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Die Mars-Verschwörung

Die Mars-Verschwörung

Titel: Die Mars-Verschwörung
Autoren: David Macinnis Gill
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gefunden.«
    »Oder zum Erschießen.«
    Meine Aufmerksamkeit kehrt zurück zu der Einspeisung, als sich die Fahrstuhltür zu einem Penthouse öffnet, in dem eine Sondersitzung des Direktoriums stattfindet. Während Vienne flink und leise in Position geht, erheben die Direktoren ihre Champagnergläser, um auf die neue Generaldirektorin anzustoßen, eine Matrone in mittlerem Alter mit dünnem rotem Haar und einem Flickwerk aus Sommersprossen auf der Haut.
    Ihr Name ist Martha Bragg, und sie ist Viennes Zielperson.
    Bragg setzt gerade zu sprechen an, als sie sich plötzlich zu dem jungen Mann zu ihrer Rechten umblickt. Der Bubi hat ebenfalls Sommersprossen, aber sein Haar ist strohblond. Er ist spindeldürr und knochig und überragt noch im Sitzen jede andere Person im Raum.
    »Setz dich aufrecht hin, Archie!« Sie mustert ihn finster, bis er ausreichend gestraft dreinblickt, ehe sie, sichtlich zufrieden, einen Trinkspruch ausbringt. »Als Generaldirektorin der Zealand-Corporation erhebe ich mein Glas ... was, zum Teufel, ist da los?«
    Ein Schuss war aufgepeitscht. Alle Köpfe drehen sich zu Vienne und dem Soldaten um, der den Tornister an seine Brust drückt.
    »Dreistes Flittchen!«, kreischt Bragg. »Sicherheitsdienst!«
    »Sie vergeuden Ihren Atem«, sagt Vienne unbeeindruckt. »Soldat, sagen Sie der Direktorin, was Sie da in der Hand halten.«
    »Eine B-b-bombe«, stammelt er.
    »Soll das ein Scherz sein?« Bragg lacht dröhnend.
    »Sehe ich aus, als hätte ich Sinn für Humor?« Vienne jagt einen Ladestreifen Munition ins Fenster hinter der Direktorin. Das Sicherheitsglas birst entlang etlicher Spannungslinien und rieselt in harmlosen Scherben zu Boden. »Alle runter! Sofort!«
    Eine halbe Sekunde lang stiert der junge Bursche Vienne lüstern an   – gerade so lange, bis sie einen Feuerstoß knapp über seinen Kopf feuert. Blitzartig gesellt er sich zu seiner Mutter und den anderen Direktoren zum Teppichflusennuckeln auf den Boden.
    Hinter Vienne öffnet sich die Fahrstuhltür. Soldaten stürmen wie hungrige Kakerlaken aus der Kabine, nur um sogleich von einem Kugelhagel empfangen zu werden, der die abgehängte Decke in Staub verwandelt. Während sie in Position kriechen, wirft Vienne eine Rauchgranate und springt auf den Sims des zerschossenen Fensters.
    »Danke für Ihre Mitarbeit«, sagt sie.
    Und tritt ins Leere.
    ♦
    Ich nehme die Sonnenbrille ab, ziehe den Datenchip aus dem Port   – ich habe, was ich wollte   – und verlasse Mr. Gilbert, der sich auf dem Boden windet wie ein Saugwurm.
    Ich spaziere an dem Bibliothekar vorbei, als würde mir der Laden gehören. Immerhin hat er meiner Familie tatsächlich irgendwann einmal gehört. Es war einmal. Ich habe viele Stunden an diesem Schalter verbracht und die Angestellten meines Vaters so lange gepiesackt, bis sie meine Hausaufgaben für mich gemacht haben.
    Ich verlasse den Raum für Sondersammlungen und nehme den Fahrstuhl ins Erdgeschoss. In der Lobby empfängt mich erneutes Gebrüll. Wachleute rennen an mir vorbei auf die Straße.
    »Sir?«, ruft mich die Bibliothekarin.
    Verflucht , schimpfe ich tonlos. Was habe ich diesmal falsch gemacht? »Ja?«
    »Die Brille. Sie haben Sie abgenommen«, sagt sie. »Das gefällt mir. Es ist eine Schande, so hübsche Augen zu verstecken.«
    »Danke.« Ich ringe mir ein freundliches Zwinkern ab. Hinter ihr zeigt ein Multividschirm eine Feier: Squatter in der Favela tanzen um eine brennende Strohfigur herum. Das ist eindeutig nicht der traditionelle Tanz des Geisterfestivals. »Was hat der Krawall zu bedeuten?«
    »Haben Sie es denn noch nicht gehört?«, fragt sie. »Stringfellow ist letzte Nacht im Gefängnis gestorben. Der Krebs hat sich den alten Angeber doch noch geholt.«
    Mit Stringfellow meint sie John Stringfellow, den in Ungnade gefallenen ehemaligen Generaldirektor der Zealand-Corporation. Die letzten Jahre seines Lebens hat er damit zugebracht, im Norilsk Gulag vor sich hin zu rotten. Woher ich das weiß? Weil ich ihn nicht als Stringfellow kenne, sondern als Vater. Und ich weiß auch, dass er nicht erst vergangene Nacht im Gefängnis gestorben ist, sondern schon vor einem Monat. Direktorin Bragg hat die Nachricht bis heute zurückgehalten, um sie während des Geisterfestivals bekanntzugeben. Ich nehme an, es gehört zum Berufsbild eines Generaldirektors, die Medien zu manipulieren.
    »Sie haben wirklich noch nichts davon gehört«, stellt die Bibliothekarin milde schockiert fest. »Auf welchem Planeten
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