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Die Macht des Geistes

Die Macht des Geistes

Titel: Die Macht des Geistes
Autoren: Poul Anderson
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dieses ernste Thema eigentlich viel zu schön, aber Sheila hörte trotzdem aufmerksam zu und stellte einige Zwischenfragen. Als Peter aus dem Schlafzimmer kam, lächelte sie und ging auf ihn zu.
    »Du lieber unbeholfener Physiker«, sagte sie dabei. »Du bist wahrscheinlich der einzige Mann, der einen frisch gereinigten Anzug so tragen kann, als habe er eben damit sein Auto repariert.« Sie rückte seine Krawatte zurecht und zog ihm die Jacke glatt. Als er sich am Frühstückstisch niederließ, beschlugen seine Brillengläser in der Dampfwolke, die aus der Kaffeekanne aufstieg. Er mußte die Brille abnehmen und polierte die Gläser an der Krawatte. Ohne die Brille sah sein hageres Gesicht jünger aus – jetzt wirkte er eher wie dreiunddreißig.
    »Mir ist etwas eingefallen, als ich aufgewacht bin«, sagte er, während er Butter auf seinen Toast strich. »Anscheinend habe ich doch ein gut trainiertes Unterbewußtsein.«
    »Eine Lösung für dein Problem?« fragte Sheila.
    Peter nickte, ohne sich zu überlegen, was diese Frage bedeutete. Normalerweise hörte Sheila gar nicht richtig zu, sondern ließ ihn einfach erzählen. Er glaubte oft, daß sie in einer Art Kinderwelt lebte, die nicht sehr komplex, aber hell und freundlich zu sein schien.
    »Ich möchte einen Phasenanalysator bauen, der die intermolekularen Resonanzverbindungen in Kristallstrukturen bestimmt«, erklärte er. »Aber das ist eigentlich nicht so wichtig. Ich schlage mich schon wochenlang mit einer Schaltung herum, ohne genau die zu finden, die für diesen Zweck geeignet ist. Aber heute morgen ist mir eine eingefallen, die funktionieren könnte ...« Er aß geistesabwesend. Sheila lachte leise.
    »Vielleicht komme ich heute erst später nach Hause«, sagte er an der Tür. »Wenn die neue Idee etwas taugt, arbeite ich bestimmt länger ... Aber ich rufe dich auf jeden Fall an.«
    »Einverstanden, Liebling. Viel Glück.«
    Als er gegangen war, blieb Sheila noch einen Augenblick lang lächelnd an der Tür stehen. Pete war wirklich ... nun, sie hatte einfach Glück mit ihm gehabt. Bisher hatte sie eigentlich noch nie darüber nachgedacht, aber heute morgen schien sich alles verändert zu haben. Sie schüttelte verblüfft den Kopf, denn sonst war es eigentlich ganz und gar nicht ihre Art, auf diese Weise in den Tag hinein zu träumen. Sogar ihre Gedanken waren irgendwie anders.
    Sie beendete ihre Hausarbeit und sah sich um. An anderen Tagen benützte sie die Zeit vor dem Mittagessen meistens, um einige Seiten eines Kriminalromanes zu lesen; nachmittags ging sie dann einkaufen, machte einen Spaziergang durch den Park, besuchte eine Freundin oder bekam selbst Besuch, bevor sie das Abendessen machte. Aber heute ...
    Sie hatte den Kriminalroman schon in der Hand und wollte sich in den bequemen Sessel im Wohnzimmer niederlassen. Aber dann schüttelte sie den Kopf, legte das Buch beiseite, ging an das Bücherregal, holte eine zerlesene Taschenbuchausgabe von Lord Jim heraus und setzte sich damit in den Sessel. Erst am frühen Nachmittag fiel ihr auf, daß sie das Mittagessen ganz vergessen hatte.
     
    Peter Corinth begegnete Felix Mandelbaum, als er im Lift nach unten fuhr. Sheila hatte darauf bestanden, daß sie die Bekanntschaft aller Ehepaare machten, die im gleichen Stockwerk des Appartementhauses wohnten, und Peter freute sich nachträglich darüber, daß er auf diese Weise die Mandelbaums kennengelernt hatte. Sarah war rundlich, ruhig und zurückgezogen, freundlich, aber nicht sehr amüsant; Felix unterschied sich in jeder Beziehung auffällig von ihr.
    Felix Mandelbaum war vor fünfzig Jahren als achtes Kind einer Einwandererfamilie in einem der Elendsviertel New Yorks zur Welt gekommen. Das Leben hatte ihm seitdem manchen Tritt versetzt, aber er trat mit wahrer Begeisterung zurück. Seine Karriere innerhalb der Gewerkschaften hatte ihm eine Position eingebracht, in der er großen Einfluß auf die Arbeiterbewegung hatte. Allerdings war er schon lange nicht mehr so radikal wie in seiner Jugend; er behauptete sogar, einer der letzten echten Konservativen zu sein. Felix hatte sich sein beträchtliches Wissen selbst angeeignet. Er war äußerst belesen und bestimmt intelligenter als sämtliche anderen Freunde, die Peter hatte, wenn man von Nat Lewis absah.
    »Hallo«, sagte der Physiker. »Sie haben sich heute verspätet.«
    »Eigentlich nicht«, antwortete Mandelbaum. »Ich bin mit einer guten Idee aufgewacht, wie unsere Arbeit sich so reorganisieren läßt,
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