Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Lucifer-Connection (German Edition)

Die Lucifer-Connection (German Edition)

Titel: Die Lucifer-Connection (German Edition)
Autoren: Martin Compart
Vom Netzwerk:
verstanden: Wenn ich dich runterjage, ist das schlecht für mein Karma. Ich weiß.“
    Begeistert leckte sich die Katze den Hintern, als Gill sich in den Besuchersessel fallen ließ und die spartanische Einrichtung betrachtete. Dies war seine Wohnung und gleichzeitig sein Büro. Bis auf den teuren Laptop, der so befremdlich glänzte, hätte die Einrichtung aus dem Sperrmüll stammen können. Was ein Zuhause war, hatte er nie gelernt. Er kannte nur Rastplätze. Er war weit gereist und nirgends angekommen.
    „Hilf mir mal beim Nachdenken“, sprach er die Katze an, die das für keine ernstgemeinte Aufforderung hielt und sich weiterhin putzte. Er legte J. J. Cales „To Tulsa And Back“ auf und hörte sich „Homeless“ an. Gill überlegte, wo er ansetzen könnte …
    2
    Domogalla stand mitten im Bermuda-Viereck von Witten. Hier waren mehr Schicksale versenkt worden als Schiffe in der Karibik. Die Straßenkreuzung war aufgerissen, um Kanalisationsröhren zu verlegen. Das war zwar nicht nötig, brachte aber einigen Unternehmen einen Batzen Geld. Domogalla hatte einen dienstfreien Tag und überlegte, wo er ihn versaufen könnte. Unten rechts, vor der Kirche, war das „Old House“. Ein paar Schritte daneben die „Marktschänke“, Wittens schlimmste Absturzkneipe. Da ging man besser erst später hin. Nüchtern unter Zugeknallten machte wenig Freude. Die Hochburgen Wittener Ruchlosigkeit, funkelnde Diamanten in der Jauchegrube des Lebens.
    Er drehte sich um. Oben rechts war „Bei Ulla“, schräg gegenüber die „Alte Zeit“. Die Wahrscheinlichkeit, um diese Uhrzeit hier auf Lutz zu treffen, war leider nicht gering. Domogalla wollte Lutz auf keinen Fall begegnen. Seit der aus dem Krankenhaus raus war, nervte er die zivilisierte Welt mit seiner Leidensgeschichte. Er hatte Blasen- oder Gallensteine oder irgendsowas Ekliges. Egal. Trotzdem riskierte Domogalla „Bei Ulla“.
    Als anständiger Polizist brauchte er dort nicht zu bezahlen. Er soff auf Deckel, und Ulla musste sie dann wegschmeißen. Dafür gab es aber auch den unbezahlbaren Schutz durch Domogalla und seine Freunde von der Exekutive. Er setzte seinen schweren Körper in Bewegung. Domogalla war groß, hatte einen unglaublichen Brustumfang und war gebaut wie ein Block. Und er war heute schlecht drauf. Der Job machte ihn mürbe – nach fast zwanzig Jahren. Keiner hatte mehr angemessenen Respekt vor der Polizei. Und er hatte eine blöde Fußballwette gegen Igel verloren. Für einen Schalke-Fan, der nach Dortmund versetzt worden war, gab es immer Ärger oder Spott.
    Er schlenderte an der Baustelle vorbei durch einen schmalen Durchgang, eingegrenzt von einem Türkenladen und dem Bretterverhau. Der Türkenladen machte ihn erst recht sauer. Hier war früher das „Café Annette“ gewesen, sein bevorzugter Aufenthaltsort bei Schulstunden, deren Niveau ihm nicht zugesagt hatte. Stundenlang wurde dort und in der Milchbar über dem Hallenbad Skat gekloppt. Die ewige Skatrunde der Schulschwänzer. Scheiße, das Hallenbad mit seiner wunderbaren Fünfziger-Architektur hatten sie auch abgerissen – um noch ein geschmackloses Altersheim hinzuknallen, das sich sowieso kaum einer von den alten Wichsern leisten konnte.
    Die Stadt war einmal richtig nett gewesen. Nicht wirklich schön, aber mit idyllischen Plätzen und einem angenehmen Zentrum. Doch die letzten paar Jahrzehnte mit einem verdächtig wohlhabenden Bürgermeister, der Posten gesammelt hatte wie Onkel Dagobert Taler, hatten sich absolut ruinös ausgewirkt. Ungebildete Planer ohne das geringste ästhetische Empfinden hatten Witten zum typischen Ruhrpott-Slum umgewandelt. Der Verfall dehnte sich aus wie Schimmelpilz. Eine verlorene Stadt, fast verlassen und voller Leere. Die Menschen in den Mietshäusern lebten in einem bedeutungslosen Kreislauf. Sie wurden geboren, kämpften ums Überleben, wurden müde und starben. Das Selbstvertrauen der Stadt war zutiefst erschüttert. Dabei floss natürlich immer reichlich Geld. Lange vor der Ausrede mit der Globalisierung hatte man den Mittelstand platt gemacht, Fußgängerzonen ohne jede Identität hineingeklatscht, schöne Häuser abgerissen, um Schrottbauten zu errichten, die schon beim Hochziehen vom Verfall bedroht waren. Wenige hatten sich bei all diesen Projekten auf Kosten der Allgemeinheit bereichert. Das übliche Verbrecherkonzept der SPD in Nordrhein-Westfalen, dem Bundesland, dem man Koryphäen wie Wolfgang Clement oder Bodo Hombach verdankte, dachte Domogalla
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher