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Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition)

Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition)

Titel: Die Lilith Verheißung: Thriller (German Edition)
Autoren: Martin Calsow
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bei den rostigen Schiffswracks hatten sie sich verabredet. Die Stadt starb einen langsamen Tod. Einst am südlichen Ende des Aralsees gelegen, war sie nunmehr 80 Kilometer von der Uferlinie entfernt. Die Fischerei, früher der größte Wirtschaftszweig der Stadt, verlor sich im Sand der Steppe. Gerade einmal 10000 Menschen lebten hier, meist Karakalpaken, ein muslimisches Turkvolk. Seit Jahrzehnten verlandete der See, seit Stalin die Flüsse, die ihn jedes Jahr mit Wasser speisten, für die Baumwollfelder im Norden stauen ließ. Der Wasserspiegel sank unaufhörlich. Die Winter wurden kälter, die Sommer heißer, das Land trocknete aus. Allah hatte es vergessen.
    »Meine Auftraggeber sind etwas erstaunt, dass Ihr Teil der Vereinbarung nicht eingehalten wurde. Was könnte der Grund sein?« Der Mann war Anfang 50, seine Gestalt wirkte hager. Dieser Eindruck wurde durch einen schmalen Kopf mit schütterem blondem Haar verstärkt. Er trug als Einziger keine Handschuhe. Während sein Gegenüber frierend von einem Bein auf das andere stapfte, blieben er und seine Begleiter unbewegt im kalten Wind stehen und starrten auf die Bande Freischärler, die aus den Bergen im Osten hier hinuntergekommen waren. Sie bezeichneten sich als Rebellen, kämpften gegen die Machthaber in Usbekistan, lebten aber hauptsächlich von Schmuggel und Drogenhandel.
    Georg Arnold hielt sich seit 24 Stunden auf den Beinen. Sie waren am frühen Abend zuvor in Termiz aufgebrochen und mussten noch heute die 900 Kilometer zurück in den Süden fahren, wenn sie die Bundeswehrmaschine erreichen wollten.Diese Freischärler hier waren die, die seinen Kameraden in Afghanistan mit Sprengfallen zusetzten. Aber das war ihm egal, solange sie die Geschäfte machten, die ihm das Geld für eine Zukunft nach der Bundeswehr brachten. Der Abzug aus diesem verdammten Land aus Staub und Tod hatte sich verzögert. Arnold hatte die Gelegenheit genutzt, um seine kleinen Geschäfte aufzubauen. Jeder Logistiker wusste, dass in der heißen Phase eines Rückzugs niemand wirklich auf alle Zahlen und Transporte schaute. Zu groß war bei allen der Wunsch, unversehrt und schnell zurückzukehren.
    Der Anführer ließ sich nicht durch den drohenden Unterton verunsichern. »Wir haben alles dabei, Sie können es sofort übernehmen. Aber Ihre letzte Überweisung ist nicht vollständig. Richten Sie Ihrem Auftraggeber aus, dass wir so nicht arbeiten. Hier setzt man auf Vertrauen.«
    Er lächelte, und seine gelben Zahnstümpfe wurden sichtbar. Er kaute Tabak, spuckte ihn zur Seite aus. Arnold widerte dieses kriegerische Bergvolk an. Zu gern hätte er sie mit einem Luftschlag vernichtet. Aber diese Ladung, die er hier übernehmen und über seine »Linie« nach Deutschland bringen sollte, war zu lukrativ. Seit über fünf Jahren arbeiteten er und sein »Team« nun auf dem Bundeswehrstützpunkt in Termiz, im Süden Usbekistans. Der Flughafen war das Drehkreuz der deutschen Armee in Afghanistan, hier wurde Personal und Material in und aus dem Kriegsgebiet verladen.
    Vor seiner militärischen Karriere hatte Arnold als Disponent in einem Warenlager eines hessischen Spielwarenkonzerns gearbeitet. Seine Kenntnisse konnte er jetzt in einem ganz neuen Maßstab anwenden. Sein System war so einfach wie genial. Ihm unterstand die Definition der Verladung. Er wusste, was in den Transall-Maschinen mitflog, wo und wann entladen wurde und wer nötigenfalls geschmiert werden musste. »Seine« Container wurden meist als militärisches Sicherheitsgut deklariert, die zuständige Empfangsstelle in Deutschland war mit seinen Leuten besetzt, und so kamen jedes Jahr 50 Tonnen Rohopium nach Europa. Sein alter Chef aus dem Warenlager hatte ihn vor dreiTagen angerufen. Er solle im Nordwesten Usbekistans zusätzliche Ware aufnehmen, ein kleiner Gefallen unter Freunden. Es war überdies gut bezahlt, also nahm der Oberleutnant den Auftrag an. Diese Unstimmigkeit in diesem Nest mit den Banditen war Alltag für ihn. Mittlerweile sprach er zwei einheimische Dialekte, und so konnte er auch die leisen Befehle, die der Anführer seinen Männern gab, gut verstehen. Sie wollten schnellstmöglich weg, es war nicht sicher. Er spürte ihre Unruhe. Arnold dagegen blieb entspannt. Er wählte mit seinem Satellitentelefon eine Nummer in Deutschland, schilderte in kurzen Worten die Problematik und lächelte, als er den Hörer weitergab. »Es ist alles geklärt.« Er reichte dem Anführer eine Zigarre, zündete sie an und blickte
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