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Die Lennox-Falle - Roman

Die Lennox-Falle - Roman

Titel: Die Lennox-Falle - Roman
Autoren: Heyne
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zumindest werde das. Im Nebenzimmer ist eine Couch, und ich habe bereits meine Frau angerufen. Sie hat alles in den Nachrichten gehört.«
    »Sehr wohl, Monsieur … Madame Villier und auch Sie, Monsieur, trotz der schrecklichen Umstände ist es wirklich eine große Freude, Sie beide wiederzusehen. Wir alle erinnern uns sehr gerne an Sie.«
    »Vielen Dank, Charles«, sagte Catherine. »Sie sehen gut aus, mein Freund.«
    »Noch besser würde ich aussehen, wenn Sie wieder auf der Bühne wären, Madame.« Der Mann nickte und schloß die Tür hinter sich.
    »Weiter, Vater. Was ist damals geschehen?«

    »Wir waren alle in der Résistance«, begann Julian Villier und nahm auf einem kleinen Sofa Platz, »Künstler, die sich gegen einen Feind zusammengetan hatten, der jede Kunst zerstören würde. Und wir verfügten über gewisse Talente, die uns dienlich waren. Musiker übermittelten Nachrichten, indem sie einzelne Phrasen einfügten, die nicht in der Partitur enthalten waren; Bühnenmaler produzierten die Plakate, die die Deutschen verlangten, und benutzten auf subtile Weise Farben und Bilder, die ebenfalls als Codes dienten. Und wir im Theater veränderten beständig die Texte, ganz besonders die von wohlbekannten Stücken und gaben auf die Weise häufig direkte Instruktionen an die Saboteure -«
    »Ja, ja«, sagte Jean-Pierre ungeduldig. »Ich habe die Geschichten alle gehört. Aber danach frage ich jetzt nicht. Ich weiß, es ist für euch genauso schwierig wie für mich, aber bitte sagt mir, was ich wissen muß.«
    Die beiden alten Leute sahen einander tief in die Augen; dann nickte die Frau, als sie sich so fest bei der Hand nahmen, daß die Venen hervortraten. »Jodelle wurde entdeckt«, sagte ihr Mann, »ein junger Kurier, der der Folter nicht widerstehen konnte, hat ihn verraten. Die Gestapo umringte sein Haus und wartete eines Abends auf seine Rückkehr. Aber er konnte nicht kommen, weil er in Le Havre war und dort in der frühen Planungsphase der Invasion mit britischen und amerikanischen Agenten den Kontakt herstellte. Es hieß, der Anführer der Gestapo-Einheit sei, als schließlich der Morgen dämmerte, wütend geworden. Das Haus wurde gestürmt und deine Mutter und dein älterer Bruder, ein fünfjähriges Kind, wurden exekutiert. Jodelle griffen sie einige Stunden später auf; wir konnten ihn verständigen, daß du überlebt hattest.«
    »Oh … mein Gott!« Der gefeierte Schauspieler wurde bleich und seine Augen schlossen sich, als er in seinen Sessel sank. »Diese Ungeheuer! … Nein, wartet, was habt ihr da gerade gesagt? ›Es hieß, der Anführer der Gestapo -‹ Es hieß? Das ist nicht bestätigt?«
    »Du begreifst sehr schnell, Jean-Pierre«, stellte Catherine fest. »Du hörst zu, deshalb bist du ein großer Schauspieler.«
    »Zur Hölle damit, Mutter! Was hast du gemeint, Vater?«

    »Es war bei den Deutschen nicht üblich, die Familien von Résistance-Kämpfern zu töten, egal ob ihre Zugehörigkeit zur Widerstandsbewegung nun erwiesen oder nur vermutet war. Sie hatten andere Verwendung für sie - man folterte sie, um an Informationen zu gelangen, oder benutzte sie als Köder für andere, und dann gab es immer Zwangsarbeit, Frauen für das Offizierskorps, eine Kategorie, in die deine leibliche Mutter mit Sicherheit gekommen wäre.«
    »Warum hat man sie dann getötet? … Nein, zuerst ich. Wie habe ich überlebt?«
    »Ich kam auf dem Weg zu einem Treffen im Wald von Barbizon, das in den frühen Morgenstunden stattfinden sollte, an eurem Haus vorbei, sah die eingeschlagenen Fenster, die eingetretene Tür, und hörte ein kleines Kind weinen. Dich. Mir war sofort alles klar, und das Treffen fiel natürlich aus. Ich brachte dich nach Hause, fuhr mit dem Fahrrad auf Nebenstraßen nach Paris.«
    »Dir dafür zu danken, ist es heute ein wenig spät, aber noch einmal: Warum hat man meine - meine leibliche Mutter und meinen Bruder erschossen?«
    »Jetzt hast du nicht richtig aufgepaßt, mein Sohn«, sagte der ältere Villier.
    »Was?«
    »In dem Schock, den dir das alles bereitet haben muß, hast du nicht so genau hingehört, wie vorher, als ich die Ereignisse jener Nacht schilderte.«
    »Hör jetzt auf, Papa! Sag, was du meinst!«
    » Ich habe gesagt ›exekutiert‹, du hast gesagt ›erschossen‹.«
    »Ich verstehe nicht …«
    »Jodelle erwähnte gegenüber einigen wenigen von uns, daß es einen Mann in der Résistance gab, der so weit oben stand, daß man von ihm wie von einer Legende nur im
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