierapparat etwa zwei Minuten eingeschaltet, ehe ich ihn abstellte.
    »Was haben wir dir getan?«, erklang Frau Seligs flehende Stimme. »Haben wir dich schlecht behandelt?«
    »Krkrkrk.«
    Jetzt war es soweit. Unser Schlachtplan trat in die entscheidende Phase. Meine Frau ging zu den Seligs.
    Schmunzelnd hörte ich, wie die Seligs meiner Frau erzählten, dass ihr Radio übernatürliche Kräfte besäße.
    Nach einigem Nachdenken rückte meine Frau mit dem Vorschlag heraus, das Radio zu exorzieren.
    »Geht das?«, riefen die zwei Seligs wie aus einem Munde. »Können Sie das? Dann tun Sie’s bitte!«
    Das Radio wurde angedreht. Der große Augenblick war gekommen.
    »Geist im Radio«, rief die beste Ehefrau von allen. »Wenn du mich hörst, dann gib uns ein Zeichen!«
    Rasierapparat einstellen – krkrkrk.
    »Ich danke dir.«
    Rasierapparat abstellen.
    »Geist«, rief meine Frau, »gib uns ein Zeichen, ob dieses Radio in Betrieb bleiben soll?«
    Rasierapparat bleibt abgestellt.
    »Willst du vielleicht, dass es lauter spielen soll?«
    Rasierapparat bleibt abgestellt.
    »Dann willst du vielleicht, dass die Seligs ihr Radio überhaupt nicht mehr benützen sollen?«
    Rasierapparat einstellen.
    Rasierapparat einstellen! Einstellen!!
    Um Himmels willen, warum hört man nichts … kein Knacksen, kein Krkrkrk, nichts …
    Der Rasierapparat streikte. Der Motor oder sonstwas. Jahrelang hatte er tadellos funktioniert, und gerade jetzt …
    »Geist, hörst du mich nicht?« Meine Frau hob die Stimme. »Ich frage: Willst du, dass die Seligs aufhören, diesen entsetzlichen Kasten zu verwenden? Gib uns ein Zeichen! Antworte!!«
    Verzweifelt stieß ich den Apparat in den Steckkontakt, wieder und wieder – es half nichts. Nicht das leiseste Krkrkrk erklang. Vielleicht haben tote Gegenstände wirklich eine Seele.
    »Warum knackst du nicht?«, rief meine Frau schon ein wenig schrill. »Gib uns ein Zeichen, du Idiot! Sag den Seligs, dass sie nie wieder ihr Radio spielen sollen! Ephraim!!«
    Jetzt war sie um eine Kleinigkeit zu weit gegangen. Ich glaubte zu sehen, wie die Seligs sich mit einem vielsagenden Blick ihr zuwandten.
    Am nächsten Tag ließ ich den Rasierapparat reparieren. Expressreparaturen kosten viel Geld.
    »Der Motor war kaputt«, sagte mir der Elektriker. »Ich habe einen neuen hineingetan. Jetzt wird es auch in Ihrem Radio keine Störungen mehr geben.«
    Seither dröhnt das Radio unseres Nachbarn ungestört in jedem Winkel unserer Wohnung. Ob tote Gegenstände eine Seele haben, weiß ich nicht. Aber sie haben bestimmt keinen Humor.

Wir kommen von der Stadtverwaltung
    Wieder einmal schlenderte ich mit meinem Freund Jossele, dem phantasievollen Weltmeister im Nichtstun, von einem Kaffeehaus zum andern, wieder einmal wussten wir nicht, was wir mit dem angebrochenen Nachmittag anfangen sollten. Da hatte Jossele plötzlich eine Idee.
    »Weißt du was? Lass uns ›Wir kommen von der Stadtverwaltung‹ spielen!«
    Damit zog er mich ins nächste Haus und läutete an der erstbesten Tür. Man öffnete, und wir traten ein.
    »Schalom«, sagte er. »Wir kommen von der Stadtverwaltung.«
    Der Wohnungsinhaber wurde blass, umarmte seine Frau und fragte nach dem Grund unseres Besuchs.
    »Sie haben die Anzahl der Stühle in Ihrer Wohnung nicht angegeben«, sagte Jossele und zog aus seiner Brusttasche einige Papiere hervor, Briefe, Mahnungen und Ähnliches. »Ihre Erklärung ist überfällig!«
    »Welche Erklärung?«
    »Ihre Steuererklärung für die Bestuhlung Ihrer Wohnräume. Jede Sitzgelegenheit muss angegeben werden. Lesen Sie denn keine
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