Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Nacht der Wölfe

Die Nacht der Wölfe

Titel: Die Nacht der Wölfe
Autoren: Christopher Ross
Vom Netzwerk:
brauchte eine Weile, um die Nachricht zu verdauen. Während sie darüber nachdachte, schenkte sie Tee ein und reichte ihm den Becher. »Der US Deputy Marshal? Die Polizei? Und warum sollst du ihm helfen, drei Bankräuber zu fangen? Hat er denn nicht genug Leute? Du bist Fallensteller und kein Marshal. Wie kommt er darauf, dich als Gehilfen zu verpflichten?«
    »Ich habe mich freiwillig gemeldet, Clarissa.« Er ließ seine Worte eine Weile in der Luft hängen. »Die Bankräuber haben eine Bank in Anchorage überfallen und sollen nach Norden geflohen sein. Der Marshal vermutet, dass sie sich am Yukon versteckt halten. Außer mir sind noch zwei weitere Fallensteller, zwei Deputys und ein indianischer Fährtensucher dabei … Wir kennen uns in der Wildnis aus, Clarissa. Ohne uns würde man sie niemals aufspüren.«
    »Und ich? Was mache ich hier ohne dich?«
    Er trank einen Schluck, bevor er antwortete: »Einer der drei Bankräuber ist Frank Whittler. Der Kassierer, der ihm den Safe öffnen musste, hat ihn erkannt … trotz der Maske, die er trug. Das kommt davon, wenn man lange in der Öffentlichkeit steht und sich plötzlich entschließt, Verbrecher zu werden.«
    »Frank Whittler?«, wiederholte sie ungläubig. »Derselbe Frank Whittler, der mich in Vancouver bedrängt und jahrelang versucht hat, mir ein Verbrechen anzuhängen, das ich nicht begangen habe? Der gemeine Kerl, der schuld daran ist, dass sie dich nach China entführt haben?« Sie musste sich mit einer Hand am Tisch abstützen, so sehr schockierte sie die Nachricht. »Ich dachte, Whittler wäre in den Bestechungsskandal verwickelt und säße im Gefängnis.«
    »Das dachten wir alle.« Alex nahm seine Mütze vom Kopf und legte sie auf den Tisch. »Aber er entkam noch vor der Verhandlung und wurde häufig mit zwei zwielichtigen Burschen aus der Unterwelt gesehen. Charlie Whipple und Hank Morgan, zwei Diebe und vielleicht sogar Mörder. Wahrscheinlich waren sie bei dem Bankraub dabei. Bei dem Überfall wurde ein Kunde angeschossen, und die Chancen, dass er überlebt, stehen ziemlich schlecht. Falls er stirbt, erwartet die drei Männer der Strick.« Er stellte den Becher hin und musterte sie ernst. »Jetzt weißt du, warum ich mich freiwillig gemeldet habe.«
    Sie nickte kaum merklich.
    »Frank Whittler … ihr müsst ihn festnehmen, bevor er herausbekommt, dass wir hier draußen leben, und uns noch mal gefährlich werden kann.« Sie starrte eine Weile ins Leere und verdrängte die Vorstellung, Frank Whittler könnte sie in ihrer Blockhütte überraschen. »Bist du sicher, dass sie am Yukon River sind? Was mache ich, wenn die Bankräuber hier auftauchen, und du bist nicht da? Whittler würde mich töten!«
    »Der Indianer hat ihre Spuren gefunden«, erwiderte Alex, »sie haben einen großen Bogen um Fairbanks geschlagen und können nur im Norden sein. Sie haben ungefähr zwei Tage Vorsprung. Dennoch …« Man sah ihm an, dass er selbst nicht glücklich über die Lösung war. »Du hast den Lee-Enfield. Trag ihn immer bei dir, solange ich weg bin. Auch wenn du die Hunde fütterst. Oder zieh in das neue Hotel in Fairbanks, dort wärst du noch sicherer.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich komme schon zurecht. Solange Emmett bei mir ist, hab ich keine Angst. Er würde mich sofort warnen, wenn Whittler und seine Männer in der Nähe wären. Ich bin keine ängstliche Stadtfrau mehr.«
    »Ich weiß, Clarissa … ich weiß. Sonst würde ich auch niemals wagen, dich allein zu lassen. Du würdest diesem Whittler schon heimleuchten.« Zum ersten Mal seit seiner Rückkehr lächelte er. »Da fällt mir ein … Ich hab dir was mitgebracht.« Er zog eine Tafel Schokolade und ein Buffalo-Bill-Heft unter seinem Anorak hervor und reichte ihr beides. »Hat Barnette einige Mühe gekostet, an das Heft zu kommen, aber irgendwie hat er es geschafft … Ich hatte ihm gedroht, ein Loch ins Eis zu schlagen und ihn zum Baden in den Chena River zu jagen, falls er es nicht besorgen würde. Und du liest das wirklich?«
    Clarissa freute sich wie ein Kind. »Was bleibt mir denn anderes übrig, wenn mein Mann auf Verbrecherjagd geht? Soll ich vielleicht über einen arroganten Gentleman aus Vancouver lesen, der sich mit einer dieser eingebildeten Ladys aus den Villen im West End einlässt? Dann lieber ein Westmann wie Buffalo Bill, der beim Anblick eines Indianers nicht ohnmächtig wird.«
    Draußen bellte Emmett, und gleich darauf hörte man laute Männerstimmen und das aufgeregte Jaulen anderer
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher