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Die Magie des Falken

Die Magie des Falken

Titel: Die Magie des Falken
Autoren: Ruben Philipp Wickenhaeuser
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mal wieder, gebt dem Seimanni Kyrrispörr ein Weib, gebt dem Seimanni Kyrrispörr den Met!«
    Kyrrispörr warf einen Blick zurück auf die Tür. Es war wie in einem Albtraum. Der Rauch hatte sich mittlerweile einem wabernden Vorhang gleich vor das Türblatt gelegt und floss dichter und dichter zum Dach, und jetzt sah Kyrrispörr, wie sich auch an den Längsseiten des Hauses Flammen hochfraßen.
    »Es brennt! Bei Oins Raben, es brennt wirklich! Seht doch, ihr Narren! Es brennt!«
    Schallendes Gelächter schlug ihm entgegen. Alle sahen zu ihm hinüber, aber alle sahen nur ihn allein an und bemerkten nicht das Unheimliche, was sich im Zwielicht hinter ihm zutrug. Dort hatte sich die gesamte Stirnseite des Langhauses in eine brodelnde Schwärze verwandelt.
    Nur einer, einer ließ sich durch Met und Wein nicht blenden. Eyvindr Kelda hatte das Geschehen von seinem Platz aus ruhig und mit zu einer spöttischen Grimasse verzogenen Lippen verfolgt. Nun wurde er mit einem Schlag ernst. Er sprang auf die Tafel, fegte dabei Becher und Schalen vom Tisch und zog sein Schwert. Mit einer kräftigen Stimme, die Kyrrispörr ihm nicht zugetraut hätte, donnerte er:
    »Ruhe!«
    Das Gelächter verstummte augenblicklich.
    »Verrat!« Eyvindr Kelda stieß die breite Schwertklinge gen Thron, der verwaist war. »König Olafr hat uns in eine Falle gelockt! Tretet die Türen ein! Das Haus brennt! Verrat!«
    Eyvind Kelda gelang es allein mit der Macht seiner Stimme, die Schar für einen Moment zu ernüchtern. Plötzlich waren alle aufgesprungen, tasteten nach ihren Waffen, und vermutlich hätte Eyvindr sie zu einem vereinigten Schlag gegen eine der Türen vereinigen können, wäre der Met nicht so gut gewesen. So stolperten die Männer übereinander, der eine verletzte den anderen versehentlich mit blanker Klinge, und wer es bis zur Tür schaffte, vermochte kaum mehr als ein paar Hiebe zu setzen, bis der Qualm ihn zum Rückzug zwang. Dabei geriet er wieder gegen die anderen, die nachrückten, um selbst Hand anzulegen, und das Durcheinander war komplett. Geisterhaftes Flackern verriet, dass das Stroh an den Wänden bereits Feuer fing.
    Kyrrispörr blieb nichts anderes übrig, als unter den Äxten und Schwertern durchzutauchen, wollte er nicht zwischen den Männern eingekeilt werden. Von einem Augenblick zum anderen war die Luft dick geworden, die Talglichter und Herdfeuer bekamen einen Hof, und Hustenreiz begann sich im Hals zu regen. Kyrrispörr sah sich um. Unmöglich, seinen Vater Hæric im Getümmel ausfindig zu machen!
    »Hierher! Komm!«
    Eyvindr winkte ihm aufgeregt zu.
    »Wo ist Hæricr?«, brüllte Kyrrispörr und hatte Mühe, das Geschrei zu übertönen.
    »Ich weiß nicht! Irgendwo da unten!« Eyvindr deutete mit dem Schwert zu den anderen. Es war unmöglich, in dem Gewühl jemanden auszumachen. Als Kyrrispörr losstürmen wollte, um Hæric zu suchen, wurde er von Eyvind am Handgelenk gepackt und auf den Tisch gezerrt.
    »Sei kein Narr! Von hier sieht man wenigstens, ob die Wände irgendwo nachgeben«, rief er. »Und die Luft ist länger zu atmen!«
    Rund um sie begannen Flämmchen zwischen den Ritzen in den Wänden emporzulecken, begleitet von dem Zornesgebrüll der Männer. Kyrrispörr schüttelte sich unter einem Hustenanfall. Der Qualm biss in seine Augen. Eyvindr Kelda sah sich um, und als Kyrrispörr sich wieder gefangen hatte, erkannte er: Der Mächtigste unter ihnen wusste keinen Ausweg mehr.
    »Nimm mein Schwert!«, schrie Eyvindr ihm zu und streckte ihm die Waffe entgegen. Kyrrispörr sah ihn verständnislos an. »Erschlage mich, junger Krieger, auf dass Gott Oinn mich an seiner Tafel willkommen heißen kann! Ich darf nicht durch Feuer sterben!«
    Kyrrispörr nahm das Schwert, und plötzlich waren das Getümmel und der Rauch weit weg. Wie oft hatte sein Vater ihm eingetrichtert: Stirb im Kampf, denn dann wirst du nicht in Hels kaltes Totenreich eingehen, sondern mit Oinn tafeln. Stirb als Krieger. Mechanisch zog er sein Messer.
    »Dann erweise mir die Ehre und töte du mich auch, oh größter Seimar unter den Seimönnum«, krächzte er. Eyvindr Kelda sah ihn fest an, nickte und nahm das Messer entgegen. Er stellte sich so, dass die Schwertspitze auf seiner Kehle lag, und hob das Messer zum Stich.
    »So sei es«, flüsterte Kyrrispörr und hob den Blick gen Himmel. Der Mond war gerade durch die dicken Rauchschwaden im Rauchloch zu erkennen. Immerhin würde er im Kampf …
    »Warte!«
    Hastig zog er das Schwert fort, gerade,
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