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Die Letzte Arche

Die Letzte Arche

Titel: Die Letzte Arche
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der Athabasca-Ölsande in Alberta beteiligt. Öl, Kohle, Gas und Ölschiefer wurden in Colorado überall westlich der Rockies bereits in großem Umfang gefördert. Das Alberta-Projekt hatte jedoch ganz andere Dimensionen. Angeblich wurde es von der nach Edmonton verlegten kanadischen Regierung unterstützt, aber das diente lediglich als Feigenblatt. Die amerikanische Bundesregierung in Denver wollte möglichst viele der zighundert Milliarden Barrel Öl herausholen, die sich aus dem Bitumen gewinnen ließen, bevor das Meer sich in nicht allzu vielen Jahren, wenn die pessimistischeren Experten Recht hatten, über ihnen schloss. Dadurch wollte die Regierung kurzfristig ihre eigene Position sichern, aber auch eine Grundlage für die nationale Erholung an jenem ersehnten Tag schaffen, an dem die Wassermassen zurückzuweichen begannen. Die Ökologie, die Umwelt und so weiter hatten bereits katastrophalen Schaden gelitten. Aber reiche Männer am richtigen Platz, so wie Patrick Groundwater, häuften sogar noch größere Reichtümer an. Patrick hatte sich nicht träumen lassen, dass er jemals eine solche Rolle übernehmen würde. Aber jemand musste es tun, und er versuchte, die Aufgaben, vor die er sich gestellt sah, gewissenhaft zu erfüllen. Das war nun einmal der Lauf der Dinge.

    Ein leises Schnarchen verriet ihm, dass Holle tief und fest schlief. Er sah nach ihr, zog die Decke ein wenig fester um sie und vergewisserte sich, dass ihr Angel ausgeschaltet war.
    Dann machte er sich wieder an die Arbeit.
     
    Am nächsten Morgen weckte ihn Holle wie üblich um sechs Uhr. Zu seiner großen Erleichterung regnete es nicht, und die Sommersonne schaffte es hin und wieder, die turmhoch aufragenden Wolken zu durchbrechen. Gegen acht Uhr waren sie mit dem Frühstück fertig.
    Trotz Alice Sylvans Protesten beschloss er, einen Spaziergang zu machen und sich ein paar Sehenswürdigkeiten anzuschauen; sie hatten noch ein paar Stunden Zeit bis zu seiner Verabredung mit Nathan Lammockson in der Stadtbibliothek. Holle hatte den größten Teil ihres jungen Lebens in gesicherten Siedlungen verbracht. Es würde eine Bereicherung für sie sein, einmal eine halbwegs funktionierende Stadt zu sehen. Also packte er eine Tasche mit den wichtigsten Dingen, die man für ein Kind brauchte: Papiertaschentücher, ein Buch, Spielsachen, Holles Angel, eine Wasserflasche. Holle trug ein Sommerkleid, und nachdem sie Sonnencreme auf Arme und Gesicht aufgetragen und einen pinkfarbenen Hut aufgesetzt hatte, waren sie abmarschbereit.
    Alices Team verteilte sich in ihrer Umgebung, als sie aufbrachen und sich durch die morgendlichen Menschenmengen auf der Tremont Place zur 16 th Street Mall vorarbeiteten. Die Gebäude waren von zerbrochenen Glasscheiben und abblätternder Farbe verunstaltet, auf den Grünflächen wuchsen Feldfrüchte wie Kartoffeln und Bohnen, und die Bäume waren schon längst gefällt und zu Brennholz verarbeitet worden. Auf den breiten Boulevards fuhren nur wenige Fahrzeuge – man sah eher Panzer
oder Panzerwagen als PKWs –, aber die Straßen waren voller Fußgänger, Fahrräder und Rikschas, die an längst erloschenen Verkehrsampeln vorbeiströmten.
    Die Mall selbst war ein schnurgerader, von Geschäften gesäumter Streifen, eine ehemalige Fußgängerzone mit rostenden Straßenbahngleisen und Baumstümpfen. Die Oberleitungsbusse für die Einkaufsbummler fuhren nicht mehr, dafür tuckerten schwere Fahrzeuge vom Sheriff’s Office und der Polizei langsam die Straße entlang; ihre Megafone blökten hin und wieder barsche Befehle. Patrick staunte über die vielen Soldaten und Sicherheitskräfte, die er sah. Vermutlich fungierte die Mall als Überwachungskorridor, der sich durch den Central Business District und vielleicht bis nach Lower Downtown erstreckte.
    Der Spaziergang erwies sich als relativ unproblematisch. Nur an den Rändern der Mall kampierten Obdachlose, darunter einige Familien mit Kindern, in Hauseingängen unter Haufen von Decken und Pappendeckeln. Fußstreifen von Polizisten und Heimatschützern prüften die Passierscheine und biometrischen ID-Marker der keinen Widerstand leistenden IDPs, um sich zu vergewissern, dass sich im Lauf der Nacht keine weiteren Illegalen in die Stadt geschlichen hatten. Mitarbeiter von Hilfsorganisationen verteilten Schalen mit Bohnen und Reis sowie Becher mit heißem Wasser.
    Einige Geschäfte hatten noch geöffnet. In den Lebensmittelläden und Restaurants gab es fast ausschließlich regionale
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