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Die letzte Aussage

Die letzte Aussage

Titel: Die letzte Aussage
Autoren: Keren David
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finster, aber ich stehe nicht auf.
    »Gut«, sagt sie, »ich glaube, wir sind hier sowieso durch. Du kommst mit mir, Ty. Wir haben das Vertrauen in den Zeugenschutz verloren. Wir werden weiterhin mit der Polizei zusammenarbeiten, wenn es Zeit für deine Aussage ist. Aber nur, wenn wir mit den Sicherheitsvorkehrungen einverstanden sind.
    Gran bleibt mit Nicki noch hier, damit sie ihre Aussagen machen können. Und vielleicht kommt ja mal irgendjemand auf die Idee, ihnen was zum Anziehen zu besorgen, und dann können sie sich mit Doug über alles Weitere unterhalten.«
    Was soll das heißen? Wie will Lou auf mich aufpassen? Was passiert mit meiner Mum? Und mit Gran? Lässt mich die Polizei überhaupt weg?
    »Nach diesem bedauerlichen Vorfall bekommt Ty jetzt einen Rund-um-die-Uhr-Schutz«, sagt Doug. »Ich finde, Sie sollten nichts überstürzen.«
    Louise ist kurz vorm Explodieren. Das erkenne ich immer daran, dass ihre Nasenspitze ganz rosa wird.
    »Meiner Meinung nach ist Ty momentan ziemlich sicher. Die Drecksäcke, die es auf ihn abgesehen haben, glauben, dass sie ihn erwischt haben. Jedenfalls so lange, bis Sie den Namen des Opfers veröffentlichen. Ich hoffe doch sehr, dass Sie sich in dieser Hinsicht noch eine Weile zurückhalten. Damit bleibt mir etwas Zeit, Ty an einen Ort zu bringen, von dem niemand etwas weiß. Weder die Londoner Polizei noch sonst irgendeine unfähige Polizeitruppe im Land.«
    »Wollen Sie damit andeuten, wir hätten etwas damit zu tun?«, fragt Doug, der ebenfalls ziemlich erregt ist.
    »Ich will damit andeuten, dass Sie sofort herausfinden sollten, wie diese Kerle an Nickis und Tys Adresse gekommen sind. Jede Wette, dass es hier irgendwo eine undichte Stelle gegeben hat. Und falls Sie das nicht tun, rufe ich die Beschwerdestelle der Polizei an, sobald ich meinen Neffen in Sicherheit gebracht habe. Und ich möchte, dass Sie in die Wohnung gehen und Tys Sachen zusammenpacken, damit ich mit ihm in einer halben Stunde von hier aufbrechen kann. Dann können Sie sich darauf konzentrieren, für Nicki und meine Mutter und Emma – ach ja, und auch für mich – irgendwo einen sicheren Ort zu organisieren. Ihre Rund-um-die-Uhr-Bewachung können Sie sich für uns aufsparen.«
    Sie führt Gran und mich aus dem Zimmer. Doug folgt ihr, und als er meine Mum sieht, sagt er: »Nicki, ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
    »Eine Entschuldigung wäre nicht schlecht«, blafft ihn Louise an, »aber das ist wohl nicht erlaubt, was, Doug? Damit würde man ja seine Schuld eingestehen.«
    Dann erkundigt sie sich, wo sie ungestört telefonieren kann, und ein Polizist führt sie ein Stück weiter den Flur hinunter.
    Emma wiegt Mum immer noch hin und her und Gran nimmt mich fest in den Arm.
    »Ty, mein Liebling«, sagt sie, »das wird jetzt nicht einfach, aber Louise weiß, was sie tut. Dieses Mädel ist knallhart und hat schon immer die richtigen Entscheidungen getroffen. Sie weiß genau, was am besten für dich ist.«
    »Ich will bei dir bleiben«, sage ich. »Ich hab dich gerade erst wiedergekriegt.«
    Gran ist schon immer mehr eine Mutter für mich gewesen als meine richtige Mum. Die vergangenen Monate ohne sie waren fast nicht auszuhalten. Ich kann nicht glauben, dass wir jetzt schon wieder getrennt werden. Ich klammere mich wie ein Äffchen an ihr fest, nicht wie jemand, der in einem guten Monat fünfzehn wird.
    Sie küsst mich auf die Stirn und sagt: »Ich bin immer bei dir, mein Schatz, und ich hab dich immer lieb. Aber Nicki braucht mich jetzt mehr als du.«
    Das war’s. Doug kommt mit meiner Tasche zurück und stellt sie in Lous Auto. Ich umarme Gran und Emma zum Abschied. Meine Mum übergibt sich im Klo, deshalb warten wir, bis sie wieder herauskommt. Dann drücke ich sie auch noch einmal fest, obwohl sie nach Kotze riecht. Sie kann nicht aufhören zu weinen, und ich bin mir nichtmal sicher, ob ihr klar ist, dass sie mich vielleicht wochenlang nicht wiedersieht … oder gar Monate? Oder nie mehr?
    »Pass auf dich auf«, sagt sie. »Pass gut auf dich auf. Lou, pass auf ihn auf.«
    »Keine Sorge, Nicki«, sagt Louise. »Ich mache, was am besten für ihn ist.«
    Meine Mum hört mitten im Schluchzen auf zu heulen. Sie zieht die Nase kräftig hoch, was aber längst nicht ausreicht, um sich von dem ganzen Rotz im Gesicht zu befreien, schaut Louise direkt in die Augen und sagt: »Er ist mein Sohn, Louise, vergiss das nicht.«
    »Ich glaube, das dürfte so schnell niemand von uns vergessen, Nicki«, erwidert
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