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Die Meister der Am'churi (German Edition)

Die Meister der Am'churi (German Edition)

Titel: Die Meister der Am'churi (German Edition)
Autoren: Sandra Gernt
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Jahr und noch immer waren die Nächte so kalt, dass sie das Herdfeuer nicht ausgehen ließen. Ni’yos scharfe Sinne hatten das Wimmern des Kindes wahrgenommen und ihn hierhergeführt, etwa drei Meilen von dem Dorf entfernt. Erstaunlich, sollte der Kleine tatsächlich allein soweit gelaufen sein.
    Und wenn seine Mutter hier irgendwo tot oder verletzt liegt?, dachte er und blieb kurz stehen. Es war nichts zu hören, keine Hilferufe, kein Zeichen von Raubtieren, die sich an leichter Beute gütlich taten; darum ging er rasch weiter. Er hoffte, dass Jivvin bereits wieder zuhause sein würde – sein Liebster war am Morgen nach Hebba aufgebrochen, einer kleinen Stadt in der Nähe, wo er einige Felle von Wildtieren verkaufen wollte, die sie beide im Laufe des Winters erlegt hatten. Von dem Geld würde er dann Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände besorgen, die sie nicht selbst sammeln oder herstellen konnten. Es war für sie beide nicht die angenehmste Art, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, sie waren Krieger, keine Jäger! Ni’yo wollte Jivvin überreden von hier fortzugehen, sobald der Frühling vollends die Herrschaft über das Land erobert hatte. Die Kampfkraft von zwei Am’churi wurde immer irgendwo gebraucht. Auch, wenn sie den Tempel verlassen hatten, sie waren und blieben Erwählte des Drachengottes. Er wusste, sein Geliebter wollte eher gestern als morgen von hier verschwinden, zögerte nur aus Rücksicht auf ihn, Ni’yo, es auszusprechen. Dabei war Ni’yo selbst nicht allzu glücklich in dieser Einöde, in der sie außer misstrauischen Nachbarn nichts weiter vermissen würden.
    Ni’yo fluchte innerlich, als er die Hütte still und leer vorfand, Jivvin war noch unterwegs. Schicksalsergeben machte er sich auf den Weg hinab in das Dorf. Nach einigen Zusammenstößen mit abergläubischen, verängstigten Bauern, die Schattenelfen als Ausgeburten des Bösen fürchteten und Am’churi nur aus bedrohlichen Legenden kannten, hatte er alle Besorgungen und Wege in Richtung des Dorfes Jivvin überlassen. Das aufgeschlossene, einnehmende Wesen seines Liebsten hatte dafür gesorgt, dass man sie in Ruhe ließ, und mehr wollten sie beide nicht.
    Als sich Ni’yo dem Dorf näherte, hörte er aufgeregte Stimmen, die immer wieder einen Namen riefen: „Erenn!“
    Der Junge regte sich, als er – sehr viel später als Ni’yo – diese Rufe hörte. Er starrte furchtsam zu ihm hoch, blieb dann weiterhin völlig verkrampft und soweit von ihm abgerückt, wie Ni’yos Griff es zuließ.
    „Erenn heißt du?“, fragte er ihn leise, blickte jedoch rasch fort, als es so aussah, als würde der Kleine wieder losweinen.
    Ihr Götter, warum muss ich so ein abscheuliches Monster sein, dachte er niedergeschlagen. Er überlegte kurz, ob er Erenn einfach absetzen und darauf vertrauen sollte, dass man ihn hier finden würde. Aber was wäre, wenn der Kleine von dem bösen dunklen Mann erzählen sollte, der ihn hergebracht hatte, und irgendjemand den Bezug zu dem Fremden dort oben in der Hütte fand, der sich da gemeinsam mit einem Am’churi verkroch? Besser, er versuchte wenigstens zu erklären, dass er den Jungen gerettet, nicht verschleppt hatte!
    Falls sie mich zu Wort kommen lassen …
    Seufzend straffte Ni’yo die Schultern. Lieber würde er jetzt gegen zwanzig Schattenelfen antreten, wahrhaftige Feinde, keine Bauern, die sich zusammenrotteten! – und ging weiter. Für einen Moment hatte er dabei das Gefühl beobachtet zu werden. Er fuhr mit dem Kopf herum und suchte die Umgebung mit allen Sinnen ab. Doch da war lediglich ein Baumhörnchen, das ihn mit schwarzen Knopfaugen anstarrte, bevor es im Geäst einer Buche verschwand. Das Tier hatte zumindest einen Grund, ihn als Feind zu fürchten …
     
    ~*~
     
    Lynea zwang dem Baumhörnchen erneut ihren Willen auf, nachdem sie sich so hastig hatte zurückziehen müssen, um nicht von Ni’yo erwischt zu werden. Sie hatte ihn schon die ganze Zeit über im Blick gehabt, durch die Augen des Nagers zugesehen, wie er seine Hütte verließ, das Kind entdeckte und mühsam bergen konnte. Er kannte die Fähigkeiten einiger Kinder Murias nicht, in das Bewusstsein von Lebewesen eindringen und sie kontrollieren zu können, sonst hätte er vielleicht intensiver gesucht. Wenige Wolfswandler besaßen diese Gabe und sie sprachen zu niemandem darüber. Auch wenn es schwierig war, ein höher entwickeltes Lebewesen als Werkzeug zu benutzen und bei einem Menschen meist nur geistige Einflüsterungen möglich
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