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Die Liebe Und Wie Sich Leidenschaft Erklaert

Die Liebe Und Wie Sich Leidenschaft Erklaert

Titel: Die Liebe Und Wie Sich Leidenschaft Erklaert
Autoren: Bas Kast
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es jedoch zum Thema Beziehungen kommt, gehen wir stillschweigend davon aus, auch ohne Vorbereitung ganz gut gerüstet zu sein. Ist das nicht seltsam? Die Vorstellung etwa, Verlobten einen Eheführerschein abzuverlangen, klingt geradezu absurd. [32]
    Zugegeben, der Vergleich ist nicht ganz fair. Mit jeder Freundund Partnerschaft, mit jeder Affäre, jedem Streit, jeder Versöhnung, lernen wir etwas über die komplizierte Logik der Liebe.
    Andererseits legt schon eine simple Beobachtung nahe, dass »einfach nur machen« nicht ausreicht. So heiraten drei Viertel der Geschiedenen wieder, die meisten bereits binnen drei Jahren. [33] Und man könnte meinen: Diese Gruppe hat gelernt, mit Krisen umzugehen, mit Unterschieden im Charakter, mit Konflikten, und geht nun reifer, klüger, erfolgreicher in die nächste Beziehung. Aber diese Vorstellung ist falsch: Paare in ihrer zweiten Ehe lassen sich noch öfter scheiden als in ihrer ersten, ganz so, als hätten sie nichts dazugelernt. [34]
    Woran könnte das liegen? Vielleicht ist unsere Grundannahme – dass man für die Liebe keine Bildung braucht – falsch. Vielleicht kommt es auch in der Liebe auf beides an, Erfahrung und Hintergrundwissen, Praxis und Theorie. Deshalb habe ich dieses Buch geschrieben. Es soll das Hintergrundwissen unseres Liebeslebens zur Verfügung stellen, vom ersten Flirt bis hin zu den Erfolgsgeheimnissen von Dauerpaaren.
    Sie ist weit gekommen, die Wissenschaft. So manches Geheimnis unserer leidenschaftlichen Gefühle hat sie gelöst. Dennoch: Die Erkenntnisse nehmen nichts von dem Zauber der Liebe, im Gegenteil. Sie werden dazu beitragen, dass Sie diesen Zauber länger genießen können.

Kapitel 1 Die Kunst der Verführung
    Wo die Leidenschaft erwacht
    Die Wurzeln der Flirtforschung lassen sich ziemlich genau datieren. Sie liegen um die Jahre 2 bis 1 vor Christi Geburt. In dieser Zeit verfasste der römische Dichter Ovid ( 43 v. Chr. – 18 n. Chr.) das erste Benutzerhandbuch für Verführer: Ars amatoria oder Liebeskunst.
    Der Ratgeber, der sich an die Jugend Roms wendet, lässt nur wenig zu wünschen übrig. Zuerst stärkt der Autor das Selbstbewusstsein seiner Leser: »Ernstlich durchdringe dein Herz die Zuversicht, du könntest alle fangen; dann fängst du sie auch.« Es folgen hochdetaillierte Anweisungen fürs Äußere: »Nicht sei zu Stacheln dein Haar in entstellender Weise geschoren; [...] Und aus dem Nasenloch steh’ niemals ein Haar hervor. Nicht komme widriger Atem aus übel riechendem Munde.« Praxisbewährte Tipps sollen dabei helfen, die Vertreter des anderen Geschlechts rumzukriegen, und sowohl Männer als auch Frauen, für die es eigens getrennte Kapitel gibt, kommen auf ihre Kosten.
    Besonders beachtenswert ist dabei eine Erkenntnis, die sich an verschiedenen Stellen im römischen Ratgeber finden lässt und die man als »Ovids Verführungsformel« bezeichnen könnte. Damit der Funke überspringt, komme es nicht nur aufs Selbstbewusstsein und aufs Äußere an, sondern auch auf die Umstände. Auf die Situation. Die Leidenschaft erwache vor allem an Orten der Aufregung, im Theater, bei »Wettrennen rassiger Pferde«, simulierten Seeschlachten oder Gladiatorenspielen: »Schaut die Arena euch an, die vom warmen Blute befleckt ist, und den Wendepunkt, den glühende Räder umfahrn.« [35]
    Mit dieser Einsicht hat Ovid die moderne Forschung um fast 2000  Jahre vorweggenommen.

Die Brücke zur Liebe
    Anfang der 70 er Jahre machen sich zwei Psychologen in Kanada auf, Ovids Hypothese zu testen. Schauplatz ist der Capilano-Canyon, ein großer, grüner Naturpark, nicht mehr als zehn Minuten von der Metropole Vancouver, Kanadas drittgrößter Stadt, entfernt.
    Eine beliebte Touristenattraktion dort ist die Capilano Canyon Suspension Bridge, die größte Fußgängerhängebrücke der Welt. [36] Sie ist zwar nur gut einen Meter breit, dafür aber 140 Meter lang. Umringt von riesigen Zedernbäumen, ragt die Brücke in einer Höhe von 70 Metern über den rauschenden Capilano River. Das Geländer ist niedrig, und es kippt und schaukelt ununterbrochen. Eine wacklige Angelegenheit. Ein aufregender Ort.
    Ein kleines Stück flussaufwärts gibt es eine weitere Brücke. Sie besteht aus festem Zedernholz, ist drei Meter hoch und führt über einen schmalen Nebenarm des Flusses. Hier ist nichts wacklig und aufregend, sondern alles solide und langweilig.
    Damit ist der Capilano-Canyon der ideale Ort für das »Brücken-Experiment«, das unter den
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