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Die Lüge

Die Lüge

Titel: Die Lüge
Autoren: Petra Hammesfahr
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sich aufgehängt hatte? Furchtbar, hat sie gesagt und dich gefragt, ob man schon weiß, warum. Ich dachte, Olaf wäre ein Kollege von dir. Weißt du auch noch, wo duspätabends gesessen hast, als du von Kemmerling zurückgekommen bist? Du hast einen Toast und eine Gewürzgurke gegessen, zuerst auf dem Wannenrand gesessen und dann auf meinen Beinen. Du wolltest unbedingt Nadias verspannten Nacken massieren. Ich wollte nicht. Und ich wollte bestimmt nicht mit dir schlafen. Aber sie hatte mir eingeschärft, dass du auf keinen Fall stutzig werden darfst. Und ich hatte vergessen, die Tampons aus dem Schrank zu nehmen. Ich hatte keine Ahnung, was es bei euch hieß, Kopfschmerzen zu haben.»
    Er senkte den Kopf wieder und schaute auf die Ringe, die sie einen nach dem anderen zu den Ohrsteckern in seinen Schoß warf. Zuerst den mit dem auffälligen blauen Stein, dann den Ehering. Zuletzt den, den er ihr in Paris angesteckt hatte.
    «Weißt du auch noch, was du gesagt hast? Erst reizen, dann kneifen gilt nicht», fuhr sie fort. «An dem Freitagnachmittag, als Kemmerling im Labor blieb, um dem Techniker auf die Finger zu schauen, da wollte ich es. Da hatte ich mich schon in dich verliebt, glaube ich. Als sie anrief, damit ich sie hier abhole, habe ich überlegt, was passiert, wenn ich nicht fahre. Ich dachte, dann hätte ich dich nie wieder gesehen.»
    Er hob den Kopf erneut. Seine Schultern zuckten nicht mehr. Er streifte mit einem Handrücken die Wangen trocken. Seine Lippen bewegten sich, als wolle er etwas sagen. Aber er legte eine Hand vor den Mund, strich sich mit beiden Händen übers Gesicht, schüttelte wieder den Kopf.
    «Den silbergrauen Mercedes habe ich gemietet, das stimmt, aber ich bin damit nur bis auf diesen Parkplatz hier gefahren. Sie hat den Mercedes übernommen und ich den Alfa. Als ich das erste Mal bei dir war, hast du gesagt, du brauchst keinen Goldregen. Das war der Sonntag im August, an dem ich das Garagentor auseinander nehmen musste, weil ich mich mit der Alarmanlage nicht auskannte, als Dettmer mich anschließend mit zerschnittenen Fingern in deinem Auto erwischte.Wenn du ihre Lebensversicherung wirklich nicht brauchst, dann lass mir ihren Namen. Ich weiß nicht, ob sie wirklich wollte, dass ich sterbe. Aber ich weiß, dass sie mich so tief in die Scheiße geritten hat, dass kein Mensch mir wieder heraushelfen kann. Es liegen noch vierzehn Millionen irgendwo. Die anderen acht Männer sind auch betrogen worden. Mein geschiedener Mann will dafür sorgen, dass sie ihr Geld zurückbekommen. Ich will es nicht haben. Aber ich will mein Kind nicht im Gefängnis bekommen. Ich werde dich nie wieder belästigen. Das verspreche ich dir.»
    Dann ging sie zurück zum Ford Transit und daran vorbei. Wolfgang rief hinter ihr her: «Nadia, warte. Wo willst du denn hin?» Sie kümmerte sich nicht um ihn. Sollte Michael ihm die Antwort geben, die er für richtig hielt.
    Den Alfa fand sie rasch. Er stand in der Kurzparkzone neben Dieters Kombi. Schneider und Dieter standen bei den Fahrzeugen und unterhielten sich. Nachdem Schneider sich verabschiedet hatte, bestand Dieter darauf, sie zu begleiten. Es wäre nicht nötig gewesen. Michael kam nicht heim.
    Sie packte ein wenig Garderobe und die Sachen fürs Baby zusammen. Die Handtasche mit Ausweispapieren, Führerschein und allem anderen fand sie in den Schrankfächern bei den Pullovern. Den Hausschlüssel nahm sie heraus und ließ ihn im Ankleidezimmer zurück. Lilos Schlüssel legte sie bei der Garderobe ab. Den Alfa wollte sie behalten.
     
    Vorübergehend kam sie in einem Hotel unter. Das relativ teure Leben war kein Problem mit Nadias Kreditkarten. Es gab auch sonst keine Probleme. Niemand kam, um sie festzunehmen. In den ersten Tagen rechnete sie noch damit. Doch Michael unternahm nichts, um sie bloßzustellen – und nichts, um sie wieder zu sehen.
    Alles war irreal, morgens aufwachen in diesem Hotelbettmit einem Berg Erinnerung an zwei Leben – und nicht zu wissen, welcher Berg schwerer wog, siebenunddreißig Jahre als Susanne Lasko oder ein paar Wochen als Nadia Trenkler. Das Frühstück ließ sie sich aufs Zimmer bringen. Ihr war nicht nach einem großen Frühstücksraum mit fremden Gesichtern.
    Dieter kam mehrfach, um ihr irgendetwas mitzuteilen. Sie hörte ihn meist sprechen, aber was er sagte, rauschte an ihr vorbei. Der Teil von ihr, der ihm hätte aufmerksam zuhören können, stand immer noch neben dem Jaguar und wartete darauf, dass Michael sagte: «Es
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