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Die Liebeslist

Die Liebeslist

Titel: Die Liebeslist
Autoren: ANNE O'BRIEN
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verlausten Dreckspatzen, der immer draußen vor der Kathedrale sitzt und um Almosen bettelt!“
    „Ach, mein Kind – das meinst du nicht ernst! Und der Bettler, der würde dich auch nicht nehmen!“ Mutter und Tochter ließen die zweifelhafte Aussicht ein Weilchen wirken. „Gleichwohl, liebste Rosamund: Du brauchst einen Mann!“, meinte Petronilla entschieden. „Eigentlich müsstest du schon seit Jahren verheiratet sein!“
    „Weiß ich doch! Und die Vorteile streite ich ja auch keineswegs ab. Nur möchte ich …“ Vor Rosamunds geistigem Auge erschien ein Mann aus Kinderträumen, ein schwärmerisches Traumbild, dem sie eine ganze Weile nachhing. „Jung muss er sein. Hübsch natürlich auch und schwarzhaarig. Edelmütig und ritterlich; einer, der mich ehrvoll und rücksichtsvoll behandelt. Ein kultivierter, höfischer Rittersmann, des Lesens und Schreibens kundig, einer, der mich nicht schikaniert und mir nichts zumutet, das ich nicht möchte.“ Für einen Moment fühlte sie eine Sehnsucht in sich, die sie nahezu zu überwältigen drohte. „Und auf jeden Fall muss er etwas für mich übrighaben“, fügte sie zuletzt hinzu. „Liebe verlange ich ja gar nicht, aber eine simple Schachfigur in einem Machtspiel, das möchte ich auf keinen Fall sein.“
    „Na, du stellst ja vielleicht Ansprüche!“ Lady Petronilla schaute skeptisch und wandte sich wieder dem Seidenkleid zu, das nun ordentlich zusammengefaltet vor ihr lag. „Aber existiert denn ein solcher Traummann? Einer, der dich nach Gutdünken gewähren lässt? Also, ich weiß nicht … Und wenn er das täte – wäre dir das denn recht?“
    Rosamund dachte über diese Worte nach. Ihrer Mutter hatte die Ehe nicht allzu viel Glück gebracht. Wieso sollte diese Erfahrung bei ihr selbst anders sein? Sicher, einmal , da hatte es einen Mann gegeben … die Erinnerung daran traf sie bis ins Mark. Sie wandte sich ab, damit ihre Mutter nicht merkte, wie plötzliches Begehren ihr gleichsam den Hals zuschnürte.
    Ihr ungezähmter Falke. Ihr ungestümer Ritter …
    Jener Mann damals …Vier Jahre war das inzwischen her, doch Rosamund war, als hätte ihre Begegnung erst am vorherigen Tag stattgefunden, obgleich sie nicht einmal seinen Namen kannte. Der Fremde war in übelster Stimmung auf Salisbury erschienen, um mit dem Earl ein außerordentlich unerfreuliches Gespräch zu führen. Um was es dabei eigentlich ging, hatte Rosemund nie in Erfahrung gebracht. Doch zwischen Earl William und dem Ritter hatte von Anfang an böses Blut geherrscht. Wenn die zwei sich in einem Raum befanden, knisterte die Luft, und man musste jedes Mal befürchten, dass beide jeden Moment blankzogen, sobald sie nur einen Blick wechselten. Der Earl war bemüht gewesen, die Wogen zu glätten und seinen Kontrahenten zu einer Allianz zu bewegen. Daher hatte er ihm Rosamund versprochen – als Anreiz sozusagen, damit er eine Longspey zur Frau nehme.
    Rosamund wusste noch, wie man sie herbestellt hatte, damit der Ritter sie begutachten konnte, als wäre sie ein Stück Vieh auf dem Markt.
    Das hatte er aber gar nicht, sondern sie, als sie das Gemach betrat, gerade mal finster gemustert, danach aber kaum mehr eines Blickes gewürdigt. Er war nicht einmal so höflich gewesen, ihre Vorzüge als Braut überhaupt in Betracht zu ziehen – und das trotz der erheblichen Mühe, die ihre Mutter sich gemacht hatte, um die Tochter so passabel wie möglich zu präsentieren, indem sie ihr smaragdgrüne Schleifen in die Zöpfe geflochten hatte. Was für eine dünkelhafte Situation das gewesen war: eine oberflächliche Musterung von Kopf bis Fuß, wobei er sie mit Blicken nahezu auszog, um ihr danach die kalte Schulter zu zeigen. Selbst jetzt, mit jahrelangem Abstand, erlebte sie aufs Neue jenen demütigenden Moment, der ihr die Schames- und Zornesröte zugleich in die Wangen getrieben hatte. Nicht etwa, dass ihm das aufgefallen wäre! Der Rittersmann war zu sehr damit beschäftigt gewesen, Earl William eine Absage zu erteilen, um auf Rosamunds Erscheinung oder gar ihre Gefühle angesichts dieser erniedrigenden Behandlung überhaupt einen Gedanken zu verschwenden. Sie war schon Luft für ihn gewesen, kaum dass sie den Fuß in die Kammer gesetzt hatte.
    Ihr wollt mich mit einer Longspey kaufen? Daraus wird nichts. An Euren Händen, Mylord, klebt Blut. Und das lässt sich nicht abwaschen, indem Ihr mir eine weinerliche Jungfer offeriert.
    Die mühsam unterdrückte Wut in seiner Stimme, der schroffe, drohende Ton!
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