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Die Leopardin

Titel: Die Leopardin
Autoren: Ken Follett
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ausgerissenen, dicht belaubten Reben getarnt. Michel Clairet und Gilberte Duval saßen im Fond. Sie waren an Händen und Füßen gefesselt und wurden von Leutnant Hesse bewacht.
    Franck hatte außerdem die beiden jeweils mit einem Gewehr bewaffneten Scharführer der Waffen-SS bei sich. Vor ihren aufmerksamen Augen erstreckte sich der Kartoffelacker, klar und deutlich sichtbar im Mondlicht.
    »Die englischen Spione werden in wenigen Minuten eintreffen«, sagte Franck. »Das Überraschungsmoment ist auf unserer Seite, denn sie haben keine Ahnung, dass wir sie hier erwarten. Aber denken Sie dran: Ich muss sie lebend haben – vor allem die Rädelsführerin, dieses kleine Weib. Schießen Sie sie also nur kampfunfähig, nicht tot.«
    »Das können wir Ihnen nicht garantieren«, wandte einer der Schützen ein. »Der Acker muss an die dreihundert Meter breit sein. Angenommen, der Feind ist hundertfünfzig Meter weit weg – auf diese Entfernung lassen sich die Beine eines Davonlaufenden nicht mehr mit absoluter Sicherheit treffen.«
    »Die rennen nicht«, erklärte Franck. »Die warten auf ein Flugzeug. Sie müssen eine Linie bilden und mit Taschenlampen dem Piloten den Weg zur Landung weisen. Das heißt, dass sie minutenlang still stehen werden.«
    »Mitten auf dem Feld?«
    »Ja.«
    Der Mann nickte. »Dann schaffen wir ‘s.« Er blickte gen Himmel. »Wenn der Mond nicht gerade hinter einer Wolke verschwindet.«
    »In diesem Fall stellen wir im entscheidenden Moment die Autoscheinwerfer an.« Der Mercedes hatte tellergroße Lichter.
    Der zweite Schütze sagte: » Still!«
    Alle drei hielten inne und lauschten. Ein motorisiertes Fahrzeug näherte sich. Sie knieten nieder. Trotz des Mondlichts waren sie vor dem Hintergrund der dicht stehenden dunklen Weinstöcke nicht zu sehen, sofern sie nicht die Köpfe hoben.
    Vom Dorf her rumpelte ein Lieferwagen mit ausgeschalteten Scheinwerfern heran und blieb vor dem Gattertor zum Kartoffelfeld stehen. Eine weibliche Gestalt hüpfte heraus und zog das Tor auf. Der Kombi fuhr auf das Feld, und der Motor wurde abgestellt. Zwei weitere Personen stiegen aus, eine zweite Frau und ein Mann.
    »Ganz still jetzt«, wisperte Franck.
    In diesem Augenblick wurde die Ruhe vom Tuten einer Autohupe durchbrochen. Es klang unglaublich laut.
    Franck fuhr zusammen und fluchte. Der Lärm kam aus dem Mercedes direkt hinter ihm. »Himmelarschundzwirn!«, brüllte er, sprang auf und lief zur Fahrertür, deren Fenster offen stand. Er erkannte sofort, was passiert war.
    Michel Clairet war aufgesprungen, hatte sich über den Vordersitz gebeugt und, bevor ihn Hesse hatte daran hindern können, mit seinen gefesselten Händen auf die Hupe gedrückt. Hesse, der auf dem Beifahrersitz saß, versuchte seine Pistole zu ziehen, doch inzwischen hatte sich auch Gilberte Duval bewegt und sich auf Hesse geworfen. Sie schränkte seine Bewegungsfreiheit derart ein, dass er erst einmal damit beschäftigt war, sie aus dem Weg zu schieben.
    Franck streckte die Arme durchs Fenster und wollte Clairet wegstoßen, doch der widersetzte sich, und Francks ungünstige Position ließ den entsprechenden Krafteinsatz nicht zu. Die Hupe dröhnte also ihre ohrenbetäubende Warnung, die die Resistance-Saboteure unmöglich überhören konnten, weiter in die Nacht.
    Franck fingerte nach seiner Waffe.
    Clairet fand den Schalter für die Scheinwerfer, und sie gingen an. Franck blickte auf. Seine beiden Schützen waren im Lichtkegel furchtbar exponiert. Sie erhoben sich zwar beide von ihren Knien, doch bevor sie sich aus dem Lichtfeld werfen konnten, ertönte vom
    Feld her das Rattern einer Maschinenpistole. Einer der Schützen schrie auf, ließ sein Gewehr fallen, krampfte die Hände um seinen Bauch und fiel quer über die Motorhaube des Mercedes. Den zweiten streckte unmittelbar darauf ein Kopftreffer nieder. Franck spürte einen scharfen Schmerz, der seinen linken Arm durchzuckte, und er stieß vor Schreck einen lauten Schrei aus.
    Dann fiel ein Schuss im Innern des Mercedes, und Clairet schrie auf. Hesse war es endlich gelungen, sich von Gilberte zu befreien und seine Pistole zu ziehen. Er feuerte ein zweites Mal, und der Franzose brach zusammen, doch seine Hand lag noch immer auf der Hupe und wurde nun von seinem Körper noch fester darauf gedrückt. Der grauenvolle Lärm dauerte an, und auch Hesses dritter und völlig überflüssiger Schuss, der bereits einen Toten traf, änderte daran nichts. Gilberte kreischte, warf sich erneut gegen
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