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Die Moralisten

Titel: Die Moralisten
Autoren: Unbekannter Autor
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Aslam, Dr. Filatov und Dr. Niehans lassen aber ihre Behandlung auch überall auf der Welt durchführen«, beharrte Judd. »Ich habe mir sagen lassen, daß deren Methoden auch zu Ihrer Behandlung gehören.« »Das stimmt«, nickte sie.
    »Wieso kann dann Ihre Behandlung nur vor Ort durchgeführt werden? Worin besteht denn das große Geheimnis, das Sie nicht herausrücken wollen?«
    Die Ärztin lächelte spöttisch. »Das große Geheimnis, wie Sie es nennen ... Das große Geheimnis sind Sie, Mr. Crane.« »Ich verstehe nicht ganz.«
    »Ich glaube, Sie verstehen sehr gut, Mr. Crane.« »Nun ja, ich habe mich informiert«, bekannte er offen.
    »Ich weiß, daß Sie Aslams Procain-, Magnesium- und Mineraltherapie, Filatovs PlacentaTransplantationen sowie die von Niehans bevorzugten Zellinjektionen mit dem Plasma ungeborener Lämmer eingesetzt haben. Ich glaube sogar, daß Sie alle drei Methoden zu einer einzigen verbunden haben.
    Aber das wäre zu einfach. Deshalb glaube ich, daß es noch einen geheimen Zusatz gibt.«
    »Sie haben mir nicht zugehört, Mr. Crane«, sagte die Ärztin geduldig. »Ich habe es Ihnen doch schon gesagt:
    Der geheime Zusatz sind Sie.«
    Er warf ihr einen prüfenden Blick zu. Sie schwieg.
    Mit gedämpfter Stimme fragte er: »Klonen Sie?« Dr. Zabiski gab ihm keine Antwort.
    »Arbeiten Sie mit der Implantation geklönter Zellen aus dem Reservoir des eigenen Körpers?« Seine kobaltblauen
    Augen wurden schwarz wie der Himmel bei Nacht. »Das hat doch bei Menschen noch nie funktioniert.« Die Ärztin spürte eine unheimliche Kälte in sich aufsteigen. Es war, als ob ein kalter Wind sie berührt hätte. Zum ersten Mal in ihrem Leben verspürte sie Angst. Fast hätte ihre Stimme gezittert.
    »Mr. Crane, bitte entschuldigen Sie mich. Ich muß mich um meine Patienten kümmern.« Er schw ieg.
    »Vielleicht können wir uns morgen noch einmal unterhalten?« fragte sie.
    Er wirkte nachdenklich. »Morgen bin ich bereits in Peking.« »Dann eben ein andermal«, sagte sie.
    Crane erhob sich. »Zwanzig Millionen reichen nicht, das habe ich mittlerweile verstanden. Fünfzig Millionen.
    Genügen die Ihnen?«
    Die Ärztin sah zu ihm auf. »Sie haben so gut wie gar nichts begriffen, Mr. Crane. Mit Geld allein erreichen Sie wenig. Wir leben hier in einem sozialistischen Land, und alles gehört dem Volk.«
    »Dann vergessen Sie das Wort >Geld<«, sagte er. »Sprechen wir einfach von >Prioritäten<. Jedes Land hat seine eigenen Prioritäten.«
    »Mir ist unklar, was Sie damit meinen«, sagte sie kühl. Judd lächelte. »Sie sind Wissenschaftlerin, Frau Dr. Zabiski, und auf Ihrem Gebiet eine Kapazität. Mein Fachgebiet hinge gen ist, wenn Sie erlauben, das Geschäft mit Prioritäten.« Er hielt ihr die Hand hin. »Vielen Dank, daß Sie Zeit für mich hatten.«
    Ihr Händedruck war energisch und warm. »Ich stehe Ihnen gern zur Verfügung, Mr. Crane«, sagte sie mit einem Lächeln, auf das er kaum noch gehofft hatte. Sie brachte ihn sogar an die Tür. »Good-bye, Mr. Crane.«
    Er blieb stehen. »Sie sind eine großartige Frau«, sagte
    er. »Auf Wiedersehen, Frau Dr. Zabiski.«
    Kaum war Judd gegangen, öffnete sich die Tür zum Nebenzimmer, und ein hochgewachsener, energisch wirkender Russe kam in Dr. Zabiskis Büro. Er hatte den Schreibtisch erreicht, noch ehe sich die kleine Ärztin wieder gesetzt hatte. Hinter ihm trat eine hübsche junge Frau in einem weißen Ärztekittel ein und schloß die Tür hinter sich. Dr. Zabiski nahm einen Bleistift vom Tisch. »Was haltet ihr von ihm?« fragte sie.
    Der Russe stieß einen Fluch aus. »Dieses egoistische Schwein! Er denkt, er könnte alles kaufen mit seinem Geld.« Die junge Frau warf Dr. Zabiski einen Blick zu. »Ich fand ihn ganz attraktiv. Und ich glaube, er ist sehr intelligent.« Die Ärztin hob den Blick. »Sie dürfen ihn nicht unterschätzen, Genösse Nicolai. Er ist nicht dumm. Denken Sie nur daran, wie schnell er kapiert hat, worauf unsere Therapie hinausläuft, jedenfalls teilweise.«
    »Das beeindruckt mich gar nicht«, sagte der Russe. »Aber Sie müssen sicherstellen, daß er uns nicht wieder entwischt.« »Weshalb ist er für uns denn so wichtig?« fragte die Ärztin. »In meinen Augen ist er bloß einer der zahllosen Männer, die ihr Leben verlängern wollen. Genauso wie alle anderen Patienten, die unsere Klinik aufsuchen.«
    Nicolai musterte sie verwundert. Dann sprach er so langsam und deutlich, als ob die Ärztin ein Kind wäre:
    »Crane Industries sind
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