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Die Morde des Herrn ABC

Die Morde des Herrn ABC

Titel: Die Morde des Herrn ABC
Autoren: Agatha Christie
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Zigaretten vom Gestell nehmen wollte. Der Tod musste sieben bis neun Stunden zuvor eingetreten sein.
    «Aber weiter sind wir mit unseren Nachforschungen noch nicht gekommen», erklärte uns der Inspektor. «Wir haben einen Mann eruiert, der um halb sechs Uhr abends in dem Laden Tabak kaufte. Ein zweiter Mann, der um fünf nach sechs hineinging, fand den Laden leer. Niemand zur Bedienung da. Das gibt uns also einen Anhaltspunkt bezüglich der Zeit: zwischen halb sechs und sechs Uhr fünf. Bis jetzt habe ich noch niemanden gefunden, der diesen Ascher in der Nähe gesehen hätte, aber dazu ist es freilich auch noch zu früh. Um neun Uhr abends saß er in den ‹Three Crowns› und soll schon ziemlich angetrunken gewesen sein. Sobald wir ihn erwischen können, wird er in Untersuchungshaft genommen.»
    «Kein angenehmer Mensch, dieser Ascher?», fragte Poirot.
    «Ein sehr unangenehmer Mensch sogar!»
    «Er lebte nicht mit seiner Frau zusammen?»
    «Nein, sie hatten sich schon vor Jahren getrennt. Ascher ist Deutscher. Er war früher Kellner, begann aber dann zu trinken und wurde immer unzuverlässiger, und schließlich musste er entlassen werden. Seine Frau ging eine Zeit lang als Haushaltshilfe in Stellung. Zuletzt war sie bei einer Miss Rose als Haushälterin und Köchin. Obwohl sie ihrem Mann genügend Geld gab, dass er sich selber hätte versorgen können, kam er dauernd betrunken in ihre Dienststellen und machte ihr Szenen. Das ist auch der Grund, weshalb sie die Stellung bei Miss Rose annahm. The Grange, das Haus der alten Dame, liegt drei Meilen von Andover entfernt und ziemlich einsam mitten in der Landschaft. Dort konnte er nicht so ohne weiteres hingelangen. Als Miss Rose starb, vermachte sie Mrs. Ascher eine kleine Summe, und die Frau kaufte sich damit diesen Tabakladen – ein sehr bescheidenes Unternehmen… ein paar billige Zigarettensorten und etliche Zeitungen, wie diese kleinen Händler sie eben fuhren. Ascher tauchte ziemlich regelmäßig bei ihr auf, und sie gab ihm fünfzehn Shilling pro Woche, nur damit er sie in Ruhe ließ.»
    «Hatten die beiden Kinder?», fragte Poirot.
    «Nein. Nur eine Nichte, die in der Nähe von Overton in Dienst ist. Eine sehr ruhige, zuverlässige junge Person.»
    «Und dieser Mann, dieser Ascher, pflegte also seine Frau zu bedrohen?»
    «Ja. Wenn er betrunken war – dann fluchte er und schwor, er werde ihr den Schädel einschlagen. Die arme Frau hatte es nicht leicht.»
    «Wie alt war sie?»
    «Fast sechzig – ehrbar und arbeitsam.» Poirot sah den Inspektor ernst an.
    «Ihrer Ansicht nach hat Ascher den Mord begangen, nicht wahr?»
    Der Inspektor räusperte sich vorsichtig.
    «Das wäre eine etwas verfrühte Feststellung, Monsieur Poirot, aber ich möchte gern von Franz Ascher selber hören, wo und wie er den gestrigen Abend verbracht hat. Wenn er uns darüber eine vernünftige Auskunft geben kann, gut und schön – wenn nicht…»
    Sein Verstummen enthielt eine schwere Drohung.
    «Wurde etwas gestohlen aus dem Geschäft?»
    «Nichts. Das Geld in der Ladenkasse wurde nicht angetastet. Keinerlei Anzeichen für Raub.»
    «Sie stellen sich also vor, dass Ascher betrunken in den Laden kam, seine Frau bedrohte und sie schließlich niederschlug?»
    «Das scheint mir die plausibelste Erklärung zu sein, ja. Aber ich möchte trotzdem noch einen Blick auf diesen mysteriösen Brief werfen, Sir, den Sie bekommen haben. Ich frage mich, ob er von Ascher geschrieben worden sein könnte.»
    Poirot übergab ihm den Brief, und der Inspektor las ihn mit gerunzelter Stirn aufmerksam durch.
    «Das klingt nicht nach Ascher», sagte er schließlich. «Ich bezweifle, dass Ascher den Ausdruck ‹unsere› englische Polizei verwenden würde – es sei denn, dass er ganz raffiniert sein wollte –, und dazu kommt er mir nicht intelligent genug vor. Außerdem ist der Mann ein Wrack, eine Jammergestalt. Seine Hand ist zu zittrig, um solche Blockbuchstaben zu schreiben. Das Papier ist von guter Qualität, die Tinte auch. Merkwürdig, dass der Brief den Einundzwanzigsten des Monats erwähnt. Das könnte natürlich ein Zufall sein.»
    «Das wäre möglich – gewiss.»
    «Aber mir behagen Zufälle dieser Art nicht, Monsieur Poirot. Sie sind mir zu bequem!»
    Der Inspektor sah eine Weile schweigend vor sich hin. Dann hob er plötzlich die Augenbrauen.
    «ABC. Wer zum Teufel kann ABC sein? Wir müssen abwarten, ob Mary Drower, das ist die Nichte, uns weiterhelfen kann. Ein undurchsichtiger Fall, das!
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