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Die lieben Patienten!

Die lieben Patienten!

Titel: Die lieben Patienten!
Autoren: Robert Tibber
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Witwer, in Kürze eine amerikanische Erbin heiraten und mit ihr zu einer Fahrt um die Welt davonsegeln würde. Faraday war sein erster Assistenzarzt und hatte schon seit Jahren die fadenscheinige Hoffnung genährt, endlich einmal zu einer Facharztstelle zu kommen. Es bestand jetzt noch keine Garantie, daß er den Posten bekommen würde, aber die Aussichten waren ziemlich gut. Faraday, beinahe ein Genie und ein unermüdlicher Arbeiter, war außer sich vor Freude.
    Ich wünschte ihm Glück, und Sylvia an meinem Ellbogen schrie ihre Wünsche ebenfalls ins Telefon.
    »Ihr habt doch wohl noch nicht geschlafen?« erinnerte sich Faraday zu fragen, als sich seine Aufregung gelegt hatte.
    »Nein, wir schliefen noch nicht.«
    »O. K.«, schloß er. »Ich werde euch auf dem laufenden halten.«
    »Tu das«, bat ich. »Gib mir sofort Bescheid, wenn du irgend etwas hörst.«
    »Im gleichen Augenblick.«
    Ich wollte noch auf Wiedersehen sagen, aber er hatte schon aufgehängt.
    »Aufregend«, sagte ich. »Ich hoffe, er bekommt die Stelle.«
    »Ich auch.« Sylvia legte sich wieder zurück. »Was wollte ich noch sagen?«
    »Ich kann mich nicht erinnern. Ich glaube auch nicht, daß ich mich noch länger wachhalten kann.«
    »Ich auch nicht.«
    »Sollen wir es bis morgen früh lassen?«
    »Laß es.«
    »Gute Nacht«, hauchte ich.
    »Gute Nacht.«
     

2. KAPITEL
     
    Aber der Morgen - das hätten wir wissen müssen, wenn wir überlegt hätten, daß uns das übliche ärztliche und haushälterische Ballett keine Zeit mehr zur Unterhaltung läßt. Was sage ich, Ballett! Da gab es kein stummes Zurechtstellen, kein letztes Räuspern, bevor der Vorhang hochging, kein süßes, klimperndes Stimmen er Geigen, kein atemraubendes, herzbeklemmendes Lampenfieber. Wie ein Alptraum, so ging es - mit einem Knall - um sieben los, und sofort überstürzten sich die Ereignisse. Penny stürzte ms Zimmer, um anzukündigen, daß es schon ein Viertel nach elf sei und daß sie zu spät zur Schule kommen würden. Zur gleichen Zeit klingelte das Telefon und brachte die Neuigkeit, daß Mrs. Clamp in den Wehen läge, und die Türklingel schellte zum zweitenmal dringend, da der Briefträger das Paket mit Röntgenfilmen nicht durch den Briefkastenschlitz bekommen konnte. Ich stand auf, um mich mit dem Briefträger und Mrs. Clamp zu beschäftigen, und Sylvia, um unsere augenblickliche au pair , eine junge Dame aus der Schweiz, die anscheinend nie ihren vollen Schlaf bekam, aus dem Bett zu holen. Es war eigentlich ihre Aufgabe, sich um diese frühen Morgenvorfälle zu kümmern - abgesehen natürlich von Mrs. Clamp.
    Nach diesem unerfreulichen Beginn konnte ich während des Tages nur ab und zu einen kurzen Blick von Sylvia erhaschen. Während ich bei Mrs. Clamp war, machte sie den Kindern Frühstück; als ich zu einer schnellen Tasse Kaffee nach Hause kam, brachte sie die Kinder zur Schule; zur Lunchzeit fand Mrs. Clamps Entbindung statt; ich aß meinen aufgewärmten Eintopf um vier, während Sylvia mit den Zwillingen zum Haarschneiden ging; ich war zur Sprechstunde zurück, als sie die Kinder ins Bett brachte; während sie beim Dinner saß, hatte Mrs. Clamp eine zweite Blutung.
    Um elf Uhr trafen wir uns im Schlafzimmer.
    »Guten Tag, wie geht es Ihnen?« grüßte ich.
    »Ich freue mich, Sie zu sehen«, antwortete Sylvia, während sie einen Knopf an mein Hemd nähte.
    »So kann das nicht weitergehen.«
    »Meine Meinung.«
    »Wir müssen etwas dagegen tun.«
    »Hab’ ich schon.« Sie schnitt den Faden ab und bewunderte ihr Werk.
    »Was meinst du?«
    »Wir werden übers Wochenende fortgehen.«
    »Unmöglich! Wohin?«
    »Nach Limmering. Warum?«
    »Die Kinder.«
    »Ich habe mit deiner Mutter gesprochen. Sie will sie nehmen.«
    »Die Patienten.«
    »Ich habe Frau Dr. Miller in der Hohestraße gefragt. Sie hat nichts dagegen, dich zu vertreten.«
    »Du hättest sie nicht fragen sollen.«
    »Nun, ich habe es getan. Sonst noch Einwände?«
    »Ich habe Verabredungen für Sonnabend getroffen.«
    »Die kannst du abbestellen.« ,
    »Meinst du!« knurrte ich.
    »Sag schon, was es ist.«
    »Nun, ich sollte Heatherington bei Mrs. Bridgewater assistieren. Er will ihre Krampfadern behandeln.«
    »Das hat Heatherington schon allein gemacht, bevor du geboren warst. Die nächste.«
    »Eine Untersuchung wegen einer Versicherung um fünf Uhr dreißig.«
    »Der kann am nächsten Sonnabend kommen.«
    »Die dritte Polio-Impfung für das Baby der Neville-Brownes. Ich versprach hinzukommen«,
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