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Die Lennox-Falle - Roman

Die Lennox-Falle - Roman

Titel: Die Lennox-Falle - Roman
Autoren: Heyne
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Lieferungen müssen dann fortgesetzt werden, und es kommen vielleicht noch ein paar exotischere Dinge dazu. Aber das ist der Lauf der Welt.«
    »Ganz sicher«, sagte Lassiter lächelnd und nahm seine Pelzmütze ab, um sich den Schweiß vom Haaransatz zu wischen. Er war knapp einen Meter achtzig groß, ein Mann in mittleren Jahren, dessen Alter die grauen Strähnen an den Schläfen und die feinen Fältchen um seine tiefliegenden Augen bestätigten; das Gesicht selbst war schmal und scharfgeschnitten. Jetzt setzte er sich ein paar Schritte hinter seinem Begleiter in Richtung auf das Fahrzeug in Bewegung. Was freilich weder sein Begleiter noch der Fahrer des überdimensionierten Vehikels sehen konnten, war, daß er immer wieder in die Tasche griff, unauffällig die Hand wieder herauszog und Metallkügelchen in das vom Schneesturm zerzauste Gras fallen ließ. Er hatte das die ganze letzte Stunde über getan, seit sie auf einer Bergstraße zwischen zwei Dörfern aus einem Lkw geklettert waren. Die Metallkugeln
waren vorher einer Strahlung ausgesetzt worden, die man ohne Mühe mit Handscannern orten konnte. An der Stelle, wo der Lkw angehalten hatte, hatte er einen elektronischen Transponder aus seinem Gürtel geholt und so getan, als würde er straucheln, und das kleine Gerät zwischen zwei Felsbrocken geschoben. Die Spur war jetzt klar; das Peilgerät der Leute, die nach ihm kamen, würde an dem Punkt ausschlagen und durchdringende Pieplaute von sich geben.
    Der Mann, den sein Begleiter mit Lassiter angesprochen hatte, übte einen höchst riskanten Beruf aus. Er sprach mehrere Sprachen, war als Agent für den amerikanischen Nachrichtendienst tätig und hieß Harry Lennox. In den sakrosankten Gemächern der Agency lautete sein Deckname Sting.
    Die Reise in das Tal hinunter war für Lennox faszinierend. Er hatte mit seinem Vater und seinem jüngeren Bruder schon ein paar Berge bestiegen, aber das waren unbedeutende, völlig undramatische Gipfel in New England gewesen, mit dem hier in keiner Weise zu vergleichen. Hier war, je tiefer sie ins Tal kamen, der Wandel um so deutlicher - andere Farben, andere Gerüche, eine wärmere Brise. Allein auf der Ladebrücke des großen, offenen Wagens sitzend, entfernte er die heißen Kugeln aus seiner Tasche und bereitete sich auf die gründliche Durchsuchung vor, die er erwartete; er war sauber. Und er befand sich in Hochstimmung. Es war da! Er hatte es gefunden! Dennoch war selbst Harry Lennox, als sie schließlich die Talsohle erreicht hatten, überrascht von dem, was er wirklich gefunden hatte.
    Bei den knapp acht Quadratkilometern, die das Tal umfaßte, handelte es sich in Wirklichkeit um einen nahezu perfekt getarnten Militärstützpunkt. Die Dächer der verschiedenen einstöckigen Bauwerke waren so gestrichen, daß sie praktisch in ihre Umgebung übergingen, und größere Partien der Felder waren mit einem fünf Meter hohen Gitterwerk aus Seilen und Tauen überdacht. Unter diesem Netzwerk gab es mit grüner Tarnplane aus Plastik überspannte Korridore, durch die graue Motorräder mit Beiwagen jagten. Die Fahrer und ihre Passagiere trugen Uniform, und dahinter konnte man Gruppen von Männern und Frauen bei allen möglichen Übungen sehen. Was Harry Lennox besonders auffiel war, daß sich offenbar alles in ständiger Bewegung
befand. Von dem ganzen Tal ging eine geradezu furchterregende Intensität aus, aber das galt natürlich auch für die ganze Bruderschaft, und dies hier war der Schoß, aus dem sie kroch.
    »Beeindruckend, nicht wahr, Herr Lassiter?« schrie der Deutsche, der neben dem Fahrer saß, als sie das Tal erreicht hatten und in einen mit grüner Tarnplane überdachten Korridor fuhren.
    »Unglaublich«, pflichtete der Amerikaner ihm bei. »Alle Achtung.«
    Der Deutsche lächelte Alexander Lassiter, alias Harry Lennox aus Stockbridge, Massachusetts, mit ausdrucksloser Miene an. »Wir begeben uns direkt zum Oberbefehlshaber. Der Kommandant ist sehr erpicht darauf, Ihre Bekanntschaft zu machen.«
    Zweiunddreißig Monate aufreibender Arbeit würden jetzt bald Früchte tragen, dachte Lennox. Beinahe drei Jahre, in denen er ein Leben aufgebaut, ein Leben gelebt hatte, das nicht seines war, würden jetzt zu Ende gehen. Die aufreibenden Reisen durch Europa und den Nahen Osten, wo er sich mit dem Abschaum der Erde hatte treffen müssen - Waffenhändlern ohne Gewissen, deren Profite in Tankerladungen voll Blut gemessen wurden; Drogenbaronen, die Generationen von Kindern auf der
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