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Die Lüge

Die Lüge

Titel: Die Lüge
Autoren: Petra Hammesfahr
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Trenkler zu schützen.
     
    Ende April lagen bei einer Bank in Zürich noch eins Komma sechs Millionen. Eins Komma drei davon hatten einmal Josef Maringer gehört, der Rest waren Zinsen. Und Josef Maringer brauchte sein Geld nicht mehr, er war in der Zwischenzeit verstorben, Erben waren nicht in Sicht. Das allerdings erfuhr Philipp Hardenberg nicht, als er die Summe nach Luxemburg überweisen ließ, wo Nadia Trenkler für sich ein Depot eingerichtet hatte.
    Dieter sagte: «Wenn du das Geld nicht willst, kriegt Hardenberg es. Das muss nun wirklich nicht sein. Ich finde, du hast es dir verdient. Sorgen um deine Zukunft musst du dir jedenfalls nie wieder machen.»
    Das tat sie auch nicht. Es war ein relativ angenehmes Leben, unterhaltsam, abwechslungsreich und trotzdem leer. Sie lernte viel über Kunst, Musik und Zeitgeschichte. In Telefongesprächen mit Pamela besserte sie ihr Englisch auf. Montags lernte sie Französisch bei einem Gymnasiallehrer. Wozu es noch gut sein sollte, wusste sie nicht. Mit Jacques Niedenhoff oder dem jungen Mann, der Alina seit ihrer Trennung von Nadias Vater die Zeit vertrieb, musste sie sich nicht mehr unterhalten.
    Dienstags und donnerstags nahm sie Privatstunden am Klavier. Mittwochs stand Wassergymnastik für Schwangere auf dem Plan. Ihr Terminkalender war voll. Manchmal nannte sie ihre Aktivitäten die Beschäftigungstherapie, um nicht verrückt zu werden beim Gedanken an einen Mann, für und durch den sie beinahe gestorben wäre.
    Regelmäßig jeden zweiten Freitag traf sie ihre Mutter in einem Café in der Nähe des Seniorenwohnheims. Agnes Runge kam mit einem Taxi, damit Nadia Trenkler nicht in Erscheinung treten musste an einem Ort, an dem man Susanne Lasko gekannt hatte. Es waren Stunden, in denen sie sich manchmal ein paar Tränen erlaubte. Nur Tränen, keine Schluchzer, damit ihre Mutter nichts merkte.
    Für Agnes Runge war die Geschichte auf harmlose Weise zu Ende gegangen. Ihre Tochter hatte Michael Trenkler die Wahrheit gesagt, und er hatte sie weggeschickt. Aber er versorgte sie gut. Und dass Johannes Herzog davon nicht unbedingt etwas erfahren musste, hatte Agnes Runge inzwischen eingesehen. Für Johannes war es schließlich nicht so wichtig.
    Lilo wusste um diese Nachmittage und fand es rührend, dass sie sich ein wenig um die alte Dame kümmerte und ihr nicht anlastete, was die Tochter angerichtet hatte. Und dass ihr Kontakt zu Susanne Laskos Exmann nicht abriss – in Lilos Augen war Dieter ein interessanter Gesprächspartner. Mit solchen Menschen hatte Nadia sich immer gerne beschäftigt.
    Anfang Mai wurde Laura Trenkler geboren. Es ging rasend schnell. Sie fand kaum Zeit für den Schmerz, schaffte es mit knapper Not in ein Taxi und wusste anschließend nicht, wohin mit den Blumen. Sogar Dieter schickte einen Strauß. Persönlich erscheinen mochte er nicht. Er rief an, um seine Glückwünsche zu übermitteln und zu erklären, dass seine Tochter an einer Erkältung litt und er keine Viren verbreiten wolle.
    Die ersten Besucher waren Lilo und Jo. Jo nahm ihr die Formalitätenab, machte ein paar Fotos und hatte dabei Tränen in den Augen. Dann kam Wolfgang, zuerst allein und sonntags mit Ilona. Ilona forderte sie auf, keine Höschenwindeln zu benutzen. Sie solle sich nur einmal die Müllberge vorstellen.
    Sie konnte sich nichts mehr vorstellen, nur noch erinnern – an eine siebenjährige Ehe, die für sie aus ein paar Tagen und Nächten in Paris bestand. Der Rest war doch nur ein Zittern gewesen.
    Edgar Henseler brachte ihr einen Strauß, für den es gar keine passende Vase gab. Der alte Barlinkow kam eigens aus Berlin, um ihr alles Glück und ihrer Tochter nur das Beste zu wünschen. Hannah – ihren Nachnamen kannte sie noch nicht, wollte ihn aber bald in Erfahrung bringen – brachte statt Blumen ein Amulett, angeblich ein indischer Glücksbringer.
    Und dann kam Jutta Kemmerling. Da war sie bereits wieder in ihrer Wohnung. Danny Kemmerlings zweite Frau hatte auf Umwegen von der Geburt erfahren. Jo hatte Michael eines der Fotos überlassen. Michael hatte es im Labor gezeigt. «Es wäre nett», sagte Jutta Kemmerling, «wenn Sie ihm gestatten, seine Tochter hin und wieder zu sehen. Er wird Sie nicht selbst darum bitten. Aber es ist so üblich.»
    «Wir sind nicht üblich», sagte sie. «Und ich glaube auch nicht, dass er mich sehen will.»
    Sie irrte sich.
    Lilo hatte ihr eine Haushaltshilfe besorgt, damit sie sich schonte. Lilo wollte sich auch um einen Babysitter
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