Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Liste

Die Liste

Titel: Die Liste
Autoren: John Grisham
Vom Netzwerk:
Anzeigenteil.
    Vielleicht auch ein bisschen Politik, aber bloß nicht zu kontrovers. Man brauchte nur noch das Geld zu zählen.
    Sein Vater war Millionär. Schenkte man Nick Glauben, dann war dies die gemütliche Variante des Journalismus, bei der man keinem nennenswerten Druck ausgesetzt war, einem das Geld aber in den Schoß fiel.
    Das hörte ich gern. Nach meinem vierten Studienjahr, das eigentlich mein letztes hätte sein sollen, es aber nicht wurde, machte ich im Sommer ein Praktikum bei einer kleinen Wochenzeitung in den Ozark Mountains in Arkansas. Die Entlohnung war kaum erwähnenswert, aber BeeBee war beeindruckt, weil ich einen Job hatte. Jede Woche schickte ich ihr die Zeitung, deren Beiträge ich mindestens zur Hälfte selbst verfasst hatte. Eigentümer, Herausgeber und Chefredakteur des Blatts war in Personalunion ein wunderbarer alter Gentleman, der hocherfreut war, einen Reporter zu haben, der gern schrieb. Außerdem war er ziemlich wohlhabend.
    Nach fünf Jahren in Syracuse ließen meine Noten keine Hoffnung mehr auf einen Abschluss des Studiums zu, und die Geldquelle versiegte. Ich kehrte nach Memphis 9

    zurück, stattete BeeBee einen Besuch ab, bedankte mich für die finanzielle Unterstützung und versicherte ihr, dass ich sie liebte. Sie sagte, ich solle mir einen Job suchen.
    Zu jener Zeit lebte Wilson Caudles Schwester in Memphis, und es ergab sich, dass diese Lady BeeBee bei einer jener aufregenden Teepartys für Senioren traf. Nach ein paar Telefonaten zwischen den beiden alten Damen packte ich meine Sachen und machte mich nach Clanton in Mississippi auf, wo Spot mich bereits ungeduldig erwartete. Im Anschluss an einen nur einstündigen Einführungskurs ließ er mich auf die Bevölkerung von Ford County los.
    In der nächsten Ausgabe veröffentlichte er einen netten kleinen Artikel samt Foto über mich, in dem er die Öffentlichkeit über mein »Praktikum« bei der Times unterrichtete. Er setzte ihn auf die Titelseite. In jenen Tagen war die Nachrichtenlage etwas flau.
    Sein Text enthielt zwei entsetzliche Irrtümer, die mich jahrelang verfolgen sollten. Die erste und weniger schwer wiegende Fehlinformation bestand darin, dass Syracuse laut Spot mittlerweile zu den Eliteuniversitäten gehörte. Er teilte seiner schwindenden Leserschaft mit, ich hätte in Syracuse entsprechend eine exzellente Ausbildung genossen. Es dauerte einen vollen Monat, bis mich jemand darauf ansprach. Ich begann schon zu glauben, dass niemand mehr diese Zeitung las. Oder, schlimmer noch, dass sie nur von Vollidioten gelesen wurde.
    Der zweite Lapsus veränderte mein Leben. Ich war auf den Namen Joyner William Traynor getauft worden. Bis zum Alter von zwölf Jahren hatte ich meine Eltern mit der Frage gelöchert, wie zwei angeblich intelligente Menschen auf die Idee verfallen könnten, ihrem Kind den Vornamen Joyner zu geben. Schließlich kam heraus, dass mein Vater oder meine Mutter – beide wiesen die Verantwortung von 10

    sich – mich Joyner genannt hatte, um einem verfeindeten Verwandten namens Joyner, der angeblich reich war, ein Friedensangebot zu machen. Ich habe ihn nie kennen gelernt, meinen Namensvetter. Bei seinem Tod muss er pleite gewesen sein, aber ich durfte seinen Namen ein Leben lang tragen. Als ich mich in Syracuse einschrieb, nannte ich mich J. William, was für einen Achtzehnjährigen ziemlich imposant klang. Doch der Vietnamkrieg, die Krawalle, die Studentenrevolte und der ganze soziale Aufruhr ließen in mir die Überzeugung aufkommen, dass der Name zu sehr nach Geschäftswelt und Establishment roch. Aus J. William wurde Will.
    Spot nannte mich nach Lust und Laune mal Will, mal William, mal Bill oder sogar Billy, und da ich auf alle Varianten reagierte, wusste ich nie, welche als Nächstes an der Reihe war. In der Zeitung, unter dem Foto mit meinem lächelnden Konterfei, stand mein neuer Name: Willie Traynor. Ich war entsetzt. Nie hätte ich mir träumen lassen, dass mich jemals ein Mensch Willie nennen würde.
    Weder auf der Vorbereitungsschule für das College in Memphis noch auf dem College selbst war ich je einem Willie begegnet. Der Name passte nicht zu mir. Ich fuhr einen Triumph Spitfire und hatte lange Haare.
    Was sollte ich meinen Freunden von der Studentenverbindung in Syracuse erzählen? Oder meiner Großmutter BeeBee?
    Nachdem ich mich zwei Tage lang in meiner Wohnung verbarrikadiert hatte, brachte ich den Mut auf, Spot gegenüberzutreten und ihn zum Handeln aufzufordern. Ich wusste
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher