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Die Letzte Spur

Die Letzte Spur

Titel: Die Letzte Spur
Autoren: Charlotte Link
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überstehen. Ich weiß nicht, was ohne ihn passiert wäre.«
    »Er liebt dich sehr.«
    »Er würde gern bei mir leben.«
    »Dazu brauchtest du aber Dennis' Zustimmung.«
    »Vielleicht lässt er mit sich reden. Es ging ihm immer nur darum, dass Rob glücklich ist. Ich denke, wir beide, Rob und ich, haben eine Chance.«
    Sie schwiegen, und Cedric versuchte zu begreifen, dass seine kleine Schwester gerade ihr gesamtes Leben aus den Angeln hob und umstürzte, und dass sie dies mit einer Entschlossenheit und Klarheit tat, die er nur bewundern konnte.
    »Ich fliege in ein paar Tagen nach New York zurück«, sagte er schließlich, »ich bin schon wieder ziemlich fit. Der Arzt meinte zwar, ich solle noch warten, aber das Herumhängen bekommt mir nicht. Es muss jetzt irgendwie weitergehen. «
    »Nimmst du Pamela mit?«
    »Sie würde sehr gern mitkommen. Ich bin noch unschlüssig. Ich glaube nicht, dass ich ihre Zuflucht sein kann – ausgerechnet ich! Ich muss erst einmal mein eigenes Leben in Ordnung bringen.«
    »Vielleicht braucht sie nur ein Sprungbrett. Sie ist stark, Cedric, sonst hätte sie die letzten Jahre gar nicht überstehen können. Ich glaube nicht, dass sie dir lästig sein wird.«
    »Ich mag sie«, sagte Cedric, »aber ich habe noch keine Ahnung, was letztlich daraus werden könnte.«
    »Ich habe auch keine Ahnung, was aus meinem Leben wird«, entgegnete Rosanna.
    »Schöner Mist, das alles«, meinte Cedric und strich sich die Haare aus der Stirn, eine Verlegenheitsgeste, mit der er häufig schwierige Momente überspielte.
    »Ich war bei Geoff«, fuhr er dann übergangslos fort, »zum letzten Mal vorerst. Habe mich verabschiedet.«
    »Und er hatte sicher Oberwasser, nicht wahr? Weil er es die ganze Zeit über gewusst hat?«
    Jetzt musste Cedric lachen. Zum ersten Mal an diesem Tag. »Der gute alte Geoff. Unser Cato. Ceterum censeo, Marc Reeve ist der Täter. Das kam ja schon gebetsmühlenartig von ihm. Und nun hat er tatsächlich recht behalten. Aber er hat nicht triumphiert. Er wirkte einfach nur erleichtert, dass er Bescheid weiß, dass er abschließen kann. Nur das war letztlich wichtig.«
    Sie konnte das verstehen. Abschließen zu können war wichtig. Gewissheit zu haben.
    Er schien zu ahnen, was sie dachte.
    »Ist es das, was dich so sehr quält?«, fragte er vorsichtig. »Dass du nie die letzte Gewissheit haben wirst, ob Marc die Wahrheit gesagt hat? Dass es ein Unfall war mit Elaine? Und nicht doch ein Angriff von seiner Seite?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Nein. Ich habe mich noch draußen in Wiltonfield entschlossen, ihm zu glauben, und ich bleibe dabei. Ich glaube ihm. Was mich quält, ist, dass … ich ihn das nicht mehr habe wissen lassen können. Dass ich nichts getan habe, ihn einen anderen Ausweg sehen zu lassen als den, für den er sich am Ende entschieden hat. Das quält mich. Das wird mich immer quälen.«
    Was sollte er darauf erwidern?
    »Marcs Selbstmord war ein Akt der Panik«, sagte er schließlich, »so wie die Beseitigung von Elaines Leiche. In kritischen Situationen neigte er offenbar zu Kurzschlusshandlungen.«
    »Auch etwas, was man nicht geglaubt hätte, wenn man ihm im Alltag gegenüberstand«, sagte Rosanna. »Nein, nicht im Mindesten hätte man es geglaubt. Seine Maske war immer perfekt.« Sie streckte den Arm aus, nahm die Hand ihres Bruders.
    »Komm, lass uns gehen. Ich finde hier einfach nichts, was ich mitnehmen möchte. Es liegt nicht nur daran, dass diese Wohnung nichts hergibt. Es liegt vor allem daran, dass ich ihn nicht kannte.«
    Sie traten auf die Straße. Der Wind fegte kalt zwischen den Häusern hindurch, obwohl es der erste März war und der Frühling zum Greifen nah schien.
    Der erste März, dachte Rosanna, Joshs Geburtstag. Er wird sich nie mit seinem Vater versöhnen können. Aber vielleicht hätte er es auch nicht gewollt.
    Pamela hatte das Auto verlassen und ging auf dem Gehsteig auf und ab, beide Arme fest um ihre Mitte geschlungen. Ihre Nase war rot, die Lippen bläulich. Aber sie sah entspannter aus, wirkte nicht mehr so gehetzt. Sie hatte sich vor ihrem Peiniger Pit Wavers für immer in Sicherheit gebracht, indem sie ihn erschoss. Sie hatte den Mörder von Jane French und den mutmaßlichen Mörder von Linda Biggs damit zur Rechenschaft gezogen. Der allererste Anflug eines neuen Selbstbewusstseins, einer neuen Kraft, war seither in ihren Augen zu lesen.
    »Meine Güte, endlich«, sagte sie, als sie die Geschwister auf sich zukommen sah, »es ist
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