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Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition)

Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition)

Titel: Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition)
Autoren: Martin Calsow
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am Tag zuvor zum ersten Mal Reginas Familie kennenlernen dürfen oder das, was noch davon übrig war. Ihre Mutter war gestorben, als Regina noch ein Kind war. Sie war mit ihren drei Brüdern auf einem Almgasthof oberhalb Innsbrucks aufgewachsen. Ihr Vater erzog sie mit Disziplin, Härte und Zähigkeit. Liebe und Zärtlichkeit kannte er nicht. Sein Hass auf die Ärzte, die seine Frau verrecken ließen, hatte jedes positive Gefühl in ihm absterben lassen. Einmal im Monat soff er sich in einen Rausch, schlug auf das Mobiliar, verschreckte die wenigen Gäste, die hier oben für ein paar Stunden Rast machten, und konnte meist erst von der Belegschaft einer etwas unterhalb liegenden Polizeistation beruhigt werden. An ihrem letzten Tag auf der Alm, bevor sie zur Gendarmerieschule nach Linz ging, hatte er Regina eine Axt hinterhergeschleudert. Die Axt, die ihm Minuten später den Kopf spaltete. Reginas Bruder hatte die Gewaltdes Vaters nicht mehr ertragen können. Das war jetzt fast 20 Jahre her.
    So war Reginas Weg zur Polizei einerseits zwangsläufig, andererseits hatte sie damit nie die Welt der Männer verlassen. Jan hatte gespürt, wie ihre Gedanken düsterer wurden, je näher sie ihrer Heimat kamen. Sie hatte ihm Tage zuvor von ihrem Vater und seinem Hass auf alle Ärzte erzählt. Aber eben auch von ihrem ältesten Bruder, der für sie ins Gefängnis gegangen war, und seinen zwei Kindern. Sie hatten es alle vom Berg herunter geschafft. Aber das Gefühl der Verlorenheit, der Niederlage und vor allem der Schuld holte sie hier immer wieder ein.
    Sie waren am Mittag mit Jans Auto in Innsbruck losgefahren. Ihr Ziel war ein Ort am Tegernsee in Deutschland. Regina wollte dort einen neuen Auftraggeber treffen. Gern hätte sie die Abkürzung über den Achensee genommen, aber der Pass war natürlich bei diesen Witterungsverhältnissen längst geschlossen. Die Wettervorhersagen warnten bereits generell vor Reisen. Wer es nicht unbedingt musste, sollte zu Hause bleiben. Seit Anfang November kletterte die Temperatur in den meisten Teilen Europas nicht mehr über den Gefrierpunkt. Und im Dezember kam jeden Tag neuer Schnee hinzu. Die Räumfahrzeuge waren pausenlos im Einsatz, um wenigstens die Hauptverkehrsadern schneefrei zu halten. So hart und großflächig war der Winter schon lange nicht mehr über den Kontinent eingebrochen.
    Jans Geländewagen kam zwar gut mit den Verhältnissen zurecht, aber immer noch waren einige Zeitgenossen mit Sommerreifen unterwegs, was zu Staus und Unfällen führte. Zudem hatten in vielen Bundesländern wie auch in Holland und Dänemark die Schulferien begonnen. So verstopften wie jedes Jahr um diese Zeit Kombis mit hässlichen Skikästen auf dem Dach die Strecken in die Winterskigebiete. Jan und Regina hatten bereits zwei Stunden Fahrt hinter sich, als sie auf der A12 Richtung Deutschland fuhren. Im Abstand von 15 Minuten erhielt Jan regelmäßig Kurznachrichten von seiner Exfrau. Regina hatte sich schon in Wien zusammengerissen und diese Flut an Nachrichten nichtkommentiert. Jan hatte etwas von Kaufabwicklung des ehemaligen gemeinsamen Hauses erzählt. Aber schon bei einer Nachfrage antwortete er genervt. Sie wollte sich zurückhalten, er würde ihr vielleicht noch mehr erzählen. Aber jetzt, nach unzähligen SMS , war ihre Geduld am Ende. Zudem litt sie an einer zähen Erkältung. Der Fußraum zwischen Reginas Beinen war voll mit benutzten Taschentüchern. In Wien hatte sie nach einem ausgiebigen Apothekenbesuch noch gescherzt, dass der Virenexpress nach Tirol nun starten könne. Jan hatte ihr, ganz Arzt, erklärt, dass es sich um eine bakterielle Infektion handeln müsse, aber mitnichten um ein Virus. Sie hatte ihn nur angeniest.
    Mit tränenden Augen sah Regina hinaus in die Schneewelt. Wenn der neue Auftrag lukrativ wurde, hatte sie in den wenigen Monaten nach ihrer Suspendierung bereits mehr verdient als in ihrer gesamten Laufbahn als Polizistin. Die Mutter ihrer letzten Klientin hatte ihr gestern die letzte Tranche überwiesen. Ein seltenes Gefühl von Erfolg stieg in ihr hoch, das jedoch sofort wieder verschwand, als sie an ihre Schulden dachte. Regina Bachmaier spielte leidenschaftlich gern Backgammon. Es hatte begonnen, als sie noch Polizeianwärterin gewesen war. Jeden ihrer Kollegen forderte sie heraus. Und fast immer gewann sie. Bis keiner mehr spielen wollte. So suchte sie neue Gegner. Und hatte in Wien in den einschlägigen Lokalen der Türken und Araber rasch zweifelhafte
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