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Die Mars-Verschwörung

Die Mars-Verschwörung

Titel: Die Mars-Verschwörung
Autoren: David Macinnis Gill
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Ferro!« steht   – der Slogan der Graswurzelbewegung gegen die Macht der Konzerne.
    Ich mache einen Schritt auf die Soldaten zu.
    »Geh weiter, du Held.« Vienne packt meinen Arm. »Handel dir keinen Ärger ein, schon vergessen?«
    Den müssen wir uns gar nicht erst einhandeln , denke ich. Der findet uns immer wieder ganz von selbst.
    »›Schon vor mir gab es andere, die Ärgeres gewollt denn gewagt haben‹«, zitiert Mimi mal wieder aus ihrem schier unerschöpflichen poetischen Fundus.
    »Ich hasse diese aasigen Keats-Gedichte.«
    »Das ist Housman.«
    »Den kann ich erst recht nicht ausstehen.«
    Als wir das Rondell erreichen   – der gewaltige Kreisverkehr vor dem Parlamentsturm –, stolpere ich über Erinnerungen aus meiner Kindheit. Die Gebäude kommen mir kleiner vor, die gläsernen Hüllen nicht so glänzend, die Lichter trüber. Wo ich einst die Augen vor den grellen Reflexionen abgeschirmt habe, muss ich jetzt kaum blinzeln. Ich bin größer als damals und nicht mehr so leicht zu blenden.
    In einem Spiegelbild in den Schaufenstern sehe ich Vienne so, wie der Rest der Welt: eine groß gewachsene Suse. Blondes Haar, zu einem Zopf geflochten. Gekleidet in einen Trenchcoat, schwarze Leggings, Handschuhe, High Heels. Auf der Nase eine sehr, sehr dunkle Sonnenbrille, die praktisch kein Licht durchlässt, weil die Gläser eine winzige Minicam verbergen.
    Dann sehe ich mein eigenes Spiegelbild: Junger Mann, einen halben Kopf größer als die Blondine. Gekleidet in eine marineblaue Paradeuniform und einen Caban, der sämtliche Abzeichenüberdeckt, die Aufschluss über seinen Rang oder seine Einheit hätten geben können.
    »Was hat Mama dich fein gemacht«, spöttelt Mimi.
    Mein Spiegelbild stellt zwei Tornister ab. »Halt’s Maul.«
    Viennes Spiegelbild nimmt einen der Tornister und schlendert in Richtung Turm. Ich halte kurz inne, um die Poesie ihrer Schritte zu bewundern, ehe ich den anderen Tornister nehme und mich auf den Weg zur Bibliothek mache.
    Einen Block weiter bleibe ich an einer Straßenecke stehen und warte auf das Signal, das es mir gestattet, die Straße zu überqueren. »Benutz die Telemetriefunktion meiner Symbipanzerung«, weise ich Mimi tonlos an, »und klink mich in das Sicherheitssystem ein.«
    Ich tue so, als würde ich meine Sonnenbrille zurechtrücken, drücke in Wahrheit aber auf eine Elektrode hinter meinem Ohr. Eine Videoaufnahme erscheint auf dem rechten Brillenglas: Vienne betritt mit ihrem Tornister die Lobby des Parlamentsturms.
    Alle Augen richten sich auf sie, als sie sich der Sicherheitsabsperrung nähert. Mit einem Fingerdruck aktiviert sie das Mikro, das hinter ihrem Ohr klemmt. »Bin drin.«
    »Okay.«
    Jetzt ich.
    Ich wühle mich durch den Verkehr, weiche einem Velotaxi aus und überquere die Straße vor der Bibliotheca Alexandrina. In jeder der Neun Präfekturen gibt es solch eine Bibliothek. Sie dient dazu, Konzerndaten einzulagern. Jeder Bürger ist nach dem Gesetz berechtigt, diese Bibliotheken zu nutzen. Ihr wahrer Zweck aber verbirgt sich in der »Abteilung für Sondersammlungen«, in der alle möglichen Handelsgeheimnisse der großen Wirtschaftskonzerne lagern. Und diese Abteilung steht der Öffentlichkeit definitiv nicht offen. Ganz besonders nicht Individuen, die versuchen könnten, besagte Geheimnisse zu stehlen.
    Individuen wie mir.
    Als ich die Bibliothek betrete, nicke ich den Sicherheitsleuten an der Tür zu und gehe zu der Bibliothekarin am Hauptschalter. »Ich brauche Zugang zum Sondersammlungsgewölbe.« Ich lasse ein Lächen aufblitzen. »Bitte.«
    Die Bibliothekarin reckt das Kinn hoch und erwidert das Lächeln. »Dritte Etage. Aber Sie benötigen einen Sicherheitsausweis.«
    Ich schiebe eine Schlüsselkarte über den Tisch   – die hat uns auf dem Schwarzmarkt genug Geld gekostet, um den Bischof zu kaufen   – und halte die Luft an.
    Eine grüne Lampe leuchtet auf. Ich bin drin.
    »Viel Vergnügen bei Ihren Nachforschungen«, sagt die Bibliothekarin. »Die Fahrstühle sind rechts hinter mir. Sagen Sie mir einfach Bescheid, wenn Sie irgendetwas brauchen.«
    »Gern.« Ich entferne mich von ihrem Schalter.
    Mimi meldet sich zu Wort: »Wenn Vienne gesehen hätte, wie du mit dieser Tussi geflirtet hast, hätte es Kugeln gehagelt.«
    »Darum kann ich ihre Videobilder sehen«, erwidere ich und drücke auf den Knopf für den dritten Stock, »sie meine aber nicht.«
    Als die Fahrstuhltür sich schließt und die Kabine sich in Bewegung setzt, flackert die
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